Koschek: Projekte schlagen Wellen. Alternativen am Bodensee [Rezension]

cover_koschekDer seit Jahrzehnten engagierte »Provinzler« Dieter Koschek hat ein kleines, kommentiertes Handbuch über »alternative« Gruppen und Einrichtungen im Bodenseeraum vorgelegt. Es berichtet von einigen Landwirtschafts- und Wohnprojekten, von Diskussionsrunden, oder über die Idee der Gemeinwohl-ökonomie und von künstlerischen Initiativen.
Koschek bietet kurze Beschreibungen und viele Adressen, somit eine Bestandsaufnahme, wobei die Leserin kaum entscheiden kann, ob das alle (wichtigen) Adressen sind, oder nicht, oder (nur) die, die der Herausgeber und Autor »gut findet«. Das alles ist nichts Besonderes – und im grünen Musterländle Baden-Württemberg schon gar nicht. Insgesamt bleibt nach der Lektüre ein durchwachsener Eindruck.

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Wegweiser Solidarische Ökonomie [Rezension]

wegweiser_titel_2_auflage.inddElisabeth Voß, langjährige Aktivistin und Autorin im Feld der alternativen und solidarischen Ökonomien hat ein vor allem für Einsteiger_innen sehr lesenswertes Buch vorgelegt.

Zuerst widmet sie sich den Begriffen und Definitionen. Was ist genau gemeint, wenn von „solidarischer Ökonomie“ gesprochen wird? Meist werde darunter, im engeren Sinne, so Voß, „wirtschaftliche Selbsthilfe in kleineren oder größeren Gemeinschaften“ gemeint. Davon ausgehend diskutiert sie im zweiten Schritt die vielfältigen Aspekte und auch Konfliktfelder alternativen Wirtschaftens: Markt und Staat, lokal und regionales Handeln, Verständnisse und Wertigkeiten von „Arbeit“, Teilen und Nutzen statt Besitzen, Selbsthilfe und Eigentum und so weiter. Im dritten Kapitel stellt sie dann die verschiedenen „theoretischen“ Konzepten solidarischen Arbeitens und Wirtschaftens vor. Hier geht es um Degrowth und Post-Wachstum, um Commons und feministische Ökonomie(kritik), um Genossenschaften und Gemeinwesenarbeit, und nicht zuletzt um die Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen solidarischen und sozialen Ökonomien.

Den Hauptteil des Buches bilden dann die Praxisbeispiele solidarischen Wirtschaftens, die nach „Themenfeldern“ sortiert aufgeführt werden. Voß nennt eine Vielzahl an Namen und Strukturen, unter anderem aus den Bereichen Landwirtschaft, Wohnen, Energie bis hin zu Finanzen, Soziokultur, Medien und Archiven.

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ÖPP-Schulen in Offenbach: Entsetzen nach Kostenexplosion

Bild: flickr/Jens-Olaf, Lizenz: CC BY-NC 2.0
Bild: flickr/Jens-Olaf, Lizenz: CC BY-NC 2.0

Einst war das ÖPP-Leuchtturmprojekt des Kreises Offenbach, Schulen in Partnerschaft mit den privaten „Partnern“ Hochtief und SKE zu sanieren und betreiben, ein bundesweit gefeiertes Vorhaben. Nach zehnjähriger Erfahrung weicht die anfängliche Begeisterung dem blanken Entsetzen: „Waren die Kreisgremien bei ihrer Entscheidung für das Vorhaben von jährlichen Kosten in Höhe von 52,1 Millionen Euro ausgegangen, stiegen diese bis 2014 auf 82,2 Millionen Euro. Bis 2019 werden sie sich, so die Prüfer, mit 95,1 Millionen fast verdoppelt haben“ – so op.online.de.

Grund sei eine fehlerhafte Berechnung der ÖPP-Kosten und die Ausblendung von wichtigen Faktoren, die im Falle der Eigenerledigung durch den Kreis die Kosten gesenkt hätten. Das Gutachten ist noch nicht öffentlich, liegt aber einzelnen Journalisten vor. Laut Presseberichten kommen die Gutachter auf folgende Kostenfallen für die Öffentliche Hand:

  • Energieeinsparung: Die Schulgebäude wurden energetisch saniert, aber die daraus resultierenden finanziellen Einsparungen nicht an den Kreis weitergereicht. Beim Effizienzvergleich zwischen ÖPP und der Eigenerledigung wurden diese Kosteneinsparungen für die öffentliche Hand erst gar nicht berücksichtigt. In den Jahren 2004-2019 sollten ca. 23 Millionen Euro eingespart werden. Davon profitieren jetzt nur die privaten Betreiber.
  • Umsatzsteuer: Die Einsparung von Umsatzsteuer bei der Eigenerledigung durch die öffentliche Hand sind im Effizienzvergleich unberücksichtigt geblieben.
  • Verwaltungskosten: Angeblich sollen bei ÖPP massiv Verwaltungskosten eingespart werden. Wie diese Einsparung berechnet worden ist, konnten die Prüfer nicht nachvollziehen bzw. fanden die Berechnung zweifelhaft.
  • Weitere Kosten: 64,1 Millionen Euro fallen an für Controlling, höhere Zinsausgaben für Kredite, für Vertragsabwicklungen und Rückstellungen für eine anhängige Klage. Sie wurden bei der Berechnung der PPP-Kosten aber vernachlässigt. Außerdem wurde auch die allgemeine Preissteigerung bei der ÖPP-Kostenberechnung nicht ausreichend berücksichtigt.

Hier eine kleine Presseschau aus der Offenbacher Post:

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Bildung hängt an der Klasse

Salome kommt in die Schule
depone

Der Bildungsabschluss entscheidet über die weitere Berufs- und Arbeitsbiographie. Die Herkunft entscheidet über den Bildungsabschluss. Die Politik der Unternehmen entscheidet über ein jugendliches Leben.

Der lesenswerte Artikel Was passiert eigentlich, wenn die Schule vorbei ist und die Lehre beginnen soll? von Ralf Heß auf Telepolis legt die drei Problemlagen dar und zeigt Handlungsoptionen für bessere Zugangschancen für Alle auf.

Vorgestellt werden verschiedene Projekte, in denen Jugendliche eine assistierte Ausbildung bekommen. Verwiesen wird auf den Ausbildungsreport 2013 des DGB, der eine Zweiklassengesellschaft in der Ausbildung beschreibt. An die Unternehmensseite geht die Aufforderung, ihre eigenen rassistischen und klassistischen Vorurteile zu überdenken.

Comic IST Bildungsmaterial

Gestern hat die sehr sehenswerte und informative Comicausstellung (Un)mögliche Bildungswege in der Rosa Luxemburg Stiftung Berlin eröffnet. Nachzulesen sind die Bildungswege von acht Menschen. Thematisiert werden Rassismus, Religionszugehörigkeit, Geschlecht, soziales Umfeld und ökonomische Situation, die allesamt die Bildungswege der einzelnen Menschen beeinflussen und mitbestimmen. Zu hören sind die Interviews, aus denen die Comicstrips gezeichnet wurden. Zu sehen ist ein Trailer zu den gesellschaftlichen Zusammenhängen von Bildungsungleichheiten, die auch ausführlicher im Begleitheftheft zu finden sind. Weiterlesen

Wem gehört das Institut für vergleichende Irrelevanz in Frankfurt a.M.?

Eine unternehmerische Universität ist – ihrer eigenen Rationalität folgend – unterteilt in Cost- und Profit-Center. Das Institut für vergleichende Irrelevanz in Frankfurt a.M. rechnet sich offensichtlich nicht, zumal es seit 2009 von Studierenden und Aktivist_innen besetzt und vor allem genutzt wird – für Diskussionsveranstaltungen, Konzerte, Volxküchen. Wie der AStA in einer Pressemitteilung schreibt, will die Uni das ehemalige Institut für Anglistik loswerden.

Die Nutzer_innen des Gebäudes wehren sich gegen diese Pläne:

„Unsere Arbeit ist langfristig angelegt. Deshalb fordern wir, dass die Zukunft des Instituts nicht über unsere Köpfen hinweg entschieden wird. Die Universität und die Stadt Frankfurt sollten endlich zur Kenntnis nehmen, wie wichtig das Projekt Ivi für städtisches und studentisches Leben in Frankfurt ist. Das IvI muss dauerhaft erhalten werden!“

Kritisches Denken braucht – und nimmt sich – Zeit und Raum.

Dem ist erstmal wenig hinzuzufügen. Wer das Institut für vergleichende Irrelevanz unterstützen will, kann das zum Beispiel hier tun.

Ein Studium in den USA zahlt sich aus!

Irgendwann im Jahr 2010 wurde in den USA der gigantische Schuldenberg, der mit privaten Kreditkarten angehäuft wird, noch von einem weiteren Schuldenscherbenhaufen übertroffen — von den sogenannten ’student loans‘, also den ‚Studienkrediten‘ zur Finanzierung von Studiengebühren und Lebenshaltungskosten während des Studiums. Im Laufe des Jahres 2012 dürften die ’student loans‘ in den USA die magische Grenze von einer Billion (sic!) Dollar erreichen, so Jenna Johnson in der Washington Post. Auf Finaid.org kann man sie sogar ticken sehen: die ‚Student Loan Debt Clock‚. Und nicht vergessen: Anders als das ‚gute alte Bafoeg‘, sind die meisten Studienkredite in den USA verzinste Kredite, die von privaten Geldinstituten vergeben werden. In den USA zahlt sich das Studieren also richtig  aus — zumindest für die Banken.

„Unser Schutzschild heute ist das Buch!“

Die Nummer 22 des DISS-Journals – das Journal des Duisburger Instituts für Sprach- und Sozialforschung – ist soeben erschie­nen. Der Schwer­punkt der Aus­gabe trägt den Titel „Ara­bi­scher Früh­ling, west­li­cher Herbst?“ und fragt nach Gemeinsamkeiten der jüngsten Demokratie- und Anti-Krisen-Bewegungen.

Das Interview „Unser Schutzschild ist das Buch!“ enthält Stimmen aus dem Studierendenkollektiv der Fakultät Politikwissenschaften an der Universität Sapienza vom Ende Oktober 2011. Die AktivistInnen äußern sich zu zentralen Begriffen, Aktionsformen und dem sog. book bloc.

Das gesamte Diss-Journal kann hier nachgelesen oder hier als PDF heruntergeladen werden.

Hochschulmanagement: The winner takes it all

Ich bin mir manchmal nicht sicher, ob diese ganzen Initiativen im Rahmen der neoliberalen Hochschulreform wirklich alle ernst gemeint sind. Die Suche nach dem „Hochschulmanager des Jahres 2011“ ist mal wieder so ein Punkt. Auf den Thron bugsiert wird am 7.12. in Berlin durch die FTD und – wie könnte es anders sein – das Centrum für Hochschulentwicklung CHE. Gesucht wreden, so schreibt die FTD, „die besten Alphatiere an den Unis“.

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Der Reiz des Rankings

The contributor of this photos is Tony Atkin

Im Auftrag gegeben durch die “Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft” (INSM) erscheint seit 2004 einmal im Jahr  der „Bildungsmonitor“. Wie Georg Seeßlen treffend schreibt: Ohne Rating (und ohne Ranking) wäre man ja ratlos. Das gilt wohl auch im Bildungsbereich, der mit Rankings, Berichten und Zahlenwerk seit einigen Jahren geradezu überschwemmt wird. Im Auftrag der GEW hat sich Tobias Kaphegyi dankenswerterweise mit der Rationalität des Bildungsmonitors in einer Studie näher auseinandergesetzt. Er schreibt:

Die vorliegende Arbeit versucht sich, aufgrund des bisherigen Mangels an kritischer Auseinandersetzung mit dem Bildungsmonitor, an einer mehrere Aspekte umfassenden Beurteilung, die aber bestimmt noch kritikwürdige Bereiche der Thematik unbearbeitet lässt. Doch schon in dieser sicherlich unvollständigen Gesamtschau der Mängel wird deutlich, wie wichtig eine wissenschaftliche  Auseinandersetzung mit Rankings und ihrer verblüffend großen, medialen Macht ist.

Die Studie kann hier als PDF nachgelesen werden.

Augen auf beim Bucher-Kauf

Bucher-LLCAuf der Suche nach dieser CD von Lin Jaldati (und Eberhard Rebling) bin ich bei Dussmann auf einen auf den ersten Blick interessant erscheinenden Reader gestoßen: Jüdische Musik, so der Kurztitel. 15,- € für 36 Seiten irritierten mich dann, der Wikipedia-Hinweis in den Produktdetails nicht weniger. Also googelte ich den dort angegebenen Verlag Books LLC (während auf dem Titelbild Bucher Gruppe steht) und schnell war mir klar, an eines dieser unsäglichen „Bücher“ des Verlags Dr. Müller (VDM) geraten zu sein, welcher ohne Sinn und Verstand Wikipedia-Inhalte unlektoriert zwischen zwei Pappdeckel klebt. Weiterlesen

Inklusive Hochschulpolitik (und illegalisierte Migration)

Die bundesdeutschen Hochschul-(Konter-)Reformer orientieren sich gern an den US-amerikanischen Eliteuniversitäten: Exzellent, exklusiv und teuer soll es bitteschön sein! Dabei wird gern vergessen, dass die ach-so elitären US-Hochschulen durchaus auch Inklusionspolitik für Studierende aus dem ‚gemeinen Volk‘ betreiben. Und manchmal sogar für Studierende, die (auf dem Papier) nicht einmal zu diesem gehören.

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Buchbesprechung: „Was passiert?“ – „Bildung MACHT Gesellschaft“

Als Dokumentation und Reflexion der Proteste der Studierenden von 2009/2010 sind bei Diaphanes und im Verlag Westfälisches Dampfboot zwei wie ich finde lesenswerte Bücher erschienen. Der Band „Bildung MACHT Gesellschaft“ geht auf eine Ringvorlesung in Salzburg zurück, die von Studierenden infolge der Proteste organisiert wurde. Der Sammelband „Was passiert?“ des Autor_innen-Kollektives „Unbedingte Universitäten“ aus München enthält Stellungnahmen, Thesen, Forderungen, Flugblätter, geordnet nach den Kristallisationspunkten und Orten des Protests (von Wien über Bochum und Berlin nach Berkley und New York).

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Zur Ökonomie des studentischen Engagements in der unternehmerischen Hochschule

Die Mitwirkung in der studentischen und akademischen Selbstverwaltung gilt einerseits gesetzlich als Recht und Pflicht, andererseits sollen die Studierenden dazu gebracht werden, ‚effektiv‘ und ‚effizient‘ zu studieren. Fredrik Dehnerdt und Clara Meier fragen in einem sehr lesenswerten Artikel nach den Bedingungen und Möglichkeiten von hochschulpolitischem Engagement in der unternehmerischen Hochschule. Sie beschreiben einerseits, wie dieses Engagement ggw. juristisch eingeordnet ist, anderseits beschreiben sie, wie sich studentisches Engagement wandelt. Aus Kritik und Selbstverwaltung wird Ressource. Sie schreiben:

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