Die Gefahren der Privatisierung. Wie der Wissenschaftsrat die Aenderungen an deutschen Universitaetsklinika bewertet

Was Berliner Hochschulmediziner bei der Fusion ihrer Klinika durchgemacht haben, will der Wissenschaftsrat Münchner Ärzten offenbar ersparen. Von der seit einiger Zeit diskutierten Zusammenlegung der beiden medizinischen Fakultäten der Technischen Universität (TUM) und der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) rät er ab. „Eine Fusion kann ein irritierender Prozess sein“, sagte der Vorsitzende des Rats, Karl Max Einhäupl gestern auf einer Pressekonferenz in Berlin, bei der er die Ergebnisse der Herbstsitzungen seines Politikberatungs-Gremiums vorstellte. Der Rat plädiere jedoch dafür, die zwei Standorte des LMU-Klinikums auf dem Campus des Klinikums Großhadern zusammenzulegen.
Dem Robert-Koch-Institut (RKI) in Berlin gab der Wissenschaftsrat durchweg gute Noten. Es habe die Empfehlungen der letzten Evaluierung 1997 zum großen Teil umgesetzt und sich zu einer national und international anerkannten Institution auf dem Gebiet der Vorbeugung und Kontrolle von Infektionskrankheiten entwickelt.
Der Wissenschaftsrat hat sich zudem mit einem Novum in Deutschland befasst: der Privatisierung einer Universitätsklinik, wie sie in Hessen bei den seit kurzem fusionierten Universitätsklinika in Gießen und Marburg ansteht. Der Rat hat nun Voraussetzungen formuliert, die ein privates Klinikum erfüllen muss, um Unterstützung im Rahmen des Hochschulbauförderungsgesetzes er erhalten. Einhäupl und seinen Kollegen geht es vor allem um Befugnisse im Bereich Forschung und Lehre. Um zu sicherzustellen, dass die Geschäftsführung nicht zum Nachteil von Forschung und Lehre entscheidet, schlagen sie ein Stimmrecht des Dekans in der Geschäftsführung vor. Außerdem soll das Land Hessen das Fächerspektrum gesetzlich festschreiben und die Sicherheit der klinischen Ausbildungsplätze garantieren.
Die hessische Landesregierung hatte im Dezember 2004 beschlossen, die Klinika im Marburg und Gießen vollständig zu privatisieren, weil es an Geld für dringend notwendige Investitionen mangelte. Allein in dem maroden Gießener Universitätsklinikum werden schätzungsweise 200 Millionen Euro für eine Sanierung benötigt.
Einhäupl befürchtet, dass das Beispiel Schule machen könnte und sich nun noch weitere Bundesländer dazu entschließen, ihre Universitätsklinika zu verkaufen. „Das ist verlockend für die Länder. Viele der Kliniken befinden sich in einem desaströsen Zustand und müssen dringend saniert werden“, sagte er. Er sei zwar durchaus offen für Experimente und halte Modelle, in denen sich private Investoren engagieren, für zukunftsträchtig. Eine flächendeckende Privatisierung findet er jedoch problematisch. „Was das für Schwierigkeiten mit sich bringt, wird man vielleicht erst in zehn Jahren sehen“, sagte Einhäupl.
Einige Vereinbarungen des gerade abgeschlossenen Koalitionsvertrags von CDU/CSU und SPD heißen Einhäupl und seine Kollegen nicht gut. Sie kritisieren vor allem, dass der Anteil des Bundes am Hochschulbau schrittweise auf Null reduziert werden soll. „In weniger reichen Ländern wird es enorm schwierig werden, Geld für den Hochschulbau zu bekommen“, glaubt Einhäupl. Auch die insgesamt geschrumpfte Zuständigkeit des Bundes im Hochschulbereich sehen die Experten kritisch. Sie fürchten, dass die Hochschullandschaft zu einem Flickenteppich mit stark abweichenden Regelungen wird, hoffen aber bei der Realisierung der neuen Gesetze noch Nachbesserungen erwirken zu können.

Anne Brüning
Berliner Zeitung, 15.11.2005

Linkspartei sucht nach Profil. Privatisierung von Unikliniken soll Wahlkampfthema werden

Die Linkspartei will in Hessen im Jahr 2008 zur Ablösung der Regierung von Roland Koch (CDU) beitragen. Bisher jedoch hat die Partei keine landespolitischen Konzepte zu bieten, wie führende Vertreter beim Parteitag in Frankfurt am Wochenende einräumten. Das wollen sie ändern.

Frankfurt · Der Protest gegen die Privatisierung der Universitätskliniken in Gießen und Marburg soll für die Linkspartei ein erstes Thema zur Profilierung in der Landespolitik werden. Durch die Unterstützung eines entsprechenden Volksbegehrens wolle man „zeigen, dass eine Mehrheit der Bevölkerung die neoliberale Sachzwanglogik der Regierung Koch eindeutig ablehnt“, heißt es im Leitantrag der hessischen Linkspartei, der beim Parteitag verabschiedet wurde. Mit diesem Thema will die Linkspartei bei den anstehenden Kommunalwahlen 2006 auf sich aufmerksam machen.
Neben Mittelhessen seien weitere Krankenhäuser – etwa in Frankfurt-Höchst – „akut von der Privatisierung bedroht“, betont die Linkspartei. Dies sei „mit gravierenden Folgen für die Beschäftigten und die medizinische Versorgungsleistung der Bevölkerung“ verbunden. Die Krankenhausversorgung müsse öffentlich organisiert werden, fordern die Linken. Es war eines der wenigen landespolitischen Themen, die beim Parteitag eine Rolle spielten. Der umbenannten PDS fehle es an Positionen auf diesem Feld, räumte der Landesvorsitzende Ulrich Wilken ein, der in Frankfurt mit 78 Prozent der Stimmen im Amt bestätigt wurde: „Es gibt dieses landespolitische Profil nicht.“ Hier sei noch viel zu tun. Einen Anstoß dazu solle der Kongress „Die Linke in Bewegung“ liefern, der für den 17. Dezember im Frankfurter Gewerkschaftshaus geplant ist.

„Reibungslose Zusammenarbeit“
Neben den Delegierten der ehemaligen PDS kamen beim Parteitag auch Vertreter der Wahlalternative Soziale Gerechtigkeit (WASG) zu Wort, mit denen bis Mitte 2007 eine gemeinsame Partei gegründet werden soll. Anders als in anderen Bundesländern laufe die Zusammenarbeit zwischen Linkspartei und WASG in Hessen reibungslos, betonten beide Seiten, und feierten ihr Wahlergebnis von 5,3 Prozent landesweit bei der Bundestagswahl.
In Hessen wäre nach Ansicht des Linkspartei-Vorsitzenden Wilken sofort eine Vereinigung der Parteien möglich. Doch biete ein längerer Prozess größere Chancen dazu, auch bisher nicht parteigebundene Linke einzubeziehen. Wolfgang Gehrcke, Bundestagsabgeordneter der Linkspartei, forderte, bei den Kommunalwahlen 2006 mit „offenen Listen“ zu agieren, auf denen Vertreter von Sozial-, Friedens- oder Umweltgruppen antreten könnten. Gehrcke und der andere hessische Bundestagsabgeordnete Werner Dreibus (WASG) wollen sich im Kommunal-Wahlkampf engagieren, „als ob wir selbst zur Wahl stünden“. Es gehe darum, den Weg für ein erfolgreiches Antreten bei der Hessen-Wahl zu bahnen. „Wir werden antreten, im Jahr 2008 die Koch-Regierung abzulösen“, kündigte der hessische WASG-Vorstandssprecher Hermann Schaus an.
Geballte Kritik äußerten Redner von WASG und Linkspartei an der Koalitionsvereinbarung von CDU, CSU und SPD auf Bundesebene. Sie hätten „die kleine Chance zur Korrektur der neoliberalen Politik verschenkt“, sagte Werner Dreibus. Vor allem kritisierten die Linken die Rolle der SPD. Mit Hohngelächter nahmen es die Delegierten auf, als ein Redner die Behauptung der SPD-Linken Andrea Nahles zitierte, der Koalitionsvertrag trage deutlich sozialdemokratische Handschrift.
Pitt von Bebenburg
Frankfurter Rundschau, 14.11.2005

"Danke fuer die Bildungs-Privatisierung!" – Tortenwurf

Anlässlich eines Festaktes im Rahmen des Dies Universitatis an der Eberhard Karls Universität in Tübingen wurde Prof. Peter Gaethgens, Präsident der Hochschulrektorenkonferenz, ziemlich überrascht.
Noch bevor der Gast mit seiner Rede beginnen konnte, betraten mehrere Studierende in Anzügen die Bühne. Zwei davon trugen bunte Geschenkkartons.
Mit den Worten: „Sehr geehrte Damen und Herren, wir möchten uns hiermit bei Herrn Prof. Gaethgens für seinen Einsatz für Studiengebühren bedanken“, unterbrach einer der Studierenden den Festakt, um im gleichen Augenblick den Deckel des Kartons zu heben und dem Herrn Prof. Gaethgens mit Hilfe eines sehr sportiven Ausfallschrittes eine Schoko-Sahnetorte voll ins Gesicht zu drücken (Bild berichtet in Bildern). Eine weitere sahnige Überraschung klebte zeitgleich auf dem Hinterkopf des Präsidenten der Hochschulrektorenkonferenz.
Sofort sprangen aus den ersten Reihen des Publikums eilende Retter auf, die jedoch die türmenden Tortenwerfer nicht mehr erreichten.
Prof. Gaethgens brauchte einige Zeit, die Fassung wieder zu erlangen, wischte sich zur freien Sicht einen Streifen Sahne aus seinem Gesicht und trat mit den worten ans Mikro: „Es gibt ganz verschiedene Formen des Danks“ und: „Die vier Herren haben in der Sache Recht, ich bin für Studiengebühren“. Dann leckte er sich genüsslich einen Finger ab und meinte:“Auch war es gar nicht mal die schlechteste Torte“.
Der Rektor der Universität, Eberhard Schaich, meinte den einen Tortenwerfer erkannt zu haben, dohte diesem Konsequenzen an und entschuldigte sich beim Gast des Dies Universitatis. Mehr bei indymedia

Privatisierung verhindern! Oeffentliche Daseinsvorsorge in Buergerhand!

In der WASG Berlin gibt es die AG-Berlinpolitik. Die hat am 21.10.05 einen Entwurf für einen Antrag auf dem Landesparteitag am 26./27.11.05 beschlossen.
Darin heißt es: „Seit einem Vierteljahrhundert rollt die neoliberale Privatisierungswelle um den Globus. Mittlerweile sind selbst Kernbereiche der öffentlichen Daseinsvorsorge wie Bildung, Wasser, Gesundheit, Straßenbau, soziale Sicherheit oder der Betrieb von Gefängnissen im Fokus privater Begehrlichkeiten. Im Zuge verschärfter globaler Konkurrenz und bestehender Überkapazitäten sind die Investoren auf der Suche nach neuen und lohnenden Verwertungsfeldern. Dabei werden sie von neoliberalen Regierungen gezielt unterstützt. Zuerst werden Großunternehmen und Millionäre massiv von Steuern entlastet. Die öffentliche Hand erzeugt dadurch selbstverschuldet Haushaltsdefizite, um diese dann mit dem Verkauf des „Tafelsilbers“ und Privatisierungen wieder zu schließen. So wird Vermögen verschenkt, was in den letzten 100 Jahren mit Steuergeldern aufgebaut wurde – so auch in den vergangen 15 Jahren in Berlin! Die Berlinerinnen und Berliner bekommen die Folgen zu spüren. In der Stadt wurden zwischen 1996 und 2001 u.a. die öffentlichen Betriebe Bewag, Gasag, die Wasserbetriebe und die Wohnungsbaugesellschaft GEHAG ganz oder anteilig verkauft. Strom, Gas, Wasser und Wohnungen: Grundlagen der öffentlichen Daseinsvorsorge. Mit der Ablösung der Großen Koalition 2001 verbanden viele die Hoffnung auf einen grundlegenden Politikwechsel. Stattdessen verkaufte der SPD/PDS-Senat im vergangenen Jahr die Wohnungsbaugesellschaft GSW und bereitet heute die Privatisierung weiterer Krankenhäuser und der BVG vor. Der Senat hatte vier Jahre Zeit, den Rückkauf der Berliner Wasserbetriebe zu prüfen und zu vollziehen. Nichts ist bis heute geschehen. Die Hoffnungen vieler Berlinerinnen und Berliner sind massiv enttäuscht worden, stattdessen reiben sich „private“ Investoren aufgrund der hohen, zum Teil garantierten, Renditen die Hände.“ Mehr >>>

Bethanien: PDS holt sich Tips bei der Polizei fuer die Raeumung

Die Polizei sieht nach vier Monaten Besetzung eines Seitenflügel des Bethanien und zwei Tage nach Ablauf der Duldung durch das Bezirksamt Berlin-Kreuzberg „keine Gefahr im Verzug“. Deshalb gebe es keine juristische Handhabe für eine sofortige Räumung. Belämmert sieht auch die Bezirksbürgermeisterin Cornelia Reinauer (Linkspartei.PDS) ein, dass es doch nicht mit der von ihr angekündigten Räumung klappt. Jetzt bettelt sie bei der Polizei um „Tips“ für rechtliche Winkelzüge, mit denen sie die Immobilie doch noch geräumt kriegt.
Ihr Ziel ist es, zu verhindern, dass im linken Szene-Bezirk ein Zentrum für politische Initiativen entsteht, die auch mal von links kritisch mit der PDS.Linkspartei umgehen könnten. Dafür will sie den Konflikt um das Soziale Zentrum im Bethanien deckeln, indem sie die Privatisierung der Immobilie vorantreibt. Derzeit sieht es so aus, als ob sie den Ärger loswerden will, indem sie das Bethanien den Privatisierungs-Bürokraten vom Liegenschaftsfonds vermacht, weil es gar keine interessierten Investoren gibt.
Jenseits des Konflikts um das Bethanien ist diese Affäre politisch interessant, weil sie zeigt, dass nicht mal im kommunalen Bereich die PDS.Linkspartei als Unterstützerin für selbstorganisierte soziale bzw. linke Initiativen taugt. Im Gegenteil: Alle schönen Worte enttarnen sich als Heuchelei. Hoffnungen, die z.B. in offenen Briefen vor der Bundestagswahl geäussert wurden, werden hier beim ersten Praxistest derbe enttäuscht. Statt die in einem Bürgerbegehren gegen die Privatisierung engagierten BürgerInnen zu unterstützen, gibt sich die PDS-Bezirksbürgermeisterin alle Mühe, noch mehr Fakten gegen ein selbstorganisiertes soziales Zentrum im Bethanien zu schaffen, indem sie Privatisierung sogar noch aktiv vorantreibt.
vgl. auch Morgenpost vom 3.11.05:
Polizei hat Bedenken gegen Räumung des Hauses Bethanien
Bezirk prüft Rechtsgrundlage – Besetzer demonstrieren
Von Sabine Gundlach
Der Beschluß des Friedrichshain-Kreuzberger Bezirksamtes, den besetzten Seitenflügel im Künstlerhaus Bethanien „zeitnah zu räumen“, scheint entgegen bisherigen Äußerungen offenbar nicht sofort realisierbar.
Wie ein Sprecher der Berliner Polizei gestern auf Anfrage mitteilte, sei nach der bislang viermonatigen Duldung der Belagerung des Ortes derzeit keine Situation von Gefahr im Verzug erkennbar. Der Bezirk müsse als Eigentümer des Gebäudes jetzt erst einmal juristisch stichhaltige Gründe für eine Räumung darlegen. Vorher könne die Polizei nicht eingreifen. Wie Bürgermeisterin Cornelia Reinauer (Linkspartei.PDS) gestern bestätigte, „ist die Räumung offensichtlich doch nicht so einfach, wie wir zunächst dachten“. Reinauer, die bislang immer betont hatte, daß nach Ablauf der Duldung am 31. Oktober aufgrund dann bestehenden Hausfriedensbruchs eine sofortige Räumung möglich sei, mußte gestern einräumen, „daß bisherige Bewertungen über die Voraussetzung für die Räumung offenbar juristisch nicht haltbar sind“. Auf die Frage, warum man dies vorher nicht überprüft habe, antwortete die Bürgermeisterin nur, „es gab unterschiedliche Bewertungen“.
Frau Reinauer betonte jedoch, „daß wir vorbehaltlich der juristischen Klärung bei unserer Entscheidung bleiben. Wir werden den rechtswidrigen Zustand beenden und das Bethanien zeitnah räumen.“ Wann genau die Räumung terminiert sei, könne sie derzeit noch nicht sagen. Doch die Polizei habe dem Bezirk jetzt Tips gegeben „was wir für eine rechtmäßige Räumung machen müssen“. Details wollte Frau Reinauer nicht nennen.
Unterdessen protestierten die Besetzer und die Initiative des Bürgerbegehrens Zukunft Bethanien (IZB) gestern erneut gegen die geplante Räumung. „Frau Reinauer hat kein Interesse an einer Lösung und übergibt die Verantwortung jetzt einfach an die Polizei“, sagte eine Sprecherin der Besetzer und warf der Bürgermeisterin „Lippenbekenntnisse“ vor. Reinauer habe den ehemaligen Bewohnern des alternativen Wohnprojektes an der Yorckstraße immer Unterstützung zugesagt. Es sei ein trauriges Novum, daß eine linke Partei wie die Linkspartei.PDS ein linkes Projekt räume. „Ohne die Yorck-Gruppe im Bethanien hätte es die Initiative für das Bürgerbegehren nicht gegeben“, sagte Stephanie Tkocz.
Auch Christian Ströbele, gewählter Bundestagsabgeordneter der Grünen im Wahlkreis Friedrichshain-Kreuzberg, äußerte gestern sein Unverständnis darüber „daß das Bezirksamt jetzt so die Daumenschraube anzieht“. Er sehe keinen Grund für eine Räumung, zumal man doch derzeit mit dem Bürgerbegehren auf einem guten Weg für das Bethanien sei. „Welchen Sinn macht es, die Leute jetzt in der Kälte auf die Straße zu setzen und dann über einen leerstehenden beheizten Seitenflügel im Bethanien zu verfügen“, sagte Ströbele. Der Bundestagsabgeordnete ist heute abend Teilnehmer einer Podiumsdiskussion, zu der die Initiative Zukunft Bethanien um 19 Uhr im Hauptgebäude des Künstlerhauses am Mariannenplatz einlädt.
Gestern abend haben rund 350 Besetzer und Vertreter des Bürgerbegehrens sowie Unterstützer am Kottbusser Tor in Kreuzberg demonstriert – unter dem Motto: „Wir bleiben“. Die Kundgebung sei friedlich verlaufen, sagt Polizeisprecher Carsten Müller.

Argentinien: Kollektiver Zornesausbruch wg. Privatisierungsfolgen

Am vergangenen Montag brach im Osten von Buenos Aires für 5 Stunden der Notstand aus. Tausende Pendler rasteten aus, nachdem der Zug mal wieder Verspätung hatte. Der Zorn richtete sich zunächst gegen die Einrichtungen des privaten Bahnbetreibers TBA, der die vormals staatliche Bahngesellschaft Sarmiento übernommen hatte. Die Privatisierung der Bahnen unter dem neoliberalen Präsidenten Carlos Menem in den 1990er Jahren machte nichts besser, im Gegenteil: Die neuen Eigentümer kassierten nur ab, investierten aber kaum etwas. Mehr bei indymedia: „Pendler verlieren die Geduld“.

Gavan McCormack in der New Left Review zur Postprivatisierung in Japan

KOIZUMI’S COUP: How and why Japanese voters rallied to a plebiscite on privatization, downing the first strong cocktail of neoliberalism and chauvinism—laced with submission to the United States—in East Asia. The make-over of the LDP, the eclipse of opposition, and the implications of handing Japan Post to global finance.
>>> http://www.newleftreview.net/NLR26901.shtml

Neues vom Bethanien – PE und Offener Brief des Buergerbegehrens gegen Raeumungsbeschluss und Privatisierung

„Initiative Zukunft Bethanien“ schrieb am 02.11.05 02:28:35:
FreundInnen und UnterstützerInnen!!
Anläßlich der Räumungsandrohung gegen die NewYorck59 rufen wir Euch zur solidarischen Unterstützung auf. Die Räumung geht uns alle an – sie ist ein Schlag gegen alle Menschen, die sich gegen die Privatisierung im Kiez und den Verlust öffentlicher Räume engagieren und von der neoliberalen „SPDS“-Politik die Schnauze voll haben. Wenn wir die Räumung verhindern, wird dies Signalwirkung haben: neoliberale Politik wird nicht ewig dauern und Dummheit kann nicht ewig siegen!!!
Keine Räumung der NewYorck59!
Hände weg vom Bethanien!
Schreibt an die Verantwortlichen oder ruft sie an! Nervt sie und stellt sie zur Rede:
Cornelia Reinauer – PDS – Bürgermiesterin: cornelia.reinauer@ba-fk.verwalt-berlin.de
Tel: 90298-2301, Fax. -4178
Franz Schulz – Bündnis90/Die Grünen – Stadtrat für Bauen und Stadtentwicklung: ursula-meyer@ba-fk.verwalt-berlin.de
Tel: 90298-3260, Fax: -2512
Kerstin Bauer – PDS – Stadträting für gesundheit und Soziales: regina.ruhland@ba-fk.verwalt-berlin.de
Tel: 90298-2601, Fax: -2505
Lorenz Postler – SPD – Stadtrat für Wirtschaft, Finanzen und Bürgerdienste: lorenz.postler@ba-fk.verwalt-berlin.de
Tel: 90298-4825, Fax: -4182
Sigrid Klebba – SPD – Stadträtin für Jugend, Familie und Sport: sigrid.klebba@ba-fk.verwalt-berlin.de
Tel:90298-2330, Fax: -4194
Harald Wolf – PDS – Wirtschaftssenator und Bürgermeister von Berlin: harald.wolf@senwaf.verwalt-berlin.de
Tel: 9026-3300/1 Fax: 9026-3302
Klaus Wowereit – SPD – Regierender Bürgermeister von Berlin: der-regierende-buergermeister@skzl.verwalt-berlin.de
Tel: 9026-3015 Fax: 9026-3019
Steffen Zillich – Kreuzberger PDS -Abgeordneter im Abgeordnetenhaus: steffen.zillich@pds.parlament-berlin.de
Tel: 2325-2571 Fax: 2325-2515
Kommt ins Bethanien am Mittwoch (heute, 02.11.) um 9 Uhr zum Frühstück und/ oder um 11 Uhr zum Offenen Plenum!
Kommt zum Kottbusser Tor am Mittwoch (heute) um 18 Uhr zur großen Antiräumungsdemo!
Kommt am Donnerstag zu unserer Antiräumungsveranstaltung mit Christian Ströbele und weiteren Gästen, 19 Uhr im Bethanien Hauptgebäude, Südflügel (auf die Schilder achten)!

PRESSEERKLÄRUNG vom 02.11.05
INITIATIVE ZUKUNFT BETHANIEN (IZB) VERURTEILT RÄUMUNGSBESCHLUSS GEGEN HAUSPROJEKT NEWYORCK59
Das Bezirksamt hat die Räumung des Hausprojektes NewYorck59 beschlossen.
Der Südflügel des Bethanien-Hauptgebäudes ist seit dem Sommer diesen Jahres nach langem Leerstand durch das Hausprojekt NewYorck59 wieder zu einem offenen Ort lebendiger Vielfalt, Kreativität, Aktivität und Lebensfreude geworden; auch die IZB nutzt seit Monaten diesen Freiraum zur Vorbereitung und Durchführung des BürgerInnenbegehrens.
Dieser hoffnungsvolle Zustand soll jetzt brutal beendet werden. Kreuzberger BürgerInnen dürfen in Zukunft wieder die leeren Räume von außen bewundern: ein großartiger Beitrag der lokalen Fraktionen von PDS und SPD zum Programm „Soziale Stadt“!
Anbei geben wir Ihnen Kenntnis von einem Brief, den wir als BürgerInneninitiative vor fünf Tagen an die Bezirksbürgermeisterin Frau Reinauer und das Bezirksamt geschrieben haben. Leider gibt es bis heute seitens der Adressaten des Briefes keine Anzeichen, die auf ein Einlenken hindeuten – im Gegenteil.
Wie aus dem beiliegenden Brief näher hervorgeht, wird die Räumung erneuten Leerstand zur Folge haben. Das Hausprojekt NewYorck59 hat sich immer um Verhandlungen bemüht.
Es ist absolut unverständlich, wie gerade Parteien wie PDS und SPD, die in Wahlkampfzeiten nie zögern, mit sozialer Rhetorik auf Stimmenfang zu gehen, nur kurz nach der letzten Wahl auf neoliberalen und gleichzeitig repressiven Kurs setzen. Mit den Stimmen von PDS und SPD hat das Bezirksamt von Kreuzberg-Friedrichshain völlig unnötige und nicht zu akzeptierende Polizeimaßnahmen gegen ein Projekt beschlossen, das sie, würden sie sich auch nur minimal an die eigenen Aussagen halten, massiv unterstützen müssten.
Die IZB kann über die Gründe für den Entschluß zur Räumung nur spekulieren. Während durch das BürgerInnenbegehren der Verkauf an einen Privatinvestor vorerst gestoppt ist, versucht das Bezirksamt anscheinend, Tatsachen zu schaffen, um einen Verkauf gegen den Willen der Bevölkerung doch noch durchzusetzen. Ein Gebäude mit großen leer geräumten Flächen ist leichter zu verscherbeln oder an den Liegenschaftsfond des Senats zu übergeben.
Die Initiative Zukunft Bethanien wird gemeinsam mit den AnwohnerInnen und lokalen Initiativen versuchen, die Räumung des Hausprojektes NewYorck zu verhindern. Wir möchten Sie hierzu noch auf folgende Veranstaltung hinweisen:
Donnerstag, 03.11.05: Diskussions- und Protestveranstaltung mit Christian Ströbele, MdB, und weiteren ReferentInnen, 19.00 Uhr, Bethanien-Hauptgebäude (bitte Hinweisschilder beachten).

INITIATIVE ZUKUNFT BETHANIEN
Offener Brief an die Bezirksbürgermeisterin Frau Reinauer und das Bezirksamt Kreuzberg-Friedrichshain
Initiative Zukunft Bethanien – IZB –
Haus Bethanien – Südflügel – Mariannenplatz 2
initiative@bethanien.info – www.Bethanien.Info
Fon: 0179 851 77 00
Zur Eskalationsoption des Bezirkes in Bezug auf das Hausprojekt NewYorck59
Berlin, 26.10.05

Sehr geehrte Frau Reinauer,
mit Verwunderung entnahmen wir Presseberichten der vergangenen Wochen, dass seitens des Bezirkes eine Eskalationsstrategie gegenüber dem Hausprojekt NewYorck59 weiterhin als mögliche Option betrachtet wird. Dass die veränderte politische Situation um das Bethanien eine Neubewertung erfordert, wird nicht berücksichtigt.
Als Begründung, warum das Hausprojekt NewYorck59 die bis zur Besetzung im Juni diesen Jahres leerstehenden Räume Ende Oktober verlassen müsse, wurden bislang von Ihnen drei Gründe angeführt: die notwendige Leerung des Südflügels wegen der kurz vor dem Abschluss stehenden Verkaufsverhandlungen mit einem privaten Investor (so Frau Reinauer auf der Mariannenplatzrunde am 29.09.05), die geplante zweiwöchige Zwischennutzung im nächsten Sommer durch das Street-Football-Projekt, sowie der Abbruch der Verhandlungen durch das Hausprojekt NewYorck.
Wie Ihnen bekannt sein dürfte, hat die Initiative Zukunft Bethanien am Mittwoch, den 19.10.05, beim Bezirksamt das BürgerInnenbegehren zur Zukunft des Bethanien-Hauptgebäudes eingereicht. Sobald die Kostenschätzung des Bezirks erfolgt ist (binnen kürzester Frist laut Rechtsamtsleiter Herrn Baasen), wird das BürgerInnenbegehren formal angezeigt. Die Unterschriftensammlung beginnt dann umgehend.
Selbstverständlich ist mit der Einreichung des BürgerInnenbegehrens nicht per se eine Legalisierung des Status des NewYorck59 im Bethanien verbunden, und dies ist auch nicht Aufgabe oder Intention des BürgerInnenbegehrens der IZB. Jedoch hat Herr Postler gegenüber der Initiative und auch in der Berliner Zeitung vom 07.09.2005 ausgeschlossen, dass das Bezirksamt einem Verkauf des Bethanien-Hauptgebäudes zustimmen wird, solange das BürgerInnenbegehren bzw. der –entscheid läuft.
Die veränderte Situation erfordert eine Neubewertung und gegebenenfalls Revision politischer Entscheidungen. Die IZB hält es für politisch nicht vertretbar, nun Maßnahmen zu treffen, welche einen erneuten langfristigen Leerstand großer Teile des Südflügels zur Folge hätten. Es gibt derzeit keinerlei Anlass, durch eine überstürzte, kurzfristige Eskalation den politischen und sozialen Frieden in diesem Bezirk, welcher uns ebenso wie Ihnen am Herzen liegt, zu gefährden.
Die Initiative Zukunft Bethanien befürwortet ausdrücklich das im Sommer nächsten Jahres geplante Street-Football-Projekt. Die Initiative sieht jedoch keinerlei Notwendigkeit, die ca. 200 SportlerInnen während dieser zwei Wochen ausgerechnet im Südflügel des Bethanien-Hauptgebäudes unterzubringen. Es gibt ausreichend zu diesem Zweck nutzbare freie Flächen in unmittelbarer Umgebung des Mariannenplatzes. Gespräche hierzu zwischen dem Hausprojekt NewYorck59 und den KoordinatorInnen des Projektes haben bereits stattgefunden. Wir halten es weder der Öffentlichkeit noch den internationalen SportlerInnen gegenüber für vertretbar, ein funktionierendes Hausprojekt wegen des geplanten Football-Projektes zu vertreiben.
Seitens des Bezirkes wird gelegentlich argumentiert, dass das Hausprojekt NewYorck die Verhandlungen über eine Nutzung abgebrochen habe. Das Hausprojekt hat in den letzten Wochen und Monaten mehrfach, auch öffentlich, die Bereitschaft und den Wunsch geäußert, die diesbezüglichen Verhandlungen wieder aufzunehmen. Die Initiative Zukunft Bethanien hält es für absolut unverständlich und auch politisch unvertretbar, mit dem Verweis auf zurückliegende Missverständnisse eine Eskalationsstrategie als Option zu begründen. Wir als IZB wünschen uns, dass in einem Moment, in dem nichts der Aufnahme von konstruktiven Verhandlungen entgegensteht, diese Chance auch ergriffen wird.
Das Hausprojekt NewYorck59 befindet sich nun seit vier Monaten im Bethanien. Die seither durchgeführten Veranstaltungen (u.a. ein großes Sommerfest, Kunstprojekte und Ausstellungen, Informationsveranstaltungen und Filmvorführungen) stoßen auf großes Interesse seitens der AnwohnerInnen, bestehender Kiezinitiativen und bei Projekten über die Grenzen Friedrichshain-Kreuzbergs hinaus. Neben den eher überregional und international orientierten Projekten der sonstigen Nutzer des Bethanien ist dabei der v.a. lokale Bezug des Hausprojektes NewYorck59 ein Gewinn für Haus und Bezirk. Mit Unterstützung des Hausprojektes NewYorck59 wurde ein regelmäßiges öffentliches AnwohnerInnenforum wiederbelebt, welches nächste Woche zum fünften Mal stattfinden wird, ebenfalls auf große Resonanz stößt und die Vernetzung verschiedenster kultureller und künstlerischer, sozialer und politischer Initiativen nachhaltig vorantreibt.
Die Initiative Zukunft Bethanien betrachtet mit absolutem Unverständnis, wie gerade von den Parteien PDS und SPD derzeit die Vertreibung eines vorbildlichen Hausprojektes als mögliche Option dargestellt wird. Wir denken, dass es an dieser Stelle nicht notwendig ist, auf die zahlreichen Grundsatzprogramme, Wahlerklärungen und öffentliche Aussagen Ihrer Parteien auf lokaler, regionaler und bundesweiter Ebene genauer einzugehen. In all diesen Papieren taucht die Forderung nach Vielfalt und Integration auf, nach bürgerschaftlichem Engagement und aktiver Nachbarschaft, nach kulturellen Beteiligungsmöglichkeiten und sozialer Kommunikation.
Wird die Vertreibung eines genau den hier formulierten Zielen entsprechenden Hausprojektes, welche sich auf keinerlei sachliche Notwendigkeit berufen kann und unnötigen, kostenintensiven Leerstand nach sich zöge, als reale Option betrachtet, stellt sich – und das in Zeiten des zunehmenden Misstrauens der Bevölkerung nicht unbedingt in Politik, aber auf jeden Fall in Parteien – die Frage: Handelt es sich bei diesen Aussagen und Forderungen vielleicht um bloße Rhetorik, welche schon wenige Wochen nach der letzten Wahl wieder vergessen ist?
An dieser Stelle erlauben wir uns darauf hinzuweisen, dass in den nächsten Monaten seitens der Initiative Zukunft Bethanien verschiedene Veranstaltungen zu den Themen Stadtumstrukturierung, kulturelle Teilhabe, Zukunft des Bethanien und weiterem geplant sind. Wir gehen davon aus, dass die aktiven PolitikerInnen des Bezirks die Möglichkeit nutzen werden, ihre Vorstellungen auf diesen Veranstaltungen einer breiteren Öffentlichkeit darzulegen.
Die Initiative Zukunft Bethanien (wie auch viele andere lokale Initiativen) unterstützt den Verbleib des Hausprojektes NewYorck59 im Südflügel des Bethanien-Hauptgebäudes. Eine Vertreibung des Hausprojektes ist weder sachlich notwendig noch politisch begründbar. Der Bezirk wird deshalb aufgefordert, die veränderten politischen Bedingungen zu akzeptieren, die derzeit unklare Situation zu klären und unverzüglich neue Verhandlungen mit dem Hausprojekt NewYorck59 über eine auch weiterhin legale Nutzung von Teilen des Südflügels des Bethanien-Hauptgebäudes aufzunehmen.
Wir gehen davon aus, dass der Bezirk sich der Argumentation dieses Briefes nicht verschließen wird, und von einer Eskalationsstrategie, welche niemandem nutzen kann, absieht. Die Initiative Zukunft Bethanien ist gerne bereit, über dieses Thema mit Ihnen weiter zu diskutieren.
Mit Ihrer Kooperation rechnend verbleiben wir
mit freundlichen Grüßen,
INITIATIVE ZUKUNFT BETHANIEN