Mindestlohn ist Lohnkürzung

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Nicht alle haben ausschließlich die Fussball-WM verfolgt. Einige interessierten sich auch weiterhin für den einen und anderen Beschluss und das eine und andere neue Gesetz der Bundesregierung. Und schauten genauer hin: Am 11.7.2014 beschloss der Bundestag die Einführung des Mindestlohns. In einer sehr aufschlussreichen und erhellenden Untersuchung hat

der SoVD –  Kreisverband Dortmund das Rentenpaket und den Mindestlohn von Prof. Albrecht Goeschel (Marquartstein und Verona) analysieren lassen. Das Ergebnis stimmt nicht froh. (labourtnet.de)

Neben den vielen Ausnahmen im Mindestlohngesetz, die die Zahlung des Mindestlohns ausfallen lassen,

 

wegen der Möglichkeit ihn durch Tarifverträge zu unterlaufen und wegen der verschobenen Verbindlichkeit statt für 5 Millionen Begünstigte nur für allenfalls 2,5 Millionen Begünstigte wirksam werden wird,

sind es auch die neuen Optionen für Geschäftsmodelle, die auf einem untersten Lohnniveau für Beschäftigte basieren, die keinen Grund zur Freude liefern. Darüber hinaus werden die Finanz- und Exportindustrien in dem neuen Gesetz ausgespart.

Wo es Verlierer*innen gibt, sind immer auch Gewinner*innen zu finden. Im neoliberalen Kapitalismus ist die Arbeitskraft Ware, der Mensch dahinter eher hinderlich.

Nutznießer des selektiven Mindestlohns sind natürlich auch die Steuerhaushalte und die Sozialkassen. Sie werden mehr Einnahmen aus Lohnsteuer, Kassenbeiträgen und Mehrwertsteuer haben und zugleich weniger Ausgaben bspw. im Bereich Hartz IV benötigen. Ein im Auftrag von ver.di und NGG erstelltes Gutachten spricht von ca. 10 Mrd. Euro Mehreinnahmen per saldo. Genau diese erhöhten Steuer- und Beitragseinnahmen durch den Mindestlohn sind es, mit denen die GroKo [Große Koalition, FF] die etwa bei 12,5 Mrd. jährlich liegenden Kosten für ihre „Mütterrente“ und ihre „Rente 63“ refinanzieren könnte – wenn sie diese Kosten für Wohltaten an ihre Klientel nicht missbräuchlich aus der Gesetzlichen Rentenversicherung, d.h. dem Lohnfonds bezahlen würde. So verschafft sich der Staat einschließlich Sozial-Staat Mehreinnahmen aus der „Mindestlohn“-Reform, in dem er die Kosten des „Renten“-Paketes nicht wenigstens aus diesen Mehreinnahmen, sondern missbräuchlich aus den Überschüssen der Rentenversicherung, aus Kürzungen der laufenden Renten und aus Erhöhungen der Rentenbeiträge finanzieren würde.

Der von den Regierungsparteien durchgesetzte Sparzwang im Bereich Soziales in den EU-Ländern und die damit einher gehende Niedrigzinspolitik führen außerdem dazu, dass Lebensversicherungen, Riesterrente und andere Sparguthaben in ihrem Wert gemindert werden.

 Auch hier will die GroKo noch eine „Reformtat“ vollbringen: Mit dem geplanten Lebensversicherungen-Gesetz werden viele Arbeitnehmer bzw. ehemalige Arbeitnehmer noch einmal um einen Teil ihres Lohnes gebracht werden.

Und die gute Nachricht? Es wird wohl vier Jahre dauern, nämlich bis zur nächsten Fussball-WM, bis die nächste Kürzungsrunde eingeläutet wird. Wer es bis dahin nicht geschafft hat, sich einzurichten in Sparhaushalten und miserabel bezahlter Lohnarbeit, trägt eh nicht wesentlich zur neoliberalen kapitalistischen Wertschöpfung bei – ist also überflüssig.

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