[video] Rendez-Vous Manque – Bahnprivatisierung in Mali[video] Rendez-Vous Manque – Rail Privatization in Mali

Rasender RolandThe laborB-movie „Rendez-Vous Manqué“ describes in 4 Episodes the Privatization of the Railway-Line Dhakar-Niger, which was sublet to the franco-canadian consortium Transrail. The film sketches the grave consequences for small traders and the rural population. It also shows the struggle of unionists, activists and NGOs united in Cocidirail with their struggle against privtization. – Cocidirail is currently [11/2007] holding a „peoples caravan“ along the railway line to campaign against the consequences of this neoliberal sell-out amd promote alternative ways of self-determined development.Der LaborB-Film „Rendez-Vous Manqué“ beschreibt in 4 Episoden die Privatisierung der Eisenbahnlinie Dhakar-Niger, die an das franko-kanadische Konsortial-Unternehmen Transrail auf 25 Jahre verpachtet wurde. Der Film beleuchtet die schwerwiegenden Konsequenzen für Kleinhändler, Bauern und die Landbevölkerung. Er zeigt auch den Kampf von Gewerkschaftern, Aktivisten und NGOs, die sich in der Bürgergewerkschaft Cocidirail zusammengeschlossen haben gegen die Politik und die Folgen der Privtisierung. Cocidirail veranstaltet gerade [11/2007] eine „Volkskarawane“gegen die Konsequenzen dieses neoliberalen Ausverkaufs und versucht alternative, selbstbestimmte Entwicklungsmodelle zu entwickeln.

Bildungsprivatisierung in Burkina Faso und mehr aus Afrika

[lang_de]burkina.jpgBurkina Faso hat zwei öffent­liche Hochschulen: die Universität in der Hauptstadt Ouagadougou (UO) und eine polytechnische Hochschule in Bobo-Dioulasso; von den rund 20.000 Studierenden der UO sind nur fünf Prozent Frauen. In jüngster Zeit kam es zu einem Boom privater Hochschulen, die gerade für wirtschaftswissenschaftlich und international ausgerichtete Studiengänge eine wichtige Rolle spielen, mehr in Sul Serio: www.reflect-online.org/index.php und www.reflect-online.org/index.php
Im Sonderheft „Sul Serio: Soziale Bewegungen in Afrika“ www.reflect-online.org/index.php
der Assoziation reflect! www.reflect-online.org/index.php[/lang_de]

Bahnprivatisierung in Mali und mehr aus Afrika

[lang_de]2aadee7f4c.jpgDer Gewerkschafter Tiècoura Traoré über die desaströse Privatisierung der Bahn in Mali, sein unverhofftes Debüt als Schauspieler und die Chancen solidarischer Ökonomie in Afrika: http://www.reflect-online.org/index.php?id=343
Im Sonderheft „Sul Serio: Soziale Bewegungen in Afrika“
http://www.reflect-online.org/index.php?id=279
der Assoziation reflect!
http://www.reflect-online.org/index.php?id=163[/lang_de]

Privatisierungsfolgen bei der kaempfenden Truppe

In seinem Jahresbericht 2006 übte der Wehrbeauftragte des Bundestages Robbe scharfe Kritik an den Einsatzbedingungen während der Kongo-Mission. Die Zustände vor allem im Feldlager in Kinshasa seien teilweise „verheerend“ gewesen.
Die private Firma „Ucalsa“ (Spanien) – http://www.ucalsa.com/index_en.php -, die mit dem Aufbau des Lagers beauftragt worden war, sei offenbar überfordert gewesen: „Die von ihr errichteten Zelte waren undicht, setzten Schimmel an und hatten keinen Insektenschutz.“ Eine Fäkaliengrube sei nach starkem Regen mehrfach übergelaufen und habe die Zelte überschwemmt.
Robbe warnte davor, die bewährten Standards für Schutz und Sicherheit der Soldaten anzutasten. Die Fürsorgepflicht gelte uneingeschränkt, „ganz besonders im Einsatz.“ Für den Kongo-Einsatz forderte er eine umfassende Fehleranalyse. Die Frage, was eine verfassungsmäßig der Landesverteidigung verpflichtete Armee im Herzen Afrikas verloren habe, warf er allerdings nicht auf.
Quellen:
Tagesschau http://www.tagesschau.de/aktuell/meldungen/0,1185,OID6534266,00.html
Bundestag http://www.bundestag.de/aktuell/archiv/2007/wehrbeauftragter/index.html

Afrikanisches Wassernetzwerk gegruendet

Auf dem Weltsozialforum in Nairobi hat sich im Februar 2007 ein afrikanisches Wasser-Netzwerk (African Water Network) gegründet. Rund 250 Aktivisten verschiedener Organisationen kamen zur Vorstellung der Ziele. »Heute feiern wir die Geburt eines neuen Netzwerkes, um Widerstand gegen den Diebstahl unseres Wassers zu leisten, morgen werden wir den freien Zugang zum Wasser für alle feiern«, so Virginia Setshedi von der »South African Coalition against Water Privatisation«.
Mehr: http://www.uni-kassel.de/fb5/frieden/regionen/Afrika/wasser.html

Kontakt:
Al-hassan Adam (Ghana Coalition against Privatisation of Water), 0736155485 (from local); 00254 736155485 (from abroad) – from Saturday 20/1, email alhassan.adam@gmail.com.
Anil Naidoo (Blue Planet Project), 0736539620 in Kenya; 001.613.233.2773 after the World Social Forum – email anil@canadians.org.

P/OeG Newsletter Januar 2007

1. Bericht PRESOM
2. Freiburg Bürgerentscheid gegen Privatisierung
3. WSF Nairobi-Berichte (p/ög, U.Brand, P.Wahl)
4. zwei Fragen aus der Newsletter-Redaktion
5. Termine/Konferenzen/Ankündigungen

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1. PRESOM Athens Workshop
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„Privatisation and the European Social Model
(26/27 January 2007)“

Das von der Europäischen Union im 6. Rahmenprogramm geförderte
Forschungsprojekt PRESOM (Privatisierung und das Europäische
Sozialmodell) hat mit einer Tagung in Athen sein zweites Programmjahr
gestartet. Gastgeber war die Nicos Poulantzas Gesellschaft in Athen.
Ziel des PRESOM Projektes ist es, eine wissenschaftlich gesicherten
Einschätzung der Auswirkungen von Liberalisierung und Privatisierung
auf das Europäische Sozialmodell zu erarbeiten.

Zum Auftakt gab es eine Podiumsdiskussion mit griechischen
Gewerkschaftsvertretern, auf der verschiedene Aspekte der
Privatisierungspolitik in Europa erörtert wurden. Jürgen Huffschmid,
einer der Koordinatoren des PRESOM Projektes stellte zunächst die Ziele
und Fragestellungen der Projektes vor. Anschließend gab Malcolm Sawyer
von der Business School der Universität in Leeds einen Einblick in
seine Forschung zu den finanzpolitischen Auswirkungen der
Privatisierungspolitik und argumentierte, dass die Privatisierungen
keineswegs zu einer Entlastung der öffentlichen Haushaltsschulden
führen. Im Gegenteil: gerade in langfristiger Perspektive wird die
Sicherung öffentlicher Infrastrukturen und die Versorgung mit sozialen
Dienstleistungen für die öffentlichen Haushalte teurer, wenn sie von
privaten Anbietern gekauft oder geleast werden müssen. Christoph
Hermann von der Forschungs- und Beratungstelle für betriebliche
Arbeitnehmerfragen (FORBA) in Wien stellte die ersten Überlegungen zum
Europäischen Sozialmodell vor. Problem sei es dabei vor allem, dass der
Begriff einer blackbox gleich von verschiedenen politischen Kräften
gebraucht und mit jeweils eigenen Inhalten gefüllt werde. Insbesondere
die Liberalisierungslobby in der EU gebrauchen den Begriff vor allem
als Instrument um bisher bestehende nationalstaatliche Regelungen
auszuhebeln. Die Linke habe es bisher verpasst, den Begriff des
Europäischen Sozialmodells nach eigenen Vorstellungen zu definieren.
Marica Frangakis, von der Nicos Poulantzas Gesellschaft stellte die
ersten Ergebnisse der PRESOM Forschung vor und differenzierte das
Privatisierungsgeschehen sowohl in zeitlichen Wellen als auch nach
Ländergruppen. Insbesondere unterschied sie ein skandinavisches, ein
west-, ein ost- und ein südeuropäisches Privatisierungsmuster. Karoly
Lorant, ungarischer Abgeordneter des Europaparlaments, gab einen
Überblick zum Privatisierungsgeschehen in den mittel- und
osteuropäischen Ländern. Anders als die Privatisierungsprozesse in
Westeuropa erfolgte der Ausverkauf staatlicher Beteiligungen hier nicht
schrittweise, sondern schockartig im Rahmen einer abrupten
gesellschaftlichen Transformation. Die anschließende Diskussion rankte
sich vor allem um die Gefahren und Perspektiven einer Europäisierung.
Während einerseits vor allem auf die neoliberalen Impulse der
Europäischen Union verwiesen wurden, plädierten andere dafür, die
europäische Ebene stärker als politische Arena zu begreifen und sich
entsprechend mit eigenen Vorstellungen in die Europäisierungsprozesse
einzubringen.

Auf der eigentlichen PRESOM Tagung wurde der erste Jahresbericht
diskutiert und die Ergebnise der ersten drei Arbeitsgruppen (WP 1:
Hintergrund und Geschichte der Liberalisierung und Privatisierung in
der EU; WP 2: Theoretische Ansätze zur Privatisierung; WP 3: Konzepte
des Europäischen Sozialmodells) vorgestellt. Anschließend wurden die
Arbeitspläne für 2007 abgestimmt. Im Vordergrund werden dabei
Untersuchungen in den Sektoren Finanzen, Soziale Dienste
(Gesundheitsversorgung und Rentensystem) sowie Bildung stehen. Parallel
sollen die Privatisierungseffekte in den neuen Mitgliedstaaten der EU
in Osteuropa systematisch untersucht werden. Erste Zwischenergebnisse
sollen bereits in den nächsten Monaten auf verschiedenen Konferenzen
(unter anderen auf der Alternativen EcoFin-Konferenz am 20./21. April
in Berlin) zur Diskussion gestellt werden. Die nächste größere
PRESOM-Tagung wird am 29./30. Juli in Ljubljana (Slowenien)
stattfinden.
http://www.presom.eu/

2. Freiburg: Erfolg gegen Privatisierung durch Bürgerentscheid
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Friedrich Hecker (p/ög-Korrespondent – Freiburg) berichtet: In
Freiburg hat am Sonntag, 12. November 2006, ein Bürgerentscheid
erfolgreich den Verkauf der städtischen Wohnungen verhindert. 41.000
Menschen, d.h. 70,5% der Stimmen, sprachen sich gegen den Verkauf aus
und nur 29,5% dafür. Anfang April hatte der grüne Oberbürgermeister
angekündtigt, die Freiburger Wohnungen zwecks Haushaltssanierung zu
verkaufen. Mögliche Käufer: „Heuschrecken“ wie z.B. Fortress oder
Cerberus, denen es nicht um sozialen Wohnungsbau, sondern nur um
größtmögliche Profite geht. Eine schwarz-grüne Koalition beschloss dann
im Juli den Verkauf. Doch zu diesem Zeitpunkt hatte schon die
Bürgerinitiative „Wohnen ist Menschenrecht“
(http://www.wohnen-ist-menschenrecht.de) genügend Unterschriften
zusammen, um einen Bürgerentscheid zu erzwingen. Im Wahlkampf
versuchten die Grünen (von Hausbesetzern zu Hausbesitzern geworden) die
Menschen in Freiburg gegeneinander auszuspielen: Schulen z.B. könnten
nur saniert werden, wenn die Wohnungen verkauft würden. Doch die
Menschen ließen sich nicht davon beirren und im Wahlkampf engagierten
sich unzählige, die erstmals in ihrem Leben politisch aktiv waren. Die
Bürgeriniative wurde dabei von Mieterbeiräten, Gewerkschaften und
Stadtteilvereinen genauso wie von lokalen Oppositionsparteien wie SPD,
Die Linke.WASG und der Linken Liste unterstützt. 30 Jahre nach
erfolgreichen Verhinderung eines Atomkraftwerkneubaus in Wyhl haben die
Freiburger erneut gezeigt, daß die Bevölkerung Politik gegen die
Herrschenden durchsetzen kann.

3. WSF Nairobi-Berichte
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Die rls-Veranstaltung zum p/ög-Themenkreis hieß „Die Kommodifizierung
von Wasser: Von sozialer Krise zum Widerstand“: Der gesellschaftliche
Umgang mit Wasser hat vielfältige Auswirkungen auf ärmere Haushalte.
Der Workshops beleuchtete Wasser als umkämpftes, öffentliches Gut aus
der Perspektive des Nordens und des Südens und widmete sich der Frage
wie Wasserversorgung reorganisiert wird um die Akzeptanz durch
neoliberale Konzepte sicherzustellen. Im Zentrum standen verschiedene
Strategien des Widerstands von Aktivitäten gegen die Einführung von
Vorrauszahlungen bis hin zur Infragestellung der Rekommunalisierung des
Wasserverbrauchs.
Mehr zur rls auf dem WSF:
http://www.rosalux.de/cms/index.php?id=9929&tx_ttnews[tt_news]=703

***

Ulrich Brand berichtete in der Frankfurter Rundschau am 27.1.07:

„Die Netzwerke für eine andere Welt werden dichter“
Das Weltsozialforum 2007 in Nairobi war ein weiterer Schritt zum Aufbau
einer kritischen globalen Zivilgesellschaft. Es wurden Kampagnen für
mehr Gerechtigkeit und Demokratie verabredet.

Die New York Times schrieb vor einigen Jahren, dass sich neben den USA
eine zweite Supermacht herausbilde, nämlich eine globale
emanzipatorische Zivilgesellschaft, deren deutlichster Ausdruck das
jährliche Weltsozialforum sei. Auch wenn diese Einschätzung übertrieben
ist, zeigt sie doch: Die Legitimationskrise des herrschenden
Wirtschaftsmodells ist nicht nur auf dessen für viele Menschen
desaströse Folgen zurückzuführen, sondern auch auf den Protest von
immer mehr Menschen.
Das Weltsozialforum ist ein legitimer Gegenpol zum alljährlich
zeitgleich stattfindenden Weltwirtschaftsforum in Davos. Es ist ein
großer Erfolg, dass das WSF nunmehr zum siebten Mal stattgefunden hat
und zum ersten Mal als Gesamtforum in Afrika. Angesichts der
katastrophalen Lebensumstände vieler Menschen war die Stimmung wütender
als zuvor. Mehr als 10 000 Teilnehmende folgten dem Aufruf, am letzten
Tag 14 Kilometer durch verschiedene Slums zu gehen – für die meisten
ein schockierendes Erlebnis.
Im Zentrum vieler Veranstaltungen stand die Europäische Union und ihre
neoliberalen und militaristischen Weltordnungspolitiken. Die derzeit
verhandelten Economic Partnership Agreements zwischen der EU und vielen
afrikanischen Staaten wurden scharf als neokoloniale Politiken
kritisiert und es wird große Kampagnen von Attac und anderen dagegen
geben. Auch in vielen anderen Bereichen wurden globale Aktionstage und
Kampagnen verabredet.
Eine Diskussion bleibt zentral für die altermondialistischen (für eine
andere Welt eintretenden, Red.) Bewegungen sowie für die praktische
Gestaltung einer anderen Globalisierung. Nämlich über Protest hinaus
Alternativen zu organisieren. Insoweit wären die Bewegungen nicht nur
für die „Aufräumarbeiten“ von neoliberaler und imperialer Zerstörung
zuständig.
Eine Frage wurde häufig gestellt: Soll das Weltsozialforum ein offener
Raum bleiben, in dem sich unterschiedliche Akteure von
Friedrich-Ebert-Stiftung, Kirchen und karitativen NGOs über linke
Gewerkschaften bis hin zu radikalen Basisgruppen treffen? Hier werden
Wissen und Erfahrungen ausgetauscht, Netzwerke geknüpft, Kampagnen
geplant, sich in den je spezifischen Auseinandersetzungen gestärkt.
Insbesondere feministische Gruppen haben über das WSF ihre
transnationalen Netzwerke gestärkt.
Im Vergleich zu früheren WSF gab es in Nairobi wesentlich mehr
Strategietreffen. Da man sich dort häufiger sieht, entstehen jene
Vertrauensverhältnisse, ohne die transnationales demokratisches Handeln
nicht möglich ist.
Ein weitergehender Vorschlag lautet, einen kollektiven Akteur zu
konstituieren, der global agiert. Der senegalesische Wissenschaftler
Samir Amin schlägt die Schaffung einer Fünften Internationale vor. Ein
„neues historisches Subjekt“ sei notwendig. Dies wird scharf
kritisiert: Es sei ein Vorschlag von Intellektuellen, die angeblich
wissen, wo es langgeht. Die Vorstellung eines einheitlichen Subjekts
stehe in der Tradition der autoritären Linken.
Und dennoch trifft die Frage nach einem kollektiven Akteur ein
zentrales Problem: Wie können angesichts der Globalisierung, die
derzeit die ohnehin Stärkeren noch mehr stärkt, Eingriffe in
(welt-)gesellschaftliche Machtverhältnisse gelingen? Gegen Kriege um Öl
und „gegen den Terrorismus“, gegen die enorme Macht des Kapitals, gegen
die wirtschaftlich und ökologisch desaströsen Wirkungen des Weltmarkts,
für eine Stärkung von Demokratie und solidarischer Ökonomie?
Meine Einschätzung ist, dass Alternativen zunächst um konkrete
Konflikte herum organisiert werden. Beispielsweise haben die inzwischen
sehr gut organisierten globalen Bewegungen für Gesundheit, für
Menschenrechte, für Landreform und alternative Landwirtschaft oder für
menschenwürdiges Wohnen Erfahrungen zusammengetragen und daraus
Forderungen entwickelt, die nun in den verschiedenen Kontexten
umgesetzt werden sollen. Die Gewerkschaften unternehmen enorme
Anstrengungen internationaler Vernetzung. Viele internationale
Netzwerke wie jene gegen Wasserprivatisierung oder für das Recht auf
Wohnen haben in Nairobi afrikanische Partner gewonnen.
Entscheidend ist aber, ob und wie über diese konkreten Konflikte hinaus
es möglich wird, grundlegend in politische und ökonomische
Machtverhältnisse einzugreifen. „Eine andere Welt ist möglich!“ –
dieses Motto der altermondialistischen Bewegung verwirklicht sich durch
Bewegungen und Kampagnen, aber eben auch durch sich verändernde
Institutionen, vor allem des Staates und von Unternehmen, inklusive der
Verfügungsrechte über Eigentum.
Dann stellen sich aber weitere entscheidende Fragen: Wie können
emanzipatorische Errungenschaften gesellschaftlich abgesichert werden
und wie können Regeln eines (welt-)gesellschaftlichen Zusammenlebens
entstehen? Welche Rolle spielen hier der Staat, mit dem die meisten
Menschen heute schlechte Erfahrungen machen, und die internationale
Politik? Welchen Stellenwert haben progressive Parteien? Auf diese
Fragen entsteht heute durch Netzwerke und Kampagnen und in konkreten
Konflikten gegen die Macht von Staat und Unternehmen eine erste und
sehr dynamische Antwort.

***

Peter Wahl berichtet über „Licht und Schatten. Eine erste Bilanz des
Weltsozialforums in Nairobi“

Die Bilanz des Weltsozialforums in Nairobi fällt widersprüchlich aus.
Positiv war, dass das Forum in Afrika stattgefunden hat. Es war eine
Schwäche der früheren Sozialforen, dass die afrikanische
Zivilgesellschaft, ihre Themen und Probleme immer stark
unterrepräsentiert waren. Nairobi hat diese Lücke geschlossen. Das
Forum 2007 bot der afrikanischen Zivilgesellschaft die Gelegenheit,
sich als Teil der globalen Bewegung für Alternativen zu den
herrschenden Verhältnissen darzustellen und eine gemeinsame Identität
zu entwickeln. Viele neue Informationen, die Debatten und die
Vernetzung mit anderen haben sicher einen wertvollen Beitrag zu
Stärkung der afrikanischen Zivilgesellschaft leisten können.
Dies gilt zumindest für den anglophonen Teil des Kontinents. Denn auch
in Nairobi war die koloniale Teilung in einen anglophonen und
frankophonen Teil schmerzhaft spürbar. Die Beteiligung Westafrikas war
sehr gering. Damit reproduzierte sich mit umgekehrten Vorzeichen das,
was beim regionalen Forum 2006 in Bamako aufgetreten war.
Auch für Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus den Industrieländern, die
zum ersten Mal nach Afrika kamen, brachte das Forum wichtige
Erkenntnisse. Was sie sonst nur aus abstrakten Satistiken über Armut
und Elend kannten, wurde greifbar und mit konkreter Erfahrung
aufgefüllt. Denn die Veranstaltungen, die Zeltstadt mit ihren
Infoständen, die vielen informellen Kontakte wurden von den
existentiellen Alltagsproblemen der afrikanischen Realität dominiert –
Hygiene, Wasser, Aids, Gewalt gegen Frauen, Korruption, Verschuldung,
Straßenkinder usw. Die Akteure, die diese Themen repräsentierten, waren
vorwiegend NGOs, darunter in besonders hohem Maße kirchliche Hilfswerke
sowie große, international operierende NGOs.

Verlust an Attraktivität und Ausstrahlungskraft
Über den positiven Aspekten sollten allerdings nicht die Defizite
dieses WSF übersehen werden. Das fängt mit der deutlich geringeren
Beteiligung an. Auch wenn man nicht brasilianische Verhältnisse zum
Maßstab machen will, wo in Porto Alegre übers Wochende einfach mal
100.000 Brasilianer auflaufen, so muss man zur Kenntnis nehmen, dass
selbst die Teilnahme aus den Industrieländern generell geringer war.
Das heißt: an den Reisekosten allein kann es nicht gelegen haben. Die
Attraktivität in die Bewegung hinein ist sichtlich zurückgegangen.
Auch die politische Ausstrahlung nach außen hat spürbar nachgelassen.
Die internationale Medienberichterstattung war geringer und mehr als
früher auch negativ. Das gilt auch für Deutschland. Damit ist eine der
wichtigsten Funktionen der Foren, nämlich weltweit als Gegenpol zum
Weltwirtschaftsforum in Davos wahrgenommen zu werden, deutlich
reduziert. Die poltische Botschaft, die sonst vom WSF in die Welt
gegangen war, ist schwächer geworden.
Dabei spielen sicher auch „natürliche“ Gründe mit hinein. Der Reiz des
Neuen ist nach sieben Jahren verflogen. Und wer seriös Politik macht,
kann nicht permanent das mediale Bedürfnis nach Spektakularität
bedienen. Aber dennoch ist ein Gutteil der gesunkenen Außenwirkung
hausgemacht.

Pluralität muss Produktivkraft werden
So hat die starke single issue-Orientierungauch eine Kehrseite: eine
qualifizierte Weiterentwicklung der Kritik an der Globalsierung als
systemisches Phänomen fand in Nairobi kaum statt. So wurden z.B. die
internationalen Finanzmärkte, die immerhin den Kern des neuen
Akkumulationsregimes (vulgo: Globalisierung) bilden, in gerade mal fünf
Veranstaltungen ausdrücklich thematisiert.
Auch hat sich der Verzicht auf Großveranstaltungen mit prominenten
Bewegungsintellektuellen nicht ausgezahlt. Abgesehen davon, dass es für
die Identitätsbildung einer so heterogenen Bewegung auch solcher
verbindender Elemente bedarf, ist damit ein Stück Außenwirkung verloren
gegangen.
Übrig bleibt dann nur die unverbundene Koexistenz einer Vielzahl von
single issues. Es geht dabei überhaupt nicht darum, die Pluralität und
Offenheit des Forums einzuschränken. Vielfalt ist aber nur dann eine
Stärke, wenn die unterschiedlichen Elemente in produktive Reibung
miteinander treten, wenn Verallgemeinerung, Synthese und gemeinsame
Lernprozesse möglich werden. Ein statisches Pluralismusverständnis
führt hingegen dazu, dass das Forum zumMarkt der Möglichkeitenzerfällt
– mit dem enstprechenden Risiko der Entpolitisierung.
Insofern ist das Format des WSF in Nairobi mitverantwortlich für den
Verlust an Attraktivität nach innen wie nach außen.
Einige Hilfswerke und NGOs haben diese Entwicklung befördert, weil sie
glauben, das sei „ideologiefrei“. Schützenhilfe bekommen sie dabei von
einigen Linken, die aus einem Affekt gegen „die Promis“, den sie für
basisdemokratisch halten, in die gleiche Richtung ziehen.
Hier sind Reformen notwendig. Es kommt darauf an, ein Format zu
entwickeln, das komplementär zu den single issuesVerallgemeinerung
ermöglicht, scheinbar Disparates und Konkretes bündelt und Pluralität
zu einer Produktivkraft werden lässt.

Das Gegenteil eines Fehlers ist meist wieder ein Fehler
Die Versammlung der Sozialen Bewegunghat ein explizit politisches
Selbstverständnis. Sie will – anders als das Gesamtforum – nicht nur
ein Raum sein, sondern einen transnationalen Akteur konstituieren und
Handlungsfähigkeit entwickeln. Sie ist der Kristallisationskern der
Linken innerhalb des Forums und möchte einen bewussten Gegenakzent zur
Mehrheit der NGOs bilden. Allerdings bestätigte die Versammlung in
Nairobi die alte Binsenweisheit, dass das Gegenteil eines Fehlers meist
wieder ein Fehler ist.
Zwar wurde eine Erklärung verabschiedet, in der nichts Falsches steht,
ansonsten bestand das Meeting aber hauptsächlich darin, dass Fäuste
geballt wurden, Amandla Ngawethu,Parolen vom Typus „Hoch die …Weg
mit…“gleich im Dutzend gerufen wurden und zum Teil sektiererische
Kritik am Forum im allgemeinen und „den NGOs“ im besonderen geübt
wurde. Das ist nicht die Alternative zur Entpolitisierungtendenz des
WSF.
Notwendig ist stattdessen, Räume für eine qualifizierte Kritik der
Globalsierung auf der Höhe der Zeit zu schaffen. Auch das wäre im
Format des Forums zukünftig zu berücksichtigen.

WSF und Staat
Zivilgesellschaft und soziale Bewegungen agieren außerhalb des
formellen politischen Systems. Sie versuchen an einem Problemfeld das
Meinungsklima in der Gesellschaft zu beeinflussen, ohne
parlamentarische Vertretung oder Regierungsbeteiligung anzustreben.
Auch wenn es inhaltliche und politische Übereinstimmungen zwischen
Parteien und/oder Regierungen und zumindest Teilen der
Zivilgesellschaft geben kann, folgen beide Akteurstypen in Strukturen
und Dynamik einer unterschiedlichen Logik und spielen gesellschaftlich
verschiedene Rollen. Insofern ist es weise, wenn das WSF auch weiterhin
auf eine gewisse Distanz zu Parteien und Regierungen achtet.
Das WSF 2007 zeigt aber auch, dass die Durchführung eines solchen
Großevents ohne die Unterstützung mindestens einer großen Kommune
äußerst schwierig ist. Bestimmte Schwächen in Nairobi, wie etwa das
Fehlen der angekündigten Übersetzung, sind nicht einfach ein
organisatorischer Mangel, sondern hochpolitisch. Eine globale Bewegung
muss ein Minimum an Kommunikationsgerechtigkeit garantieren. Wenn alles
in Englisch läuft, macht das nicht nur viele sprachlos, sondern
verfestigt auch noch die monokulturelle Hegemonie einer Sprache.
Solange staatliche Unterstützung für das WSF transparent ist und – wie
in Porto Alegre – nicht zu politischer Instrumentalisierung führt, kann
sie akzeptiert werden. Zumal gerade einige der einflussreichsten
Kritiker einer Kooperation mit dem Staat aus NGOs kommen, die selbst
über Staatsknete in der Größenordnung von sechststelligen
Millionenbeträgen zu verfügen pflegen. Insofern kam die Finanzierung
des WSF 2007 zwar nicht von der Kommune Nairobi oder dem Staat Kenia,
aber indirekt doch zu einem erklecklichen Teil aus staatlichen Budgets,
insbes. den Entwicklungs- und Außenministerien Skandinaviens,
Frankreichs, Großbritanniens, Deutschlands etc. oder aus staatlich
eingetriebener Kirchensteuern in den Industrieländern. Darüber sollte
man offen reden, statt mit zweierlei Maß messen.

Ein anderes WSF ist nötig
Das WSF war eine Erfolgsgeschichte. Aber: Wandel und Wechsel liebt, was
lebt. Damit die Erfolgsgeschichte ihre Fortsetzung findet, ist es an
der Zeit, dass das Projekt auf die Veränderungen der Rahmenbedingen
reagiert und sich erneuert.
Dazu gehört nicht nur das Format, sondern auch die Häufigkeit der
Treffen. Der Jahresturnus ist auf Dauer nicht durchzuhalten. Es muss
Raum und Zeit sein, für dezentrale, regionale und lokale Foren. Auch
was den Austragungsort angeht, dürfen früher einmal gefasste Beschlüsse
in Frage gestellt werden. Warum sollte ein WSF nicht auch einmal in
Europa stattfinden können, solange dies nicht zur Dauereintrichtung
wird?
Nötig wären auch Strukturen, die mehr Kontinuität und Kommunikation
zwischen den großen Meetings ermöglichen. Und last but not least
braucht es mehr Transparenz in den Entscheidungsprozessen. Zwar werden
angesichts der vielen praktischen und finanziellen Probleme
internationaler sozialer Bewegung ideale Standards von repräsentativer
und partizipativer Demokratie immer deutlich unterboten werden, aber
etwas mehr an Transparenz, Partizipation und damit Demokratie als
gegenwärtig ist durchaus möglich.

4. zwei Fragen: Venezuela und Irak
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* Wie läuft die De-Privatisierung der Telekomunikation in Venezuela?
Und vor allem warum läuft sie und wohin läuft sie? Ist das Ziel
Kommunikation für alle und zwar umsonst? Oder geht es um die
Rückeroberung der staatlichen Kontrolle über einen
sicherheitsrelevanten Bereich? Bedeutet die Verstaatlich vielleicht
sogar eine Militarisierung der venezolanischen Kommunikationsbranche?
(vgl. etwa http://www.nzz.ch/2007/01/08/al/newzzEWPEJBL5-12.html und
http://www.ftd.de/boersen_maerkte/geldanlage/150721.html)

* Was machen eigentlich die Ölquellen im Irak? Sprudeln sie einfach so
ruhig vor sich hin – jenseits von Besatzung und Bürgerkrieg? Oder hat
das doch irgendwie beides miteinander zu tun? Und wem gehören die
Quellen jetzt eigentlich – mal ganz formal gesehen? Und ganz praktisch?
Wer kassiert? Und was passiert mit den Petro-Dollars? wird ja wohl
mittlerweile in Dollar abgerechnet, oder? Sonst hätte der Einmarsch ja
gar nichts gebracht…
(vgl. Martina Doering: „Multis sichern sich Pfründe im Irak“ und Greg
Muttitt: „Überproportionaler Anteil am Gewinn“, beides Berliner Zeitung
vom 29.1.07, http://www.berlinonline.de/berliner-zeitung/archiv/ )

5. Termine/Konferenzen/Ankündigungen
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Globale Sozial Rechte vs. Neoliberalismus
Diskussionsreihe
1. Was verspricht sich die Linke von der Forderung nach „Globalen
Sozialen Rechten“?
7. 2. 2007, 19.00, Berlin, Haus der Demokratie
http://bewegungsdiskurs.de/html/programm_2007.html#eins

***

Die DHV (Deutsche Hochschule für Verwaltungswissenschaften) in Speyer
hat ein Forum „Daseinsvorsorge im Spannungsfeld von
Liberalisierungszwang und Demographie“ angekündigt (27. bis 28. März
2007).
http://www.dhv-speyer.de/Weiterbildung/wbdbdetail.asp?id=360

Diskussionsmaterial dazu von Brangsch (Politische Bildung, rls):
„Daseinsvorsorge und Liberalisierung kommunaler Wirtschaftstätigkeit“
http://www.brangsch.de/partizipation/dasein1.htm

***

Im Mai 2007 startet die attacademie.2 mit überarbeitetem Kurskonzept.
Die attacademie ist ein Weiterbildungsprogramm für politisch Aktive aus
der globalisierungskritischen Bewegung mit zwei Schwerpunkten
(Reichtum/Eigentum und Globale soziale Rechte).
http://www.attac.de/attacademie/
Info-Flyer:
http://www.attac.de/attacademie/media/Ausschreibung-Attacademie2.pdf
Bewerbungsschluss ist der 15.04.07

=================

Please support the network.
We like to invite all of you to support this project, to come to the
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With best regards
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P/OeG Newsletter Oktober/November 2006

1. Konferenzbericht „Wasser ist keine Ware“
2. Privatisierung Immobilien/Wohnraum
3. Termine/Konferenzen/neue Literatur
4. „Frisch gebloggt“ (Neues im P/ÖG – Weblog)

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1. Wasserprivatisierung und Nachhaltigkeit
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„Wasser ist keine Ware“. Mit diesem aus der globalisierungskritischen
Bewegung stammenden Slogan ist die Stimmung gut beschrieben, die sich
im Verlauf der 2. Internationalen Nachhaltigkeitskonferenz der RLS am
26. und 27. Oktober 2006 abzeichnete. Zwei Tage lang diskutierten
Wissenschaftler, Aktivisten und Politiker aus Südafrika, Uruguay,
Venezuela, Bulgarien, Großbritannien, Österreich und Deutschland in
fünf Workshops und vier Podiumsdiskussionen mit rund 80 Teilnehmenden
teilweise höchst kontrovers die Auswirkungen der Kommerzialisierung
von Wasser für nachhaltige Entwicklung.
Komplette Dokumentation der Veranstaltung (bald auch mit Audio-
Dateien zum Anhören, für jene, die nicht kommen konnten):
http://www.rosalux.de/cms/index.php?id=11868&type=0

***

Infos zur WRRL
Auch die Wasserrahmenrichtline besagt: „Wasser ist keine übliche
Handelsware, sondern ein ererbtes Gut, das geschützt, verteidigt und
entsprechend behandelt werden muß.“ Die Wasserrahmenrichtlinie (WRRL)
ist die erste EU-weit verbindliche Regelung, die eindeutig Bezug
nimmt auf ökonomische Instrumente zur Umsetzung umweltpolitischer
Zielsetzungen. Die Grüne Liga betreibt ein Informationsportal zum
Thema Wasserrahmenrichtlinie, unter
http://www.wrrl-info.de

***

Aqualibrium
Ein Webportal präsentiert die Ergebnisse des Forschungsprojekts
Aqualibrium, aus 14 EU-Ländern Berichte zu Stand und Debatte um die
Privatisierung und Kommerzialisierung von Wasser, mehr dazu unter
http://www.wrrl-info.de

***

Bericht der UNDP zur globalen Wasserkrise
Human Development Report 2006 von UNDP zum Thema „Beyond scarcity:
Power, poverty and the global water crisis“, jetzt zum Download unter
http://hdr.undp.org/hdr2006

2. Privatisierung Immobilien/Wohnraum
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Einen Schwerpunkt in wemgehoertdiewelt.de bildeten in den letzten
beiden Monaten Meldungen über Wohnungsprivatisierungen und Kämpfe
dagegen.
So sieht die Zeitung ‚Die Welt‘ einen Wendepunkt am Wohnungsmarkt,
anderswo sind Proteste von Mieterorganisationen erfolgreich:
bestimmte Wohnungen werden nicht verkauft. Die Freiburger erreichen
ähnliches mit ihrem Bürgerentscheid gegen die lokalen
Privatisierungspläne, während in Berlin schon wieder die Gelegenheit
lockt: Ein Kaufangebot der Gehag für die marode WBM. Die FU-Berlin
hat (schon länger) eine Dissertation über die Privatisierungen des
Landes Berlin online. Andere machen Lobby für den
Wohnungsprivatisierungsmarkt, während die sogenannten Real Estate
Investment Trusts (REITs) heftig in der Diskussion sind. Das ganze
wird beforscht und dafür gibt’s sogar Geld: eine
Forschungmittelausschreibung zu einem neueren Begriff der Diskussion
um Privatisierung öffentlicher Wohngesellschaften.
Das alles und mehr in der Kategorie ‚Wohnen‘ im p/ög-Blog:
http://www.rosalux.de/cms/index.php?id=ppg&tx_ttnews[cat]=48

3. Termine/Konferenzen
———————

Für kurz Entschlossene:
Die SPD Friedrichshain-Kreuzberg läd herzlich ein zur Veranstaltung
„Schlanker Staat? Grenzen der Privatisierung“ mit: Prof. Ernst Ulrich
von Weizsäcker. Herausgeber des neuen Berichtes an den Club of Rome
„Grenzen der Privatisierung. Wann ist es des Guten zu viel?“, sowie:
Stefan Zackenfels, MdA, Vorsitzender Unterausschuss für
Beteiligungsvermögen und Gerlinde Schermer, Sprecherin des linken
Donnerstag-Kreises der SPD, Moderation: Martin Stürmer (Mitautor)
Wann? am Donnerstag, 23. November 2006, 18 Uhr in der St. Thomas
Gemeinde am
Mariannenplatz, Gemeindehaus, Bethaniendamm 25, 10997 Berlin.

Heribert Prantl kommentierte das Buch in der Süddeutschen Zeitung (Nr.
255, 06.11.2006, S. 4) übrigens folgend:

„….Wenn der Staat immer weniger Gestaltungsmacht hat – was kann der
Bürger dann noch demokratisch mitgestalten? Der Rückzug des Staates
darf nicht so weit gehen, dass er sich selbst in Frage stellt. Er
muss ein Mindestmaß an Sicherheit für seine von Zukunftsängsten
gebeutelten Menschen bieten. Wenn sie das Gefühl haben, dass die
staatliche Ordnung das nicht mehr leisten kann oder will, schwindet
ihre Loyalität zu Staat und Staatsform. Der Bundespräsident hat mit
seiner Weigerung, die Privatisierung der Flugsicherung zu
unterschreiben, das Nachdenken über die Grenzen der Entstaatlichung
befördert. Das Verfassungsgericht hat mit der Erlaubnis, öffentliche
Aufträge an soziale Bedingungen zu knüpfen, der Politik einen neuen
Weg gewiesen. Vielleicht wird daraus ja ein neuer Frühling des Staates.“

***

Kongress: Solidarische Ökonomie, Berlin
Vom 24. bis 26. November 2006 findet in den Räumen der Technischen
Universität der „Kongress Solidarische Ökonomie. Wie wollen wir
wirtschaften?“ statt.
Unter anderem mit Themen wie „Daseinsvorsorge in Bürgerhand: Wasser
und Strom“, „Perspektiven rückeroberter Betriebe“ oder „alte und neue
Kooperativen in Venezuela“.
http://www.solidarische-oekonomie.de

***

Seminare gegen die 9. Vertragsstaatenkonferenz der Konvention über
biologische Vielfalt 2008 in Deutschland. G8 zu COP 9!
Die BUKO-Kampagne gegen Biopiraterie beteiligt sich an den Protesten
gegen den G8-Gipfel 2007 in Heiligendamm: „Wir wollen unterbinden,
dass biologische Vielfalt und traditionelles Wissen weiterhin zur
grünen Beute von Konzernen werden. Wir sehen aber auch die
Kontinuität dieser neuen Form des Kolonialismus, bei der das G8-
Treffen nur ein Forum unter vielen ist. Nach der Enteignung von Land
und der Versklavung von Menschen im Laufe der kolonialen Eroberung
der Welt ist Biopiraterie eine weitere große Enteignungswelle im
Rahmen der kapitalistischen Expansion.“, siehe zu den Terminen der
Kampagne gegen Biopiraterie unter http://www.biopiraterie.de

***

Wie an anderer Stelle von uns berichtet, führte die Berliner
MieterGemeinschaft e.V. im Februar 2006 eine Konferenz mit dem Titel
„Privatisierung in Berlin – Ist Privatisierung nur eine Folge ‚leerer
Haushaltskassen‘ oder ein Instrument globaler Verwertungsstrategie?“
durch. Etwa 200 Interessierte verfolgten im DGB-Gewerkschaftshaus die
Diskussionen zu den Bereichen Wohnungsversorgung, Wasser, PPP und
Gesundheit. Während der Konferenz wurde ohne Gegenstimmen eine
Resolution beschlossen. Die Konferenz – aktueller denn je – ist
komplett aufgezeichnet worden und kann angehört werden unter
http://www.bmgev.de/privatisierung/konferenz-dokumentation/vortraege-
mp3/index.html

***

Individualität und Eigentum
Zur Rekonstruktion zweier Grundbegriffe der Moderne hat Christian
Schmidt jetzt seine Dissertation publiziert. Sowohl Individualität
als auch Eigentum erhielten ihren heutigen Sinn erst mit den
bürgerlichen Revolutionen. Die ökonomische Ordnung des Kapitalismus
beruht auf der als Besitz bekannten Zuordnung von Dingen zu Personen
und der strikten Trennung von Eigentum und Person. Christian Schmidt
rekonstruiert die beiden Grundbegriffe der Moderne und diskutiert
dabei Fragen der Entfremdung, des geistigen Eigentums und des
Eigentums im Sozialismus, mehr unter
http://www.terrashop.de/16156011/direktlink/bk_info.php

***

Copyright & Copyriot
Über die Kommerzialisierung digitalisierten Wissens, die
Aneignungskonflikte im informationellen Kapitalimus und zur Frage
„was ist Eigentum“, schreibt Sabine Nuss in ihrer Dissertation, jetzt
erschienen im Dampfbootverlag, siehe:
http://www.dampfboot-verlag.de/buecher/647-5.html

3. „Frisch gebloggt“
—————–

Gutes Weblog zum Thema Ungleichheit
www.esztersblog.com ist ein cooles Weblog aus dem Forschungs- und
Lehralltag einer Wissenschaftlerin in Kalifornien. So berichtet sie
z.B. von der Berkeley-Harvard-Inequality-Group und von ihren
Diskussionsveranstaltungen mit Themen wie etwa
„Informationstechnologie und Ungleichheit“.

„(Anti-)Privatisierung“
Die WASG bringt ihren Newsletter am 15.11.2006 als Extra-Ausgabe zum
Thema „(Anti-)Privatisierung“ heraus. Besonders schön: die Initiative
zum „Privatisierungs-Watching“, unter info.w-asg.de/uploads/media/
newsletter_2006-extra-2.pdf

Wer hat Geld für einen kritischen Dokumentarfilm?
Ein kritisches Dok-Film-Projekt betreibt Foundraising: http://
www.bahn-unterm-hammer.de

IfW Kiel macht jetzt auch in Öffentlichen Gütern
Das Institut für Weltwirtschaft in Kiel hat jetzt ein eigenes
Forschungsprogramm aufgelegt für „Öffentliche Güter und
Wirtschaftspolitik“, unter
http://www.uni-kiel.de/ifw/prog2/prog2.htm

und ein bisschen in eigener Sache:

Domain Confusement
who-owns-the-world.org is the english frontpage of the webpage you
are visiting right now.
who-owns-the-world.com is the promotion webpage for a new book about
worldwide landownership

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Please support the network.
We like to invite all of you to support this project, to come to the
workshops and to send information and empirical and theoretical
material to the mailing-list.

With best regards
Dieter Klein: klein-at-rosalux.de
Rainer Rilling: rilling-at-rosalux.de
Sabine Nuss: nuss-at-rosalux.de
Ingo Stützle: istuetzle-at-so36.net
Markus Euskirchen: m-at-euse.de
Andrej Holm: a.holm-at-rz.hu-berlin.de

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Kongress: Solidarische Oekonomie

Von 24. bis 26. November 2006 findet in Berlin in den Räumen der Technischen Universität der „Kongress Solidarische Ökonomie. Wie wollen wir wirtschaften?“ statt.
http://www.solidarische-oekonomie.de/
Unter anderem mit Themen wie „Daseinsvorsorge in Bürgerhand: Wasser und Strom“, „Perspektiven rückeroberter Betriebe“ oder „alte und neue Kooperativen in Venezuela“.

Weltweit entwickeln sich mit rasanter Geschwindigkeit Projekte einer anderen Ökonomie. In Lateinamerika, Asien und Afrika, aber auch in Europa suchen immer mehr Menschen nach wirtschaftlichen Alternativen. Gleichzeitig wächst die internationale globalisierungskritische Bewegung mit ihren politischen Forderungen. Diese Bewegung verbindet sich in einigen Ländern zunehmend mit der Solidarischen Ökonomie.

Auch in Deutschland gibt es einen großen Wirtschaftssektor Solidarischer Ökonomie, der sehr unterschiedliche Formen von Betrieben und Projekten umfasst, z.B. alte und neue Genossenschaften, selbstverwaltete Betriebe, Unternehmungen mit sozialer Zielsetzung, Wohn- und Gemeinschaftsprojekte, Tauschringe, alternative Finanzierungseinrichtungen, fairen Handel, landwirtschaftliche Direktvermarktung, Frauenprojekte, Initiativen für offenen Zugang zu Wissen und andere Formen wirtschaftlicher Selbsthilfe.

Die Zeit ist reif für einen Kongress, der diesen Wirtschaftssektor öffentlich darstellt und politische Fragen Solidarischer Ökonomie diskutiert; für einen Kongress, der Mut macht zu solidarischem ökonomischen Handeln, die vielfältigen Akteure zusammen bringt und einen Raum bietet für die Diskussion offener und kontroverser Fragen.

"Trinkwasser ist keine Privatsache"

Das Wasser dürfe nicht den Konzernen überlassen werden, warnt Boliviens Wasserminister Mamani. Deshalb müsse es aus Handelsabkommen herausgelöst werden. Seine Vorschläge ernten Beifall, das 4. Weltwasserforum folgt ihnen aber nicht.
taz: Herr Mamani, sind Sie zufrieden mit den Ergebnissen des Weltwasserforums?
Abel Mamani: Es ist sehr gut gelaufen. Vor vier Jahren war das Menschenrecht auf Wasser kaum ein Thema. Jetzt ist das anders. Das ist eine Folge des Drucks von unten, von den sozialen Bewegungen, die hier sehr aktiv waren.
Bolivien hat einen Zusatz zur offiziellen Abschlusserklärung der Minister durchgesetzt. Worum geht es dabei?
Wir möchten, dass Wasser als Menschenrecht festgeschrieben wird, also allen Menschen der Zugang zu sauberem Trinkwasser garantiert wird. Außerdem soll Wasser nicht Gegenstand von Freihandelsverträgen und Verhandlungen der Welthandelsorganisation sein – denn dort will man damit nur Geschäfte machen. Schließlich muss das Wasserforum offener werden. Es gibt Organisationen, die viel zur Debatte beitragen könnten, aber bislang außen vor bleiben. Es ist schlicht zu teuer für sie, 600 Dollar pro Teilnehmer zu bezahlen.
Warum haben neben Bolivien nur noch Venezuela, Kuba und Uruguay diese Zusatzerklärung unterzeichnet?
Mündlich haben wir viel Zustimmung erfahren von Nachbarländern und aus der Europäischen Union. Aber in der Stunde der Wahrheit werden Formfragen vorgeschoben. Die offizielle Erklärung hatte man schon im Vorfeld mit viel Aufwand ausgehandelt, die wurde hier nur noch abgesegnet. Wir hoffen, dass die Minister beim kommenden Forum, 2009 in Istanbul, direkt über diese Fragen verhandeln werden.
Aber viele Unternehmer und auch Mexikos Präsident Fox haben sich doch zum Menschenrecht auf Wasser bekannt …
Es gibt da einen Widerspruch. In den großen Reden führen alle das Wort „Menschenrecht“ im Munde, das habe ich in der letzten Woche bestimmt hundertmal gehört.
Warum also taucht das nicht in der Ministererklärung auf?
Anscheinend befürchten manche Regierungen, dass sie dann ihrer Verantwortung nachkommen und die Gemeinschaften dabei unterstützen müssten, an sauberes Wasser zu kommen.
Und warum hat kein Land aus Afrika oder Asien mitgezogen?
Der Druck der Konzerne ist groß. Der Hauptzweck des Forums in der jetzigen Form ist es ja, die Geschäfte der transnationalen Unternehmen zu befördern, durch die sie ja auch finanziert werden. Und die wollen die Privatisierung, unternehmerische Managementmodelle, Wasser soll zur Ware werden.
In Bolivien schlagen Sie ja gerade den entgegengesetzten Weg ein …
Wir haben uns bei der Wasserversorgung für das öffentliche Modell entschieden. Gerade verhandeln wir mit dem französischen Konzern Suez über dessen Rückzug aus La Paz und El Alto. Die Franzosen haben jetzt akzeptiert, diesen Rückzug im gegenseitigen Einverständnis abzuwickeln.
Was ist die Rolle der Weltbank dabei?
1997, bei der Privatisierung, hatte sie ihre Finger im Spiel. Aber jetzt will sie uns keine Steine in den Weg legen. Es findet ein Umdenken statt. Die Weltbank hat uns jetzt erstmals versprochen, uns beim Start dieses neuen, öffentlichen Wasserbetriebs zu unterstützen – ohne wie bisher die Beteiligung privater Unternehmen zur Bedingung zu machen. Das ist ein enormer Fortschritt.
Ist dieses Umdenken auch bei den deutschen Experten festzustellen?
Ja, sie bewegen sich in dieselbe Richtung wie die Weltbank.

Quelle: taz, 24.3.2006

Privatisierung: Fluch oder Segen? Um den Rohstoff Wasser ist ein Meinungsstreit zwischen Entwicklungsorganisationen und Wirtschaft im Gang

Heute haben 1,4 Milliarden Menschen keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser. Ist es zulässig, dass private Firmen in die Lücke springen? Oder darf Wasser nur vom Staat angeboten werden, wie es die Kirchen und Entwicklungsorganisationen fordern?
«In den letzten Jahren haben Aktienfonds ein neues, attraktiv erscheinendes Objekt der Begierde entdeckt: Unternehmungen, die ihr Geld mit Wasser verdienen. Auch Fonds, die ökologische und soziale Ansprüche erfüllen wollen, gehen gern auf Aktien aus diesem Bereich aus», schreibt der deutsche Journalist und Buchautor Frank Kürschner-Pelkmann. «Wer in Aktien solcher Unternehmungen investiert, sollte sich vorab überlegen, auf welcher Seite er oder sie im Konfliktfall steht, wenn wieder Menschen gegen die Ergebnisse der Wasserprivatisierung in ihrer Stadt in Afrika oder Lateinamerika, Asien oder Europa protestieren oder diese Privatisierung verhindern wollen», hält er weiter fest.

Kirchen als Kritiker
«Wasser ist Menschenrecht – nicht Handelsware», stellte Samuel Lutz, Synodalratspräsident der Reformierten Kirchen Bern-Jura-Solothurn, an einer Veranstaltung von Multiwatch in Bern fest. «Wasser als eine Grundvoraussetzung für alles Leben ist grundsätzlich ein gemeinsames Gut, das nicht zu privatisieren ist», sagte er. Er stützte sich bei seinen Ausführungen auf die Ökumenische Erklärung zum Wasser als Menschenrecht und als öffentliches Gut, welche von den Kirchen im April 2005 in Freiburg abgegeben wurde. Auch die Arbeitsgemeinschaft der Schweizer Hilfswerke sowie die Erklärung von Bern lehnen die private Nutzung von Wasserquellen ab.
Eine differenzierte Haltung nimmt Donald Tillman ein, Analyst bei der SAM Sustainable Asset Management in Zürich. Die SAM-Gruppe wurde 1995 als unabhängige Vermögensverwaltungsgesellschaft für nachhaltige Anlagen gegründet. Sie bietet unter anderem den nachhaltigen SAM-Wasserfonds an. In «SAM Insight» aus dem Jahr 2003 stellte Tillman die These auf: «Die Weltwasserkrise wird durch Grosskonzerne weder gemacht noch verhindert.» Weniger als 7% der Menschen erhielten heute ihr Wasser von privaten Firmen. Das seien nur 400 Millionen von 6 Milliarden Menschen. Die Zahl der Menschen ohne Zugang zu sauberem Trinkwasser soll laut den Millenniumszielen der UNO bis 2015 halbiert werden. Die Industrieländer werden den Entwicklungsländern kaum genügend Mittel zur Verfügung stellen, damit sie dieses Ziel erreichen – das ist Tillmans zweite These.

«Druck durch die Privatisierung fördert die Wettbewerbsdenkweise», lautet seine dritte These.
Wasserversorgungsunternehmen seien traditionell träge Industriezweige. Der Privatisierungsdruck habe sich deshalb insgesamt positiv auf die Wettbewerbsfähigkeit der öffentlichen Versorger ausgewirkt.
Tillman ist allerdings kein Befürworter schrankenloser Privatisierungen. Er zeigt sich auch skeptisch gegenüber einer radikalen Liberalisierung im Rahmen des Gats-Abkommens der WTO. Wasserversorgungen seien heute natürliche Monopole. Deshalb wäre es falsch, staatliche Monopole durch private Monopole ohne öffentliche Kontrollmechanismen zu ersetzen. Auf der andern Seite sei die Gefahr, dass Wasser verschwendet werde, bei staatlichen Wasserfirmen tendenziell höher.
«Nur wenn Wasser ein beschränktes Handelsgut mit staatlichen Leitlinien ist, können die Anreizsysteme so gesetzt werden, dass in Zukunft mit Wasser nachhaltiger umgegangen wird», lautet Tillmans Fazit.

WWF-Direktor im Fondsbeirat
Während die meisten Nichtregierungsorganisationen (NGO) Privatisierungen von Wasserquellen und Wasserversorgungen generell ablehnen, sitzt Claude Martin, Direktor des WWF International in Gland, im Beirat des SAM-Wasserfonds.
Es gebe durchaus berechtigte Bedenken gegenüber der Privatisierung der Trinkwasserversorgung. Allerdings werde in diesem Zusammenhang auch viel Unsinn gepredigt, hielt Martin fest: Die schlimmsten Wasserverluste durch eine schlechte Infrastruktur gebe es in den öffentlichen Wasserversorgungen der Entwicklungsländer. «Und die allerhöchsten Wasserpreise bezahlen bereits heute die Ärmsten, die Wasser zu horrenden Preisen kaufen müssen.»
Er stehe voll hinter den Prinzipien von SAM, betonte Martin. Die Anlagegesellschaft habe sich mit ihrem Wasserfonds zum Ziel gesetzt, mit nachhaltiger und effizienter Wassernutzung die Wasserkrise etwas mildern zu können. Die Frage sei deshalb nicht, ob private Investitionen in Wasseranlagen überhaupt vertretbar seien. Entscheidend sei vielmehr, dass die Investitionen in die Wasserversorgung, Wasserverteilung und Wasserentsorgung ethisch vertretbar und in Bezug auf die Umwelt nachhaltig seien.
Hans Galli
Quelle: Tagblatt, 21.03.2006

Zu wenig Toiletten. Regierungen, Wasserwerke und Privatunternehmen verantwortlich fuer Abwassernotstand

1,1 Milliarden Menschen haben keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser und 2,6 Milliarden Menschen zu keiner sanitären Entsorgung. Verantwortlich hierfür sei vor allem das Versagen von staatlichen Institutionen und Unternehmen im Wasser- und Abwasserbereich. Dies ist das Fazit des Weltwasserentwicklungsberichts, der gestern in Mexiko City vorgestellt wurde. Der 600 Seiten umfassende Bericht entstand in Zusammenarbeit von 24 UN-Organisationen. Er vermittelt einen systematischen Einblick in globale Wasserprobleme und Ansätze zu deren Lösung.
Im Vergleich zum ersten Weltwasserbericht, der vor drei Jahren veröffentlicht wurde, fällt auf, dass die Ursachen der Probleme viel konkreter und ohne falsche Rücksicht auf die Regierungen betroffener Länder benannt werden. Dass Wasserprivatisierungen in den letzten Jahren gescheitert sind, wird am Beispiel der bolivianischen Provinzstadt Cochabamba dargestellt, wobei der Name des involvierten Unternehmens – des US-Konzerns Bechtel – allerdings unerwähnt bleibt. Im UN-Bericht wird auch ausgeführt, dass der Umfang der Investitionen des Privatsektors im Wasserbereich nicht den Erwartungen entspricht und in letzter Zeit sogar rückläufig ist. Trotzdem, heißt es im Bericht, „wäre es ein Fehler“, auf den Privatsektor verzichten zu wollen.
Laut Bericht sind „Missmanagement, Korruption, das Fehlen angemessener Institutionen, bürokratische Trägheit und ein Mangel an Investitionen zur Ausbildung von Fachleuten und zum Bau von Infrastruktur“ wesentlich für die Misere der Trinkwasserversorgung und Abwasserentsorgung in vielen Ländern verantwortlich. Diese Kritik trifft sowohl die Verantwortlichen von Wasserbetrieben als auch die für Wasserfragen zuständigen Behörden. In dem Bericht wird ausführlich dargestellt, wie ein verantwortungsbewusstes Handeln („good governance“) aussehen kann. Dazu gehöre maßgeblich eine stärkere Partizipation der Bevölkerung.
Auffällig ist, wie stark sich auch in UN-Institutionen mittlerweile die Überzeugung durchgesetzt hat, dass es ein Menschenrecht auf Wasser gibt. Vor einigen Jahren noch haben sich vor allem Aktionsgruppen und soziale Bewegungen für dieses Menschenrecht eingesetzt. Dabei stießen sie damals auf zum Teil massiven Widerstand der Befürworter einer Privatisierung der Wasserversorgung, wie Weltbank und Regionale Entwicklungsbanken. Im neuen UN-Bericht steht nun am Anfang der Zentralen Empfehlungen: „Wir müssen anerkennen, dass der Zugang zu sauberem Wasser ein fundamentales Recht ist.“ Es bestehe eine gemeinsame Verpflichtung, dafür zu sorgen, dass alle Menschen Zugang zu sauberem Trinkwasser und einer sanitären Entsorgung erhalten.
Regierungschefs aus aller Welt hatten im Jahre 2000 in New York eine Liste von Millenniumszielen verabschiedet, die bis 2015 erreicht werden sollen. Dazu zählt die Halbierung der Zahl der Armen, aber auch der Menschen, die keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser haben. Bei der Formulierung der Ziele blieb der sanitäre Bereich unberücksichtigt. Erst zwei Jahre später wurde bei einer Konferenz für nachhaltige Entwicklung in Johannesburg das Ziel hinzugefügt, die Zahl der Menschen mit Zugang zu einer sanitären Entsorgung zu verdoppeln.
Im Weltwasserentwicklungsbericht wird im Detail dargestellt, dass das Millenniumsziel im Trinkwasserbereich zwar global erreicht wird, nicht aber in ohnehin benachteiligten Regionen wie im südlichen Afrika. Das Ziel, die Zahl der Menschen ohne häusliche Abwasserentsorgung zu halbieren, wird hingegen weltweit und in vielen Ländern verfehlt. Aus dem Abschnitt über Äthiopien geht hervor, dass dort nur zehn Prozent der Bevölkerung über eine grundlegende sanitäre Entsorgung verfügen. Dieser Missstand trägt entscheidend dazu bei, dass Durchfallerkrankungen die häufigste Todesursache von Kindern sind.
Notwendig wäre ein verstärkter Einsatz von Entwicklungsgeldern für Wasser- und Abwasserprojekte. Doch das Volumen dieser Mittel stagniert bei drei Milliarden Dollar im Jahr.
Der UN-Bericht soll beim Weltwasserforum in Mexiko City, der kommende Woche beginnt, diskutiert werden – Gelegenheit auch für die deutsche Regierung, sich zu einem entschiedeneren Engagement zur Verwirklichung der Millenniumsziele in diesem Bereich durchzuringen.

www.unesco.org/water/wwap

Quelle: taz, 10.3.2006

Oeffentliches Gut Nahrungsmittel?

Die Basler Zeitung berichtete am 30.12.2006:
„Bern. SDA/baz. Jean Ziegler fordert die Schliessung der Nahrungsmittelbörse von Chicago. Nahrungsmittel dürften nach Ansicht des UNO-Berichterstatters für das Recht auf Nahrung nicht privaten Spekulationen unterworfen werden. Die Preise für Nahrungsmittel müssten vielmehr international vertraglich festgelegt werden, sagte Ziegler in einem am Montag veröffentlichten Interview mit der «Mittelland Zeitung». Nahrungsmittel seien öffentliche Güter und keine Ware wie jede andere. Beim heutigen Produktionsstand könnten problemlos zwölf Milliarden Menschen ernährt werden, also das Doppelte der jetzt existierenden Menschheit, sagte Ziegler weiter. «Der Krieg, den die westlichen Länder zu führen aufgerufen sind, ist der Krieg gegen den Hunger und die Verzweiflung.» Ein weiteres grosses Problem sei die Korruption in Afrika. Diese werde aber von vielen westlichen Grossbanken und Konzernen zur Durchsetzung bestimmter politischer oder wirtschaftlichen Zielen gefördert. Hoffnung setze er deshalb in die 300’000 weltweit agierenden Nichtregierungsorganisationen, sagte Ziegler. Sie seien eine «neue politische Macht, mit der die etablierten Parteien schon jetzt rechnen müssen».“

WEF will Austausch unterschiedlicher Positionen foerdern

DIe Baseler Zeitung berichtet:
Bern. SDA/baz. Das Open Forum 2006 will einen Beitrag leisten zum «beharrlichen Gespräch» zwischen Personen mit unterschiedlichen Positionen. So sitzen sich in diesem Jahr in Davos zum Beispiel der CEO von Nestlé und die ugandische Staatsministerin zum Thema Wasser gegenüber.
Peter Brabeck trifft dabei als Chef des weltweit führenden Trinkwasserproduzenten auf Maria Mutagamba, die Präsidentin der Afrikanischen Konferenz über Wasser. Sie werden mit drei anderen Teilnehmern aus Wirtschaft und Zivilgesellschaft die Folgen der Privatisierung im Wassersektor und die Forderung für ein Menschenrecht auf Wasser diskutieren.
In weiteren sieben Gesprächsrunden werden in der Aula der Mitteschule Davos unter anderem die Bundesräte Moritz Leuenberger, Joseph Deiss und Micheline Calmy-Rey, der Oxford-Professor Timothy Garon Ash, die Publizisten Alice Schwarzer, der NZZ-Journalist Urs Schöttli oder Novartis-CEO Daniel Vasella auftreten.

Dialog
«Dialog ist eine Voraussetzung zum Handeln», sagte der Präsident des Schweizerisch Evangelischen Kirchenbundes (SEK) am Donnerstag vor den Medien in Bern. Und das Open Forum wolle vom 26. bis zum 29. Januar eine Plattform sein für die Diskussion von zentralen Gesellschaftsthemen.
Dazu zählten in diesem Jahr Arbeitsmigration, Steuerwettbewerb, Menschenrechte, Forschung, Frauen an der Macht und die Privatisierung von Wasser. Gemäss Wipf will der SEK dafür sorgen, dass dabei vor allem auch die Fragen der Menschewürde, der wirtschaftlichen Gerechtigkeit und der ökologischen Verantwortung zur Sprache kommen.
Die Veranstaltung unter dem Motto «Grenzen respektieren – überschreiten – verschieben» wird zum vierten Mal vom SEK in gemeinsamer Trägerschaft mit dem World Economic Forum (WEF) in Davos durchgeführt. Ko-Organisatoren sind die Organisationen «Brot für alle», «Terre des hommes» und das Schweizerische Rote Kreuz.

Neuerungen
Nach der Kritik aus den eigenen Reihen nahm der SEK für die diesjährige Ausgabe verschiedene Neuerungen vor: So wurde der Frauenanteil bei den Diskussionsrunden auf mindestens 40 Prozent erhöht. Weiter seien mehr Experten aus dem Süden präsent. Und durch die Verkleinerung der Runden sollen auch die erwarteten 2400 Zuschauer stärker in die Diskussion mit einbezogen werden.
Deutlichere Konsequenzen aus der internen Kritik hat «Brot für alle» gezogen. Anstatt das Open Forum mitzuorganisieren, leitet die Organisation in diesem Jahr nur noch eine Podiumsrunde. «Wir wollten als Entwicklungsorganisation nicht mehr nur den Dialog fördern und uns neutral positionieren», sagte Generalsekretär Reto Gmünder zur Begründung.
Quelle: http://www.baz.ch/news/index.cfm?ObjectID=BF19A428-1422-0CEF-7018CCFD724AF8E2

Kritik an Privatisierung der Fluechtlingsbetreuung

Sydney – Der Tod eines chronisch kranken Kindes aus Afrika kurz nach seiner Ankunft in Sydney hat in Australien eine Debatte über die Privatisierung der Flüchtlingsbetreuung ausgelöst. Der zwei Jahre alte Junge war im November mit seiner Familie aus einem kenianischen Flüchtlingslager nach Australien gekommen und von einem Angestellten des privaten Unternehmens ACL zu einer Wohnung in Sydney gebracht worden. Dort starb der Junge aus Burundi 18 Stunden später an einer Blutkrankheit. Sein Vater, Protais Niyonsaba, sagte, ihm sei für medizinische Notfälle eine Telefonnummer gegeben worden. Doch spreche er kein Englisch und habe noch nie in seinem Leben telefoniert. ACL-Direktorin Helen Zimmerman erklärte dagegen, der Familie seien sofort eingehende medizinische Untersuchungen angeboten worden. Diese habe der Vater unter Verweis auf die Erschöpfung nach der langen Reise abgelehnt.

Gewinn
Die Regierung verteidigte die Privatisierungsentscheidung am Freitag. Einwanderungsminister John Cobb sagte dem australischen Radio, für die Familie sei gesorgt worden. Der Betreuer habe ihre Sprache gesprochen und sich viel Zeit genommen. Kritiker erklärten, privaten Unternehmen gehe es in erster Linie um ihren Gewinn. Die Opposition forderte eine Untersuchung. ACL wies am Freitag weitere Vorwürfe zurück, zwei Schwestern aus Afrika seien in einen Haus ohne ausreichende Nahrung zurückgelassen worden. (APA/AP)
Quelle: http://derstandard.at/?id=2290192