Buch „Willkommensstadt“: Gut gemeint

Eine Rezension – von Elisabeth Voß
Nachdem Daniel Fuhrhop mit „Verbietet das Bauen“ ein leidenschaftliches Statement gegen die profitgesteuerte Neubauwut verfasst hat (1), möchte er seine Vorschläge für einen anderen Umgang mit der Wohnungsfrage nun auch auf die Schaffung von Wohnraum für Flüchtlinge anwenden. „Willkommensstadt“ ist ein gut gemeinter und in wohlwollendem Ton abgefasster Versuch, gleichzeitig Argumente gegen den Neubau von Wohnungen und für die Schaffung von Platz für Geflüchtete vorzulegen. Im Wesentlichen plädiert der Autor dafür, dass „wir“ zusammenrücken, Leerstand und individuelle Wohnflächen einschränken, damit ausreichend Wohnraum für alle entsteht. Weiterlesen

Koschek: Projekte schlagen Wellen. Alternativen am Bodensee [Rezension]

cover_koschekDer seit Jahrzehnten engagierte »Provinzler« Dieter Koschek hat ein kleines, kommentiertes Handbuch über »alternative« Gruppen und Einrichtungen im Bodenseeraum vorgelegt. Es berichtet von einigen Landwirtschafts- und Wohnprojekten, von Diskussionsrunden, oder über die Idee der Gemeinwohl-ökonomie und von künstlerischen Initiativen.
Koschek bietet kurze Beschreibungen und viele Adressen, somit eine Bestandsaufnahme, wobei die Leserin kaum entscheiden kann, ob das alle (wichtigen) Adressen sind, oder nicht, oder (nur) die, die der Herausgeber und Autor »gut findet«. Das alles ist nichts Besonderes – und im grünen Musterländle Baden-Württemberg schon gar nicht. Insgesamt bleibt nach der Lektüre ein durchwachsener Eindruck.

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Durchwachsen – das neue Degrowth-Lexikon

demaria_degrowth_coverWenn Worte nicht ausreichen, um auszudrücken, was ausgedrückt werden muss, dann ist es Zeit für neue Begriffe. Die Bewegung und die Idee des Degrowth, einer radikalen Abkehr vom Leitbild des Wachstums, finden immer mehr Anhänger_nnen. Ein Handbuch stellt nun 53 Begriffe aus dieser internationalen Debatte näher vor. Das Buch beginnt mit einem wirklich guten und lesenswerten Essay der Herausgeber_innen, in dem sie die verschiedenen Bedeutungen von „Degrowth“ gut auffächern. Weiterlesen

Buch: Stadt der Commonisten

Stadt der CommonistenUrban Gardening, Zwischennutzung, Kleidertauschen – all diese Formen des Do it yourself liegen derzeit im Trend. Sie sind eine (anti-) politische Form, wie städtisches Leben neu angeeignet und wie mit wenig oder ohne Geld Sinn gestiftet werden kann. In Stadt der Commonisten finden sich über 130 alphabetisch sortierte, kurze Beiträge zu Themen und Haltungen aus diesem Milieu. Um nur ein knappes Dutzend zu nennen: Beete, Commons, Entschleunigung, Haus der Eigenarbeit, Kartoffelkombinat, Kunst, Mundraub, offene Werkstätten, Saatgut, Schrottregatta, Teilen, Tauschen. Viele dieser Lexikon-Einträge sind mit Links versehen, über die vertiefende Informationen – etwa zu beispielhaften Projekten – erhältlich sind. Das Buch lädt zum Stöbern und Entdecken ein, es kann von hinten nach vorne oder kreuz und quer gelesen werden, jeder Eintrag steht auch für sich.

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Buchkritik: Marlies Mattern – Ein Feld der Ehre

Marlies Mattern: Ein Feld der Ehre
Es ist ein Zufall: Just in dem Moment, wo ich mich mit dem ersten Aufeinandertreffen der Roten Ruhrarmee mit dem Freikorps III. Marinebrigade von Loewenfeld am 26. März 1920 in dem westmünsterländischen Dorf Raesfeld zu beschäftigen begann, erscheint der Kriminalroman Ein Feld der Ehre von Marlies Mattern, dessen Handlung exakt vor dieser historischen Kulisse angesiedelt ist. Ich war gespannt.

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Propaganda mit der Leiche

Marlies Mattern: Ein Feld der Ehre
Eigentlich wollte ich im Rahmen meiner kleinen Reihe zur Märzrevolution 1920 eine Rezension von Marlies Matterns Kriminalroman „Ein Feld der Ehre“ schreiben (und mache das bald auch noch), bin allerdings schon an seiner Oberfläche hängengeblieben und versuche mich nun erstmal im unterschätzten Genre der Buchcoverkritik.

Matterns Buch spielt – soviel sei zur Einordung doch gesagt – in den letzten Märztagen des Jahres 1920 in einem kleinen westmünsterländischen Dorf namens Raesfeld und verwebt einen fiktiven Mord mit tatsächlichen historischen Ereignissen. Traf doch am 26. März die Rote Ruhrarmee dort erstmals auf das putschistische Freikorps III. Marinebrigade von Loewenfeld (welches allerdings jetzt im Regierungsauftrag handelte). Raesfeld wurde zu einem Schauplatz des Weißen Terrors, an dem wenigstens 60 Ruhrarmisten starben, wobei mindestens 25 von ihnen als Gefangene oder Verwundete exekutiert wurden.

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Lucas lieferbar

Cover Lucas Arbeiterradikalismus
Neulich habe ich mich über den Versandbuchhändler Lehmanns geärgert. Zum wiederholten Mal erhielt ich nach einer Buchbestellung am folgenden Tag eine automatische Mail die bedauernd feststellte, daß das Buch leider nicht lieferbar sei. Es handelte sich um keineswegs kürzlich erschienene Bücher und ich vermutete irgendeine automatische Anzeigenerstellung dahinter, die längst ausverkaufte Exemplare auf gut Glück als lieferbar ausweist und schrieb Lehmanns eine leicht verärgerte Email.

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Wem gehört die Erinnerung an die Märzrevolution 1920?

Märzrevolution 1920Wer immer sich ernsthaft mit der Märzrevolution 1920 beschäftigen möchte, wird an dem gleichnamigen dreibändigen Werk von Erhard Lucas nicht vorbeikommen. Wer erstmal wissen will, worum es sich bei diesem „größten bewaffneten Aufstand in der Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung“1 überhaupt handelt, ist mit dem Artikel, den er 1990 in Schwarzer Faden veröffentlichte, gut bedient.

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  1. Erhard Lucas im Vorwort zu: Ludger Fittkau, Angelika Schlüter (Hg.), Ruhrkampf 1920 – die vergessene Revolution, Essen 1990, S. 10 []