Bisher groesstes PPP-Projekt in Europa

Herkules heißt das Projekt von IBM und Siemens mit der Bundeswehr, mit dem versucht werden soll, die IT-Landschaft im deutschen Militär zu vereinheitlichen. Es soll einen Meilenstein bilden auf dem Weg zur Verbetriebswirtschaftlichung von Steuerungsabläufen in der Bundeswehr und gilt als derzeit größtes PPP-Projekt in Europa (vgl. Wikipedia).
(Das Foto zeigt glückliche Menschen, die gerade mehr als 7 Milliarden Euro öffentlicher Gelder für den privat-profitablen Ausbau militärischer Infrastruktur verschoben haben.)

P/OeG Newsletter Februar/Maerz 2007

1. neue Sammlung von Recherche-Instrumenten
2. Grenzen der Nachhaltigkeit: Eigentum an Boden und Produktionsmittel
3. Bildungsprivatisierung: Schulen
4. Sparkassen und Landesbanken unter Privatisierungsdruck
5. Termine/Konferenzen

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1. Recherche-Instrumente bei p/ög
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wemgehoertdiewelt.de bekommte jetzt eine kleine Linksammlung – und zwar
mit ausgesuchten Recherche-Instrumenten und Datensammlungen zum
Themenfeld, zu finden bei
http://www.rosalux.de/cms/index.php?id=12791
Die Liste wird nach und nach wachsen, damit die Perlen aus dem Blog
nicht im digitalen Rauschen untergehen.

2. Grenzen der Nachhaltigkeit:
Privateigentum an Boden und Produktionsmittel
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In Mexico wird der Mais knapp und die Tortilla teuer. Der Regenwald in
Brasilien muss Zuckerrohr-Monokulturen weichen, ebenso wie der
Dschungel auf Sumatra den Ölpalmen-Plantagen. Und alles für die
Gewinnung regenerativer Treibstoffe, damit der Mobilitätswahn im
globalen Kapitalismus etwas grüner werde. Konzepte die sich zwar
„nachhaltig“, „bio“ oder „öko“ nennen, sich aber keine Rechnung ablegen
über die grundlegenden ökonomischen Vergesellschaftungsformen unter
deren Bedingungen produziert wird, geraten angesichts solcher Phänomene
in Zwickmühlen. Wer allerdings die Frage nach dem Zweck von
Privateigentum an landwirtschaftlicher Produktionsfläche und -mitteln
unter den Bedingungen kapitalistischer Globalisierung nicht aus den
Augen verliert, den überraschen Umweltzerstörung und soziale
Verelendung als Auswirkung „grüner“ Politikansätze aus dem Norden
überhaupt nicht. Was der frühen grünen Basis-Bewegung noch wenigstens
implizit klar war in ihrem Plädoyer für kurze Wirtschaftskreisläufe und
kleine Einheiten, das haben die IdeologInnen des „Grünen Kapitalismus“
(Böll-Stiftung) und der „Grünen Marktwirtschaft“ (Grüne
Bundestagsfraktion) verdrängt und vergessen: Dass echte Nachhaltigkeit
ohne theoretische und praktische Kritik kapitalistischer
Wachstumsdynamik und ihrer Eigentumsform nicht zu haben ist.

Tortilla-Krise in Mexico
http://www.heise.de/tp/r4/artikel/24/24543/1.html
Selbtorganisation in Mexico in der Anderen Kampagne
http://www.zmag.de/artikel.php?id=2014

Zuckerrohr für Bio-Sprit in Brasilien
http://www.stern.de/wirtschaft/unternehmen/maerkte/:Biosprit-Acker-Das-
Gold/583099.html
Die brasilianische Bewegung der Landlosen
http://www.labournet.de/internationales/br/landlose.html

Die Ölpalme
http://de.wikipedia.org/wiki/%C3%96lpalme
Indigene Proteste gegen Abholzungen in Sumatra
http://www.rimba.com/spc/spcpenan7.html

3. Bildungsprivatisierung: Schulen
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Die Privatisierung der Schulen scheint vielen undenkbar. Nachdem gegen
die Privatisierung der Unis nur noch Rückzugsgefechte stattfinden,
heißt das interessierte Ziel jetzt aber immer offener „Jede Schule ein
kleines Unternehmen“, wie der Freitag schon 2006 titelte –
http://www.freitag.de/2006/31/06310801.php . Im Februar diesen Jahres
war die Schulprivatisierung dann wieder mal im Gespräch. Um eine
Inwertsetzung dieser Sphäre bemüht sich z.B. der Bertelsmann-Konzern
schon länger. ´Running school´ – damit läßt sich noch mehr verdienen
als nur mit den staatlich garantierten Einnahmen aus dem
Schulbuchverkauf. Dem „Projekt »BERTELSMANN-Schulen«“ widmet sich ein
Open-Theorie-Projekt: http://www.opentheory.org/bertelsmann-schulen/
Das Projekt geht auf einen Artikel Rolf Jüngermann zurück, in dem er in
sympathischer Weise die Eigentumsfrage stellt: „Enteignet Bertelsmann –
PUBLIC EDUCATION IS NOT FOR SALE“ –
http://www.bipomat.de/momo/momo.html . Im Augenblick haben die
Privatisierer noch mit Akzeptanzproblemen zu kämpfen und verhalten sich
entsprechend: Den Türöffner bilden jedoch schon seit längerem
PPP-Projekte zur Instandsetzung/-haltung von Schulgebäuden und die
Bewirtschaftung der Pausenbrotstände. Das wird klar z.B. mit einem
Blick über die Presseschau zur Schulprivatisierung (mit starkem
Hessen-Bezug) von Wilhelm Rühl, http://www.meinepolitik.de/privbild.htm

4. Sparkassen und Landesbanken
Ein Korrektiv zum Privatbankensektor gerät unter Privatisierungsdruck
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Knapp die Hälfte des Spar- und Kreditgeschäfts wird in Deutschland von
öffentlichen Sparkassen und Landesbanken sowie von
Genossenschaftsbanken abgewickelt – von Kreditinstituten also, die
nicht das Ziel der unbedingten Gewinnmaximierung verfolgen. Weil sich
diese Kreditinstitute – anders als die privaten Banken – nicht den
Renditeer­wartungen der deregulierten Finanzmärkte unterwerfen müssen,
können sie gesellschaft­liche Aspekte in ihrer Geschäftspolitik
berücksichtigen. Angesichts beschleunigt fort­schreitender
Privatisierungstendenzen ist die Existenz dieses Korrektivs gefährdet:
An­zeichen hierfür waren die Teilprivatisierung der Landesbank HSH
Nordbank und die Aufweichung des Sparkassen-Bezeichnungsschutzes im
vergangenen Jahr. Aktuell sorgen der Verkauf der Landesbank
Berlin/Berliner Sparkasse, die Novellierungen der
Landes­sparkassengesetze in NRW und Hessen und die EU-Kritik an
angeblichen Wettbewerbs­verzerrungen durch Sparkassen und
Genossenschaftsbanken für weitere Angriffe auf das Geschäftsmodell der
Sparkassen. Der verlinkte Text (von Axel Troost und Martin Mathes, 17
Seiten Text, 2 Seiten Antrag, PDF) gibt einen Überblick über die
aktuel­len Privatisierungs-Entwicklungen, nachdem zuvor die Bedeutung
öffentlicher Kreditin­stitute für das Kredit- und Spargeschäft
dargestellt und Entwicklungstendenzen innerhalb des öffentlichen
Bankensektors skizziert wurden.

http://www.rosalux.de/cms/uploads/media/Sparkassen_und_Landesbanken.pdf

5. Termine/Konferenzen
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Tagung „Die Bahn ist keine Ware“ am 17. und 18. März in Berlin.
http://www.bahn-ist-keine-ware.de
Am Abend findet die Premiere des Dokumentarfilms „Bahn unterm Hammer“
statt – u.a. unterstützt durch die RLS – mit anschließender
Diskussionsveranstaltung und Party. Im Berliner Filmtheater Babylon,
Berlin-Mitte (Rosa-Luxemburgstr.30), Samstag, den 17.03.07 um 20 Uhr

***

LAC2007 – die 5. Internationale Linux Audio Conference wird stattfinden
vom 22.-25. März 2007 an der TU Berlin.
„LAC2007 aims at bringing together developers and users of Linux and
open source audio software with the target of information sharing,
project discussion and music. Highlights: Public Talks and Workshops,
Concerts, Tutorials, Proceedings, Live Audio/Video Stream“
http://www.kgw.tu-berlin.de/~lac2007/index.shtml
* Free admission to all events except the concerts

***

Gut zum Programm De-Privatisierung passt die Ent-Prekarisierung –
soziale Sicherheit als öffentliches Gut und die notwendigen Kämpfe
dafür. Eine Veranstaltungsreihe dazu von fels (für eine linke
Strömung), Berlin
http://www.nadir.org/nadir/initiativ/fels/de/2007/03/352.shtml

***

Die Konferenz re:publica – http://www.re-publica.de/programm/ – greift
als Konferenz das auf, was einige unter “Web 2.0″, andere unter “Open
Source” oder “Social Media” verstehen: Soziale Netzwerke, Blogs,
Podcasts, Videocasts, Online- und Offline-Communities und -Services –
all diese Phänomene sind Themen bei re:publica ebenso wie deren
Hintergründe, die Philosophie, die Prinzipien, die rechtlichen
Grundlagen der sozialen (R)evolution im Netz.
Am 11. bis 13.4. in Berlin, Kalkscheune, Mitte.

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We like to invite all of you to support this project, to come to the
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Mario Candeias: mic-at-candeias.de
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LabourNet ueber Privatisierung durch Partnerschaft im Bildungsbereich

»Öffentlich-Private-Partnerschaften« (ÖPP) oder neudeutsch »Public-private-Partnership« (PPP) bezeichnet ein Konzept, mit dem öffentliche Dienstleistungen bereits seit einiger Zeit ausgegliedert und privatisiert werden.
http://www.labournet.de/diskussion/wipo/gats/ppp_maaz.html gibt am Beispiel des staatlichen Hochbaus, genauer: des Schulbaus, einen kurzen Einblick in dieses Thema.

PPP – Normalskandal

Die FAZ  vom 4.1.07 berichtet:
Es geht um Geld. Viel Geld. Vier Millionen Euro. So viel mehr soll es gekostet haben, den Auftrag an das Mannheimer Finanzinstitut Süd-Leasing zu vergeben und das Zentrum vom Stuttgarter Unternehmen Müller-Altvatter bauen und 20 Jahre lang betreiben zu lassen. Das behauptet zumindest das Revisionsamt. Die Behörde ist wichtig: Sie ist die Innenrevision der Kommune, und Ulrich Uebele, ihr Leiter, ist in der Kämmerei seit Monaten nicht sonderlich beliebt. (…) Uebele hat sich Feinde gemacht, weil er an einer vermeintlichen Wahrheit rüttelte: der weltweit von Privatisierungsjüngern gepredigten Annahme, dass ein Unternehmen stets günstiger baut als die öffentliche Hand. Private seien effizienter, begingen weniger Fehler und arbeiteten schneller, heißt es. Dass ÖPP erst in Mode kam, als die Kommunen chronisch pleite waren und nicht einmal mehr ihre Schulen sanieren konnten, sagen die Jünger nicht. Sie loben jedes der vielen ÖPP-Modelle, denen allen eine Annahme zugrunde liegt: Je komplexer ein Bauvorhaben ist, desto eher rentiert sich ein Generalunternehmer, der sich anstelle der Kommune um jedes Detail kümmert.

Vielleicht war das Bildungszentrum nicht komplex genug, vielleicht hat die Kämmerei nicht gut verhandelt, vielleicht hat sich Uebele aber auch einfach verrechnet. Wer weiß das schon? Uebeles Leute jedenfalls prüften die Unterlagen und kamen im Juni 2003 – wenige Tage bevor die Stadtverordneten dem ÖPP-Verfahren zustimmen sollten – zu dem Ergebnis, eine Vorlage des Magistrats zur Auftragsvergabe sei „nicht beschlussreif“. Zahlen wurden nicht veröffentlicht, aber in den Unterlagen heißt es, es sei „grundsätzlich zu beanstanden“, dass „nicht auf die zentrale Frage eingegangen wurde, weshalb dem dargestellten Mietkaufkonzept gegenüber der herkömmlichen Erstellung eines Neubaus der Vorrang eingeräumt wurde“. Die Stadtverordneten störte das nicht: Sie beschlossen das Projekt. Auch die Sozialdemokraten hoben die Hand.
„So ein Schriftstück existiert nicht“
Hätten die Stadtverordneten damals nachgefragt, müssten sie heute nicht nach einem Papier suchen, das eine Entscheidung begründen soll, die sie vor Jahren mitgetragen haben. Denn was das Revisionsamt 2003 schon ahnte, gibt der zuständige Abteilungsleiter in der Kämmerei, Frank Heudorf, jetzt zu: „So ein Schriftstück existiert nicht.“ (…) Anfang dieses Jahres präsentierte Uebeles Behörde einen rund 70 Seiten starken internen Bericht, in dem sie die Vorwürfe von 2003 wiederholte und ausführlich begründete, warum ein Bau in städtischer Eigenregie samt Betrieb bis 2025 günstiger gewesen wäre: von „sehr hohen Transaktionskosten“ ist da die Rede, verursacht von privaten Beratern; und von deutlich zu hohen Betriebskosten, weil an der Wärmedämmung gespart worden sei. Mehrkosten: eben jene vier Millionen Euro.(…) Die Kämmerei ließ den bekannten Gutachter Hans Wilhelm Alfen rechnen – für mehrere zehntausend Euro, wie zu hören ist. „Guter Rat ist eben teuer“, sagt einer, der sich auskennt.“
Etc.

P/OeG Newsletter Oktober/November 2006

1. Konferenzbericht „Wasser ist keine Ware“
2. Privatisierung Immobilien/Wohnraum
3. Termine/Konferenzen/neue Literatur
4. „Frisch gebloggt“ (Neues im P/ÖG – Weblog)

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1. Wasserprivatisierung und Nachhaltigkeit
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„Wasser ist keine Ware“. Mit diesem aus der globalisierungskritischen
Bewegung stammenden Slogan ist die Stimmung gut beschrieben, die sich
im Verlauf der 2. Internationalen Nachhaltigkeitskonferenz der RLS am
26. und 27. Oktober 2006 abzeichnete. Zwei Tage lang diskutierten
Wissenschaftler, Aktivisten und Politiker aus Südafrika, Uruguay,
Venezuela, Bulgarien, Großbritannien, Österreich und Deutschland in
fünf Workshops und vier Podiumsdiskussionen mit rund 80 Teilnehmenden
teilweise höchst kontrovers die Auswirkungen der Kommerzialisierung
von Wasser für nachhaltige Entwicklung.
Komplette Dokumentation der Veranstaltung (bald auch mit Audio-
Dateien zum Anhören, für jene, die nicht kommen konnten):
http://www.rosalux.de/cms/index.php?id=11868&type=0

***

Infos zur WRRL
Auch die Wasserrahmenrichtline besagt: „Wasser ist keine übliche
Handelsware, sondern ein ererbtes Gut, das geschützt, verteidigt und
entsprechend behandelt werden muß.“ Die Wasserrahmenrichtlinie (WRRL)
ist die erste EU-weit verbindliche Regelung, die eindeutig Bezug
nimmt auf ökonomische Instrumente zur Umsetzung umweltpolitischer
Zielsetzungen. Die Grüne Liga betreibt ein Informationsportal zum
Thema Wasserrahmenrichtlinie, unter
http://www.wrrl-info.de

***

Aqualibrium
Ein Webportal präsentiert die Ergebnisse des Forschungsprojekts
Aqualibrium, aus 14 EU-Ländern Berichte zu Stand und Debatte um die
Privatisierung und Kommerzialisierung von Wasser, mehr dazu unter
http://www.wrrl-info.de

***

Bericht der UNDP zur globalen Wasserkrise
Human Development Report 2006 von UNDP zum Thema „Beyond scarcity:
Power, poverty and the global water crisis“, jetzt zum Download unter
http://hdr.undp.org/hdr2006

2. Privatisierung Immobilien/Wohnraum
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Einen Schwerpunkt in wemgehoertdiewelt.de bildeten in den letzten
beiden Monaten Meldungen über Wohnungsprivatisierungen und Kämpfe
dagegen.
So sieht die Zeitung ‚Die Welt‘ einen Wendepunkt am Wohnungsmarkt,
anderswo sind Proteste von Mieterorganisationen erfolgreich:
bestimmte Wohnungen werden nicht verkauft. Die Freiburger erreichen
ähnliches mit ihrem Bürgerentscheid gegen die lokalen
Privatisierungspläne, während in Berlin schon wieder die Gelegenheit
lockt: Ein Kaufangebot der Gehag für die marode WBM. Die FU-Berlin
hat (schon länger) eine Dissertation über die Privatisierungen des
Landes Berlin online. Andere machen Lobby für den
Wohnungsprivatisierungsmarkt, während die sogenannten Real Estate
Investment Trusts (REITs) heftig in der Diskussion sind. Das ganze
wird beforscht und dafür gibt’s sogar Geld: eine
Forschungmittelausschreibung zu einem neueren Begriff der Diskussion
um Privatisierung öffentlicher Wohngesellschaften.
Das alles und mehr in der Kategorie ‚Wohnen‘ im p/ög-Blog:
http://www.rosalux.de/cms/index.php?id=ppg&tx_ttnews[cat]=48

3. Termine/Konferenzen
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Für kurz Entschlossene:
Die SPD Friedrichshain-Kreuzberg läd herzlich ein zur Veranstaltung
„Schlanker Staat? Grenzen der Privatisierung“ mit: Prof. Ernst Ulrich
von Weizsäcker. Herausgeber des neuen Berichtes an den Club of Rome
„Grenzen der Privatisierung. Wann ist es des Guten zu viel?“, sowie:
Stefan Zackenfels, MdA, Vorsitzender Unterausschuss für
Beteiligungsvermögen und Gerlinde Schermer, Sprecherin des linken
Donnerstag-Kreises der SPD, Moderation: Martin Stürmer (Mitautor)
Wann? am Donnerstag, 23. November 2006, 18 Uhr in der St. Thomas
Gemeinde am
Mariannenplatz, Gemeindehaus, Bethaniendamm 25, 10997 Berlin.

Heribert Prantl kommentierte das Buch in der Süddeutschen Zeitung (Nr.
255, 06.11.2006, S. 4) übrigens folgend:

„….Wenn der Staat immer weniger Gestaltungsmacht hat – was kann der
Bürger dann noch demokratisch mitgestalten? Der Rückzug des Staates
darf nicht so weit gehen, dass er sich selbst in Frage stellt. Er
muss ein Mindestmaß an Sicherheit für seine von Zukunftsängsten
gebeutelten Menschen bieten. Wenn sie das Gefühl haben, dass die
staatliche Ordnung das nicht mehr leisten kann oder will, schwindet
ihre Loyalität zu Staat und Staatsform. Der Bundespräsident hat mit
seiner Weigerung, die Privatisierung der Flugsicherung zu
unterschreiben, das Nachdenken über die Grenzen der Entstaatlichung
befördert. Das Verfassungsgericht hat mit der Erlaubnis, öffentliche
Aufträge an soziale Bedingungen zu knüpfen, der Politik einen neuen
Weg gewiesen. Vielleicht wird daraus ja ein neuer Frühling des Staates.“

***

Kongress: Solidarische Ökonomie, Berlin
Vom 24. bis 26. November 2006 findet in den Räumen der Technischen
Universität der „Kongress Solidarische Ökonomie. Wie wollen wir
wirtschaften?“ statt.
Unter anderem mit Themen wie „Daseinsvorsorge in Bürgerhand: Wasser
und Strom“, „Perspektiven rückeroberter Betriebe“ oder „alte und neue
Kooperativen in Venezuela“.
http://www.solidarische-oekonomie.de

***

Seminare gegen die 9. Vertragsstaatenkonferenz der Konvention über
biologische Vielfalt 2008 in Deutschland. G8 zu COP 9!
Die BUKO-Kampagne gegen Biopiraterie beteiligt sich an den Protesten
gegen den G8-Gipfel 2007 in Heiligendamm: „Wir wollen unterbinden,
dass biologische Vielfalt und traditionelles Wissen weiterhin zur
grünen Beute von Konzernen werden. Wir sehen aber auch die
Kontinuität dieser neuen Form des Kolonialismus, bei der das G8-
Treffen nur ein Forum unter vielen ist. Nach der Enteignung von Land
und der Versklavung von Menschen im Laufe der kolonialen Eroberung
der Welt ist Biopiraterie eine weitere große Enteignungswelle im
Rahmen der kapitalistischen Expansion.“, siehe zu den Terminen der
Kampagne gegen Biopiraterie unter http://www.biopiraterie.de

***

Wie an anderer Stelle von uns berichtet, führte die Berliner
MieterGemeinschaft e.V. im Februar 2006 eine Konferenz mit dem Titel
„Privatisierung in Berlin – Ist Privatisierung nur eine Folge ‚leerer
Haushaltskassen‘ oder ein Instrument globaler Verwertungsstrategie?“
durch. Etwa 200 Interessierte verfolgten im DGB-Gewerkschaftshaus die
Diskussionen zu den Bereichen Wohnungsversorgung, Wasser, PPP und
Gesundheit. Während der Konferenz wurde ohne Gegenstimmen eine
Resolution beschlossen. Die Konferenz – aktueller denn je – ist
komplett aufgezeichnet worden und kann angehört werden unter
http://www.bmgev.de/privatisierung/konferenz-dokumentation/vortraege-
mp3/index.html

***

Individualität und Eigentum
Zur Rekonstruktion zweier Grundbegriffe der Moderne hat Christian
Schmidt jetzt seine Dissertation publiziert. Sowohl Individualität
als auch Eigentum erhielten ihren heutigen Sinn erst mit den
bürgerlichen Revolutionen. Die ökonomische Ordnung des Kapitalismus
beruht auf der als Besitz bekannten Zuordnung von Dingen zu Personen
und der strikten Trennung von Eigentum und Person. Christian Schmidt
rekonstruiert die beiden Grundbegriffe der Moderne und diskutiert
dabei Fragen der Entfremdung, des geistigen Eigentums und des
Eigentums im Sozialismus, mehr unter
http://www.terrashop.de/16156011/direktlink/bk_info.php

***

Copyright & Copyriot
Über die Kommerzialisierung digitalisierten Wissens, die
Aneignungskonflikte im informationellen Kapitalimus und zur Frage
„was ist Eigentum“, schreibt Sabine Nuss in ihrer Dissertation, jetzt
erschienen im Dampfbootverlag, siehe:
http://www.dampfboot-verlag.de/buecher/647-5.html

3. „Frisch gebloggt“
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Gutes Weblog zum Thema Ungleichheit
www.esztersblog.com ist ein cooles Weblog aus dem Forschungs- und
Lehralltag einer Wissenschaftlerin in Kalifornien. So berichtet sie
z.B. von der Berkeley-Harvard-Inequality-Group und von ihren
Diskussionsveranstaltungen mit Themen wie etwa
„Informationstechnologie und Ungleichheit“.

„(Anti-)Privatisierung“
Die WASG bringt ihren Newsletter am 15.11.2006 als Extra-Ausgabe zum
Thema „(Anti-)Privatisierung“ heraus. Besonders schön: die Initiative
zum „Privatisierungs-Watching“, unter info.w-asg.de/uploads/media/
newsletter_2006-extra-2.pdf

Wer hat Geld für einen kritischen Dokumentarfilm?
Ein kritisches Dok-Film-Projekt betreibt Foundraising: http://
www.bahn-unterm-hammer.de

IfW Kiel macht jetzt auch in Öffentlichen Gütern
Das Institut für Weltwirtschaft in Kiel hat jetzt ein eigenes
Forschungsprogramm aufgelegt für „Öffentliche Güter und
Wirtschaftspolitik“, unter
http://www.uni-kiel.de/ifw/prog2/prog2.htm

und ein bisschen in eigener Sache:

Domain Confusement
who-owns-the-world.org is the english frontpage of the webpage you
are visiting right now.
who-owns-the-world.com is the promotion webpage for a new book about
worldwide landownership

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workshops and to send information and empirical and theoretical
material to the mailing-list.

With best regards
Dieter Klein: klein-at-rosalux.de
Rainer Rilling: rilling-at-rosalux.de
Sabine Nuss: nuss-at-rosalux.de
Ingo Stützle: istuetzle-at-so36.net
Markus Euskirchen: m-at-euse.de
Andrej Holm: a.holm-at-rz.hu-berlin.de

ppg network:
Rosa Luxemburg Foundation
Research Group Political Analysis
Franz-Mehring Platz 1
D-10243 Berlin
Germany

http://wemgehoertdiewelt.de
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Fax: +49 (030) 44310-222
_______________________________________________
rls-ppg mailing list
rls-ppg@lists.rosaluxemburgstiftung.de
http://lists.rosaluxemburgstiftung.de/mailman/listinfo/rls-ppg

Public Private Partnership-Projekte: Private Gewinne und gesellschaftliche Risiken?

Verdi-Tagung am 30.11. 2006 in Berlin im Deutschen Architektur Zentrum (DAZ), Köpenicker Str. 48-49, 10179 Berlin-Mitte (ca. 10 Min. Fußweg ab ver.di-Haus)
Flyer: http://kommunalverwaltung.verdi.de/veranstaltungen/data/061010%20Flyer_PPP-Tagung.pdf

Die jahrelange Krise der öffentlichen Finanzen und der daraus entstandene Investitionsstau und Druck in Richtung eines „schlanken Staates“, der immer weniger Dienstleistungen in Eigenerstellung anbietet, haben zur Entwicklung zahlreicher unterschiedlicher Formen von PPP-Projekten in Bund, Ländern und Gemeinden geführt. Diese Formen der privat-öffentlichen Zusammenarbeit werden von der Gewerkschaft ver.di überwiegend kritisch gesehen. Im Jahr 2005 hat der ver.di-Bundesvorstand eine politische Position zu diesen Privatisierungsprozessen beschlossen. Inzwischen liegen einerseits weitere praktische Erfahrungen in unterschiedlichen Fachbereichen vor, andererseits gibt es auch verstärkt politische Bestrebungen, die steuerlichen, vergaberechtlichen und andere gesetzliche Rahmenbedingungen für PPPs so zu verändern, dass diese Modelle eher noch weiter gefördert werden. Wir wollen die bisherigen Erfahrungen mit PPP austauschen und bewerten und über mögliche Alternativen und gewerkschaftliche Handlungsstrategien diskutieren. Dazu soll diese Tagung ein Angebot sein.

Wir bitten um Anmeldung mit dem im Flyer enthaltenen Vordruck per Fax bis zum 15.11.06. Da wir nur eine begrenzte Zahl von Plätzen haben, wird eine Teilnahmebestätigung erfolgen. Reisekosten können von uns nicht übernommen werden. Das Tagungsprogramm ist dem beigefügten Flyer zu entnehmen. Für Rückfragen stehen die Kolleginnen Birgit Ladwig (Tel . –1033, birgit.ladwig@verdi.de) und Bernadette Kujawa (Tel. –1029, politik-und-planung@verdi.de) gerne zur Verfügung.

Neue Publikation: Schleichende Privatisierung. Kritik der deutschen und internationalen Entwicklungshilfe im Wassersektor

Für das Forschungs- und Dokumentationszentrum Chile-Lateinamerika (FDCL) und die Berliner Landesarbeitsgemeinschaft Umwelt und Entwicklung (BLUE 21) legt Thomas Fritz eine aktuelle Bestandsaufnahme und Kritik der modernisierten Privatisierungsstrategie der deutschen und internationalen Entwicklungszusammenarbeit im Wassersektor vor. Download als pdf: http://www.fdcl-berlin.de/index.php?id=678

Trotz zahlreicher Rückschläge und teilweisem Rückzug einzelner Wasserkonzerne aus Entwicklungsländern halten die bilaterale und multilaterale Entwicklungshilfe unbeirrt an ihren Privatisierungszielen fest. Selbst die in mehreren Evaluierungen bestätigte, vollkommen mangelhafte Armutswirkung der deutschen Wasserprojekte führt zu keiner Trendumkehr. Im Gegenteil: Zunehmend deutlicher kristallisiert sich eine lediglich modifizierte Strategie schleichender, schrittweiser Privatisierung heraus. Es ist zu befürchten, dass diese Strategie in das geplante neue Wasserkonzept des Bundesentwicklungsministeriums Eingang findet.

Diese neue Publikation der beiden Berliner entwicklungspolitischen Organisationen stellt zum einen die wichtigsten Privatisierungstrends auf multilateraler Ebene dar, in die sich die deutsche Entwicklungshilfe bruchlos einfügt. Zum anderen schildert sie die ernüchternden Erfahrungen mit den deutschen Public-Private-Partnerships im Wassersektor. Am Beispiel Boliviens liefert sie Einblicke in die undemokratische Privatisierungspraxis der beiden deutschen Entwicklungsagenturen GTZ und KfW. Das Papier kommt zu dem Schluss, dass sich entgegen aller offiziellen Mythen die Wasserprivatisierung als überaus ineffizient erweist. Während die erhofften Neuinvestitionen äußerst gering ausfallen, werden öffentliche Kassen und Gebührenzahler zunehmend geschröpft.

Inhalt:

1. EINFÜHRUNG
2. PRIVATISIERUNGSSTRATEGIE DER MULTILATERALEN ENTWICKLUNGSZUSAMMENARBEIT
2.1. Trotz Misserfolgen: Die Wasserprivatisierung geht weiter
2.2. Die neue Konditionalität der Privatisierung
2.2.1. Ownership und Selektivität
2.2.2. Die Formierung des Hilfskartells
2.3. Die Weltbank: Finanzier und Ideologe der Privatisierung
2.3.1. Die Private Sector Development Strategy
2.3.2. Output-based Aid
2.3.3. Exklusive Finanzierung statt explizite Konditionalität
2.3.4. Die Water Resources Sector Strategy
2.3.5. Ideologischer Kampf um Finanzierungsbedarf
2.3.6. Der Mythos von der Mobilisierung privaten Kapitals
2.3.7. Riskante internationale Finanzierung
2.3.8. Kostendeckende Tarife: Die Ärmsten schröpfen
2.4. Harmonisierung der Geberpraktiken: Die Rolle der OECD
2.4.1. Die Entstaatlichung des Wassersektors
2.5. Die Globalisierung der Lieferbindung: Multi-Geber-Initiativen
2.5.1. Public-Private Infrastructure Advisory Facility
2.5.2. Emerging Africa Infrastructure Fund
2.5.3. Water and Sanitation Program
2.5.4. Global Water Partnership
2.5.5. European Water Initiative und EU Water Facility
3. PRIVATISIERUNGSSTRATEGIE DER DEUTSCHEN ENTWICKLUNGSZUSAMMENARBEIT
3.1. Die Fusion von Entwicklungshilfe und Wirtschaftsförderung
3.1.1. Bedeutung der deutschen Entwicklungshilfe im Wassersektor
3.1.2. Deutsche Interessen am globalen Wassermarkt
3.1.3. Neoliberales Staatsverständnis des Entwicklungsministeriums
3.1.4. Das Dogma der „Entwicklungspartnerschaft“
3.2. Erfahrungen mit deutschen Public Private Partnerships im Wassersektor
3.2.1. PPPs: teuer…
3.2.2. … und ineffizient
3.2.3. Armutsorientierung mangelhaft
3.2.4. Schleichende Privatisierung
3.2.5. Manufacturing Consent
3.3. Mit dem Strom schwimmen: Deutsche Ziele in den Entwicklungsbanken
3.4. Bolivien: Die ‚ehrlichen Makler‘ in Aktion
3.4.1. Das Gesetz 2029 und die Enteignung der Wasserkomitees
3.4.2. Rollenkonflikt: Die GTZ als Moderator und Partei
3.4.3. Der deutsche Plan Bolivia
3.4.4. Widerstand gegen Aktienmodell
3.4.5. Aguas del Illimani: Deutschland greift ein
3.4.6. Entwicklungszusammenarbeit versus Demokratie
3.5. Weiter auf dem Privatisierungspfad: Empfehlungen der BMZ-Gutachten
4. DER PRIVATISIERUNG WIDERSTEHEN
5. ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS
6. LITERATUR

Weitere Informationen finden sich unter: http://www.fdcl-berlin.de/index.php?id=678

Diese Publikation ist Teil des Projektes „Schleichende Privatisierung. Das „deutsche Modell“ der Wasserversorgung in Bolivien“, gefördert von der Bewegungsstiftung. Weitere Informationen dazu finden sich unter: http://www.fdcl-berlin.de/index.php?id=597

Unternehmensgruen will Einzelfaelle betrachten

Der Bundesverband der grünen Unternehmen äußerst sich zu Privatisierung und PPP. Um das Fazit des 6seitigen Policy Papers vorwegzunehmen:

„UnternehmensGrün sieht in PPP ein wachsendes Betätigungsfeld gerade für mittelständische Unternehmen und regionale Finanzierungsinstitute. Eine befürwortende oder ablehnende Aussage kann jedoch wegen der sehr unterschiedlich gestalteten Projekte nur im konkreten Einzelfall gegeben werden.“

Moderne Raubzuege

In der Jungen Welt vom 1.4.06, S. 10 beschreibt Sahra Wagenknecht, wie deutsche Großbanken in Zusammenspiel mit der EU-Kommission, dem Berliner Senat und der Anwaltskanzlei Freshfields die Privatisierung von Sparkassen durchsetzen wollen.
Privare = rauben (Latein). Damit ist über das Wesen von Privatisierungen eigentlich alles gesagt. Es geht um den Raub von gesellschaftlichem Vermögen und die Umleitung von Einnahmen (Zinsen, Mieten, Dividenden u.a.) auf private Konten bei gleichzeitiger Abwälzung von Schulden, Risiken und sonstiger »Altlasten« auf die Allgemeinheit. Erwünschter Nebeneffekt ist die Zerschlagung organisierter Kernbelegschaften im öffentlichen Dienst, um künftigen Streikaktionen vorzubeugen und flächendeckend Löhne senken zu können.
Zum Gelingen derartiger Raubzüge tragen verschiedene Akteure bei. So bedienen sich die Großbanken und Konzerne willfähriger Anwaltskanzleien zur juristischen Absicherung ihrer Beute; hinzu kommen unerfahrene oder korrupte Politiker, die auf kurzfristige Privatisierungserlöse schielen, ohne die langfristigen Folgen zu berücksichtigen, und Institutionen wie die EU-Kommission, die keine Gelegenheit auslassen, die Privatisierung öffe ntlicher Güter im Interesse des Großkapitals voranzutreiben. Wie die verschiedenen Akteure zusammenwirken und welche Tricks sie anwenden, um eine Privatisierung selbst in jenen Bereichen zu erzwingen, in denen die Widerstände gegen einen Ausverkauf öffentlicher Güter groß sind, soll im Folgenden am Beispiel der Berliner Sparkasse beschrieben werden.
Lobbypartner EU-Kommission
Das aus Sparkassen, Genossenschaftsbanken und Privatbanken gebildete Drei-Säulen-Modell in Deutschland ist den privaten Großbanken schon lange ein Dorn im Auge. Schließlich verhindert es die Übernahme von Sparkassen und steht damit einer Machtkonzentration im deutschen Bankenmarkt im Weg. Daß die deutschen Banken »im Geschäft mit Privatkunden unter der Konkurrenz der Sparkassen leiden und daher nicht annähernd an die Ergebnisse ihrer ausländischen Konkurrenz herankommen« (Handelsblatt 3.8.04) ist ein Verslein, das die deutsche Bankenlobby bei jeder sich bietenden Gelegenheit wiederholt. Sie weiß, wo sie hinwill.
In Italien etwa wurde im Gefolge einer rüden Privatisierungspolitik der Marktanteil des staatlichen Bankensektors von 75 Prozent Anfang der neunziger Jahre auf nur noch zehn Prozent heruntergedrückt. Parallel zu diesem Prozeß explodierten die Gebühren für Bankdienstleistungen. Im Ergebnis kostet ein Girokonto in Italien heute doppelt so viel wie im europäi schen Durchschnitt.
In Deutschland hingegen ist der Widerstand gegen eine Privatisierung von Sparkassen nach wie vor groß. Folgerichtig suchte und sucht der Bundesverband Deutscher Banken nach Bündnispartnern in Brüssel. Mit Erfolg: 2005 wurden nach einem Entscheid der Europäischen Kommission die Staatsgarantien für öffentlich-rechtliche Kreditinstitute abgeschafft, was die Sparkassen und Landesbanken dazu zwingt, ihre Geschäftspolitik stärker an den Renditeerwartungen der Kapitalmärkte auszurichten. An der Aushandlung dieses Deals war als Staatssekretär im Bundesfinanzministerium übrigens just jener Caio Koch-Weser beteiligt, der kürzlich von der Deutschen Bank mit einem hochdotierten Posten für seine Lebensleistung belohnt wurde.
Aber damit nicht genug: Derzeit erwägt die EU-Kommission, das seit 2003 ruhende Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland wieder aufzunehmen, das zur Zulassung privater Sparkassen führen könnte. Im Mittelpunkt des Verfah rens steht das in Paragraph 40 des Kreditwesengesetzes (KWG) verankerte Namensmonopol für Sparkassen, das den Namen »Sparkasse« für den öffentlichen Bereich reserviert. Zwar ist es der EU-Kommission laut Artikel 295 des EU-Vertrags untersagt, sich in die Eigentumsordnung eines EU-Mitgliedslandes einzumischen, und auch die EU-Bankenrichtlinie erlaubt es, nur bestimmten Instituten den Namen »Sparkasse« zuzuordnen. Doch wo die Wirtschaftslobby ruft, ist Binnenmarktkommissar Charlie McCreevy zur Stelle und wittert pflichtschuldig Verstösse »gegen die Kapitalverkehrs- und Niederlassungsfreiheit«.
Folgen des Bankenskandals
Anlaß des erneuten Vorstoßes der EU-Kommission ist der für 2007 geplante Verkauf der Bankgesellschaft Berlin, zu der auch die Berliner Sparkasse gehört. Sollte ein privater Investor bei der Veräußerung zum Zuge kommen, wäre dies sehr wahrscheinlich der von den privaten Banken lang herbeigesehnte Präzedenzfall, der das gesamte Drei-Säulen Modell zum Einsturz bringen kann.
Daß es eine Auflage der Europäischen Kommission zur Veräußerung der Bankgesellschaft durch das Land Berlin überhaupt geben konnte, ist den Verantwortlichen des Berliner Bankenskandals anzulasten. Diese haben die Bankgesellschaft in den neunziger Jahren dazu benutzt, um ihre politischen und geschäftlichen Freunde mit Pöstchen und Krediten zu versorgen und hochlukrative Immobilienfonds zu teilweise sittenwidrigen Konditionen (von steuerlichen Verlustzuweisungen bis zu langjährigen Mietgarantien und dem Recht zur Rückgabe zum Nominalwert am Ende der Laufzeit) an etwa 70 000 Anleger aufzulegen. Risiken und Verluste aus diesem Geschäft wurden auf den öffentlich-rechtlichen Teil der Berliner Bankgesellschaft abgewälzt.
Die Sozialisierung der Verluste begann im August 2001, als das Land Berlin der Bankgesellschaft eine Kapitalzuführung von 1,755 Mrd. Euro zukommen ließ. Da diese Summe nicht ausreichte, um eine Pleite abzuwenden und das damalige Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen (BAKred, heute BAFin) im November 2001 mit der Schließung der Bankgesellschaft drohte, beschloß das Berliner Abgeordnetenhaus am 9.4.2002 das Risikoabschirmungsgesetz, wodurch Risiken von bis zu 21,6 Milliarden Euro, die aus faulen Krediten, Wertverlust von Immobilien u. ä. resultieren, vom Land übernommen wurden.
Für die Verluste der Bankgesellschaft bezahlen mußten unter anderem die Bediensteten des Landes Berlin, deren Löhne und Vergütungen um durchschnittlich zehn Prozent gesenkt wurden. Laut Berliner Senat bringt dieser »Solidarpakt«, zu dem sich verdi nach dem Austrit t des Landes Berlin aus dem Arbeitgeberverband nötigen ließ, eine weitere Entlastung der Personalausgaben um 250 Millionen im Jahr 2003 und um jeweils 500 Millionen in den Jahren ab 2004.
Wie zu erwarten war, rief die Unterstützung der Bankgesellschaft durch das Land Berlin die Brüsseler Wettbewerbshüter auf den Plan. Zwar wurden die staatlichen Beihilfen von der EU-Kommission nachträglich genehmigt; allerdings nur unter der Bedingung daß sich die Bankgesellschaft von mehreren Tochtergesellschaften trennt und 2007 selbst verkauft wird. Damit könnte die zur Bankgesellschaft gehörende Berliner Sparkasse die erste öffentliche Bank in Deutschland werden, die von privaten Investoren übernommen wird. Sicher ist dies allerdings noch nicht. Denn nach wie vor gilt Paragraph 40 des Kreditwesengesetzes, der es privaten Banken nicht erlaubt, eine Sparkasse zu betreiben. Sollte eine private Bank im Bieterverfahren zum Zuge kommen, müßte die erworbene Bank also unter anderem N amen weitergeführt werden. Das freilich ist gerade nicht der Sinn der Sache.
Mit dem Berliner Sparkassengesetz, das seit Juni 2005 in Kraft ist, versuchte der Berliner Senat, das Unmögliche möglich zu machen: Die Sparkasse sollte de facto privatisiert, die öffentlich-rechtliche Fassade und damit der Name jedoch gewahrt bleiben. Um dies zu erreichen, wurde die Sparkasse in eine teilrechtsfähige Anstalt umgewandelt und die Landesbank Berlin in eine Aktiengesellschaft transformiert, die vom Land Berlin mit der Trägerschaft an der Sparkasse beliehen wurde. Der Clou besteht also darin, daß die Sparkasse ein öffentlich-rechtliches Institut bleibt – allerdings unter dem Dach einer AG, die von privaten Investoren gekauft werden kann.
Fraglich ist allerdings, ob das Berliner Sparkassengesetz juristisch haltbar ist. Zwar existieren in diesem Gesetz einige Paragraphen, welche die Gemeinwohlverpflichtung der Berliner Sparkasse sichern sollen. Allerdings verfügt die Berliner Sparkasse als teilrechtsfähige Anstalt über kein eigenes Vermögen, und auch die von der Sparkasse erzielten Gewinne sollen in die Taschen des privaten Trägers fließen. Hier genau lauert das Problem: Eine Ausschüttung der Gewinne einer Sparkasse an Private ist mit Paragraph 40 KWG nicht vereinbar. Denn nach diesem Gesetz müssen die Überschüsse einer Sparkasse entweder beim Institut verbleiben oder gemeinnützig verwendet werden. Das sieht auch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) so.
Da allerdings kein privater Investor auch nur einen müden Euro für ein Institut verausgaben dürfte, das seine Gewinne nicht ausschütten darf, hat Finanzsenator Sarrazin die BaFin in einem Brief gebeten, ihre Auffassung zu überdenken. Zur Unterstützung verweist er dabei auf die Tatsache, daß die Berliner Sparkasse schon in der Vergangenheit – seit Gründung der börsennotierten Bankgesellschaft im Jahr 1994 – ihre Gewinne an die Bankgesellschaft ausgeschütt et hat. »Würde Paragraph 40 KWG tatsächlich eine gemeinnützige Verwendung von Überschüssen voraussetzen und zugleich jegliche Ausschüttungen an private Träger ausschließen, so hätte die BaFin seit Schaffung des Konzerns Bankgesellschaft rechtswidrig gehandelt und müßte sich fragen lassen, warum sie seit zehn Jahren nicht gegen die Verwendung der Bezeichnung ,Berliner Sparkasse‘ eingeschritten ist«.
Richtig ist daran, daß schon die Gründung der Bankgesellschaft Berlin AG gegen geltendes Recht verstoßen und die undurchsichtige Struktur der Bankgesellschaft AG sowie die daraus resultierende unheilvolle Vermischung privater Interessen mit öffentlichen Haftungsgarantien zum Bankenskandal geführt hat. Mit Verweis auf rechtswidrige Bestimmungen der Vergangenheit nun allerdings zu fordern, man müsse erneut ein Institut schaffen, das die öffentlich-rechtliche Fassade mißbraucht, um möglichst hohe Profite auf private Konten zu schleusen, ist mehr als dreist.
An die Überzeugungskraft seines Arguments scheint Sarrazin daher selbst nicht recht zu glauben. Aus eben jenem Grund hat er Binnenmarktkommissar McCreevy zur Wideraufnahme des besagten Vertragsverletzungsverfahrens gegen das Namensmonopol der Sparkasse angeregt. Die unabsehbaren Folgen, die eine Privatisierung von Sparkassen für die mittelständische Wirtschaft, die Beschäftigten und Verbraucher in ganz Deutschland nach sich ziehen würden, interessieren im Berliner Senat offenbar weniger.
Ein passendes Gesetz
Wie Report Mainz am 20. März berichtet hat, wurde das umstrittene Berliner Sparkassengesetz übrigens von der Kanzlei Freshfields, Brückhaus, Deringer erarbeitet – eine »der besten Adressen für milliardenschwere Wirtschaftsdeals«, die »mit dem Bundesverband deutscher Banken und vielen Großbanken über Berateraufträge eng verbunden« ist. Nun ist es nichts Außergewöhnliches, daß sich die Legislative bei Gesetzesvorhaben juristische Expertisen einholt. Daß Lobbykanzleien jedoch den Auftrag bekommen, Gesetze von Anfang an mitzuschreiben, ist ein relativ neues Phänomen. Im Fall des Sparkassengesetzes übernahmen Anwälte von Freshfields auch die Aufgabe, den Berliner Abgeordneten in Anhörungen das Gesetz zu erklären.
Im Übertölpeln von Parlamentariern, Senatoren und Ministern hat die Kanzlei schon einige Erfahrung. So beriet die Kanzlei das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Wohnungswesen bei der Einführung der LKW-Maut. Als das Verkehrsministerium nicht in der Lage wa r, den von Freshfields verfaßten 17 000-Seiten-Vertrag selbst zu interpretieren, erhielt die Kanzlei einen weiteren Beratervertrag, damit Modalitäten und Höhe der Schadensersatzforderung ermittelt werden konnten. Auch bei der jüngsten Privatisierung des Dresdner Wohnungsbestandes hatte Freshfields die Finger im Spiel: Sie hat die Stadt Dresden beim Verkauf der städtischen Anteile an der WOBA Dresden GmbH beraten. Käufer war der US-Finanzinvestor Fortress, der die Anteile der Stadt für rund 1,75 Milliarden Euro übernahm; der Deal zählte zu den größten Immobilienverkäufen von Kommunen in Deutschland. Das Interessante daran: Noch im Dezember 2005 beriet Freshfields die Gegenseite, d. h. den Finanzinvestor Fortress, beim Kauf von Wohnungen der Dresdner Bank – Wohnungen, die mit der WOBA in eine gemeinsame Holding gesteckt werden sollen, die spätestens Anfang nächsten Jahres an die Börse gebracht werden soll.
Laut Eigendarstellung verfügt die Kanzlei Freshfields Bruckh aus Deringer »über die wohl umfassendste Erfahrung in Public Private Partnership-Projekten sowohl in Deutschland als auch international. Die Sozietät hat sich in diesem Bereich einen einmaligen Erfahrungshintergrund geschaffen, der eine Reihe von Pilotprojekten mit Modellcharakter einschließt.« Zu diesen Projekten mit Modellcharakter dürfte die angestrebte Privatisierung der Berliner Sparkasse ebenso zählen wie die Privatisierung von Krankenhäusern in Hessen und Hamburg, die Privatisierung von Wasserunternehmen, Stadtwerken und Flughäfen ebenso wie die Teilprivatisierung von Landesbanken. Auch international hat sich Freshfields mit umstrittenen Privatisierungen bzw. Public-Private-Partnerships (PPP) einen Namen gemacht. In Großbritannien war die Kanzlei beispielsweise an der Überführung einiger Londoner U-Bahnlinien in ein PPP-Projekt beteiligt und begleitete zahlreiche Schulprojekte sowie sämtliche PPP-Gefängnisprojekte.
Die angestrebte Privatisierung der Berline r Sparkasse folgt in ihren Grundzügen einem Modell, das schon bei der Teilprivatisierung der Berliner Wasserbetriebe erprobt wurde. In beiden Fällen wurde der Berliner Senat von Frehsfields-Anwalt Benedikt Wolfers beraten. In beiden Fällen ging bzw. geht es um eine Privatisierung unter Wahrung der öffentlich-rechtlichen Rechtsform – ein Modell, das sich laut Wolfers vor allem dann anbietet, wenn die öffentlich-rechtliche gegenüber der privatrechtlichen Form manifeste wirtschaftliche Vorteile bietet oder die Widerstände gegen eine vollständige Privatisierung zu groß sind.
Wie das neue Sparkassengesetz war auch die im Jahr 1999 in einem geheimen Vertrag von der damaligen Finanzsenatorin Annette Fugmann-Heesing (SPD) mit den Konzernen RWE und Veolia (ehemals Vivendi) geregelte Teilprivatisierung der Berliner Wasserbetriebe (BWB) juristisch und politisch höchst umstritten. Um eine Privatisierung bei Wahrung der öffentlich-rechtlichen Rechtsform zu ermöglichen, wurde damals eine Holding geschaffen, die nach dem Vorbild der Berliner Bankgesellschaft AG sowohl eine Anstalt des öffentlichen Rechts (die Berliner Wasserbetriebe BWB) als auch diverse privatwirtschaftliche Beteiligungen und Tochtergesellschaften unter ihrem Dach vereinte. Und wie schon bei der Bankgesellschaft Berlin hat dieses Holding-Modell den Vorteil, daß es eine massive Subventionierung der privatwirtschaftlichen Unternehmen durch die Anstalt öffentlichen Rechts ermöglicht. Lieferten die Berliner Wasserbetriebe vor der Teilprivatisierung noch Gewinne an den Berliner Haushalt ab, so gehen diese Erlöse nun in erster Linie an die privaten Gesellschafter.
Umstrittenster Punkt des Vertrages ist, daß den privaten Erwerbern eine jährliche Rendite von sieben bis acht Prozent auf das »betriebsnotwendige Kapital« zugesichert wurde – über eine Laufzeit von 28 Jahren. Zwar wurde dieser Teil des Vertrags durch einen Beschluß des Verfassungsgerichts vom 21. Oktober 1999 für nichtig erklärt, trotz dieses Urteils bestand der SPD-PDS-Senat jedoch darauf, den privaten Wasserkonzernen die vereinbarte Zusatzrendite zuzuschanzen. Denn als hätten die Beteiligten geahnt, daß das Teilprivatisierungsgesetz von 1999 juristisch unhaltbar ist, wurde im Vertrag eine Klausel verankert, nach der das Land Berlin sich verpflichtet, die geringeren Gewinne oder höheren Verluste, die sich ergeben, falls das Teilprivatisierungsgesetz ganz oder teilweise für nichtig oder aufgrund einer Entscheidung eines Verfassungsgerichts mit höherrangigem Recht für unvereinbar erklärt wird (»Nichtigerklärung«), in vollem Umfang auszugleichen.
Um die unverschämte Rendite bezahlen zu können, muß das Land Berlin nun auf entsprechende Einnahmen verzichten, teils sogar draufzahlen. Gleichzeitig müssen die Berliner Haushalte tiefer in die Tasche greifen. Allein 2004 sind die Wasserpreise in Berlin um über 15 Prozent gestiegen; bis 2009 dürfte sich die Preise um etwa 30 Prozen t erhöht haben. Dabei liegt Berlin schon jetzt bei den Preisen für Wasser und Abwasser bundesweit an der Spitze.
Auch wenn die herrschenden Parteien und Medien nach wie vor ein Loblied auf die Privatisierung singen – auf Dauer läßt sich nicht verbergen, daß es sich bei der Privatisierung öffentlicher Dienste in aller Regel um Raubzüge privater Konzerne und ihrer Berater und Verbündeten handelt, die sich auf Kosten von Beschäftigten, Verbrauchern und Steuerzahlern eine goldene Nase verdienen wollen. Entsprechend nimmt der Widerstand gegen Privatisierungen zu, in manchen Fällen wird auch schon über eine Rückführung privatisierter Unternehmen in öffentliches Eigentum nachgedacht.
Alternativen zum Ausverkauf
Wie die Entwicklung in Berlin zeigt, ist dabei selbst ein Wandel vom Bock zum Gärtner nicht ausgeschlossen. So hat sich der Landesparteitag der Berliner SPD Ende letzten Jahres für die Aufhebung des Beschlusses zur Teilprivatisierung der Berliner Wasserbetriebe ausgesprochen und die Abgeordneten sowie die sozialdemokratischen Senatsmitglieder dazu aufgefordert »zu prüfen, unter welchen Bedingungen die Teilprivatisierung der BWB rückgängig gemacht werden kann und bis April 2006 darüber Bericht zu erstatten«. Auf den Bericht darf man gespannt sein – auch wenn kaum zu erwarten ist, daß eine Berliner SPD mit Wowereit, Sarrazin und Fugmann-Heesing in ihren Reihen einen entsprechenden Kurswechsel einleiten wird.
Was für die Berliner SPD gilt, gilt jedoch auch für die Berliner Linkspartei; schließlich trägt Senator Wolf einen Großteil der Verantwortung für die Verabschiedung des neuen Sparkassengesetzes. Klar ist, daß sich ohne massiven Druck aus der eigenen Partei, aus d er Öffentlichkeit, aus Gewerkschaften, Verbänden und sozialen Bewegungen nichts zum Guten ändern wird. Klar ist auch, daß der rot-rote Senat die Forderungen nach einem Stopp von Privatisierungen nicht gänzlich ignorieren kann, wenn er eine Schlappe bei den anstehenden Wahlen im September vermeiden will. Diese Situation gilt es zu nutzen.
Wenn die sich neu formierende Linke ihre Glaubwürdigkeit als Opposition zum Neoliberalismus nicht von vornherein aufs Spiel setzen will, muß die Linkspartei ihre bisherige Politik im Berliner Senat ändern. Im Hinblick auf die Privatisierungspolitik und den Umgang mit dem Berliner Bankenskandal sollte eine Fortsetzung der rot-roten Koalition davon abhängig gemacht werden, ob folgende Forderungen in die Tat umgesetzt werden:

  • Keine weiteren Privatisierungen öffentlichen Vermögen und kein Outsourcing öffentlicher Dienstleistungen an private Anbieter.
  • Revision des Sparkassengesetzes: Der Bestand der Berliner Sparkasse als vollrechtsfähiger Anstalt des öffentlichen Rechts mit eigenen Organen, eigenem Vermögen und eigener Bankerlaubnis muß garantiert und zugleich sicherstellt werden, daß die Gewinne der Berliner Sparkasse für gemeinnützige Zwecke verwendet werden und nicht in private Taschen zu fließen. Eine solche Gesetzesrevision würde außerdem die Frage einer möglichen Privatisierung elegant lösen, denn kein privater Investor dürfte unter solchen Konditionen noch Interesse bekunden. Zugleich könnte der Auflage der Europäischen Kommission durch Veräußerung der Sparkasse entweder an den Sparkassenverbund selbst oder an eine gemeinnützige Stiftung Rechnung getragen werden. Es gibt nämlich keine Auflage der Kommission, die das Land Berlin zur Privatisierung verpflichtet. Wie und an wen die Sparkasse veräußert wird, liegt in der Verantwortung des Berliner Senats.
  • Keine weitere Aufträge an Kanzleien wie Freshfields, die im Interesse privater Konzerne die Privatisierung öffentlicher Güter vorantreiben; Offenlegung aller Verträge, die der Senat mit Anwälten, Wirtschaftsberatern und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften geschlossen hat.
  • Revision des Teilprivatisierungsgesetzes der Berliner Wasserbetriebe und in der Perspektive die Rekommunalisierung der BWB.

"Ohne Privatisierung der Autobahnen wird es nicht gehen"

Hochtief-Chef Hans-Peter Keitel über den privaten Betrieb von Maut-Straßen, Brücken und Flughäfen. Der Präsident der deutschen Bauindustrie hat erste Anzeichen dafür, daß es in der Branche wieder aufwärts geht.

DIE WELT: Zunächst einige Fragen an den Präsidenten des Hauptverbands der deutschen Bauindustrie: Die Baunachfrage in Deutschland ist im August um acht Prozent gestiegen. Ist die Bau-Krise vorbei?

Hans-Peter Keitel: Vorbei ist sie wohl noch nicht. Aber wir haben jetzt endlich die Talsohle im Blick. Wie schnell es wieder aufwärts geht, vermag ich noch nicht zu sagen. Aber von heute auf morgen sicher nicht: Wir befinden uns, um im Bild zu bleiben, eher in einer Art Tiefebene als in einem Canyon, hinter dem es steil bergauf geht.

DIE WELT: An den Rahmenbedingungen hat sich doch auch unter dem neuen Verbandspräsidenten Keitel wenig geändert – woher kommt Ihr Optimismus?

Keitel: Der Optimismus stützt sich auf nachprüfbare Fakten. Wir sollten das nicht überbewerten, aber auch nicht ignorieren. Die Auftragszahlen steigen schon im vierten Monat in Folge, die Erwartungen der Firmen sind besser als seit vielen Jahren. Auch das Konjunkturgutachten der Wirtschaftsweisen sieht günstigere Perspektiven für den Bau – etwa weil wieder Aufträge der Wirtschaft kommen.

DIE WELT: Bedeutet das, der Arbeitsplatzverlust kann gestoppt werden?

Keitel: Das ist zu hoffen. Die Branche hat seit 1995 rund die Hälfte der Stellen verloren, damit hat der strukturelle Arbeitsplatzabbau nahezu seine Grenze erreicht. In diesem Jahr werden wir aber noch weitere 40 000 bis 50 000 Stellen verlieren, 2006 sind es hoffentlich deutlich weniger.

DIE WELT: Hat die Pleite von Walter Bau dem überbesetzten Markt Entlastung gebracht?

Keitel: Nein. Bei komplexen Projekten mag es jetzt statt fünf nur noch vier Angebote geben. Aber insgesamt hat sich – wie schon zuvor bei der Insolvenz von Philipp Holzmann – am Markt wenig verändert. Die Kapazitäten kehren unter anderer Führung größtenteils auf den Markt zurück. Für uns alle bedeutender ist die negative Auswirkung auf den Ruf der Branche.

DIE WELT: Nach vielen Jahren vergeblicher Bemühungen der Bauindustrie setzt sich jetzt wenigstens die private Finanzierung öffentlicher Baumaßnahmen, die Private Public Partnership (PPP), immer mehr durch.

Keitel: Der Durchbruch ist endlich geschafft. Die Kommunen, die Länder und der Bund verlieren die anfängliche Skepsis, je mehr Projekte umgesetzt werden. Das hilft der gesamten Branche, den Großen wie den Kleinen. Was jetzt bei Schulen oder Kindergärten funktioniert, muß angesichts der leeren Kassen aber auch für die Autobahnen geprüft werden: Ohne eine Privatisierung wird es nicht gehen.

DIE WELT: Was könnte das für Hochtief bedeuten?

Keitel: Wir managen solche Projekte seit Jahren im Ausland. Deshalb wissen wir, daß Privatisierung keine Sache der nächsten ein oder zwei Jahre ist, sondern die Beschreibung eines möglichen Endzustandes. Es ist aber nicht damit getan, daß der Autofahrer eine Vignette kauft und ein paar Baukonzerne eine dritte Spur an die Autobahn bauen oder die eine oder andere Lücke im Netz schließen. Es geht darum, das gesamte Verkehrssystem vollkommen neu zu ordnen und auch Verkehrsträger wie die Bahn einzubeziehen.

DIE WELT: Eine Art Vorbild sind für Hochtief die Flughafen-Privatisierungen, in die Sie sehr früh eingestiegen sind. Hat sich der Mut gelohnt?

Keitel: Auf jeden Fall. Wir waren Early Mover, jetzt sind wir einer der wenigen ganz großen privaten Flughafenbetreiber der Welt. Und während viele andere dieses Geschäft gerade erst entdecken, erreichen wir in diesem Jahr erstmals schwarze Zahlen – drei Jahre früher als geplant.

DIE WELT: Wie das?

Keitel: Alle unsere Flughäfen haben sich besser entwickelt als erwartet. Wir arbeiten mit einem schlanken Team und haben Einnahmequellen erschlossen, mit denen wir vor zehn Jahren nicht gerechnet haben: etwa Honorare aus der Beratung von Flughafen-Betreibern und Transaktionen.

DIE WELT: Mit Verlaub – nach außen wirkt die Geschäftspolitik etwas sprunghaft. Sie kaufen Flughafen-Anteile, dann verkaufen Sie wenige Monate später wieder Teile davon, ziehen den Großteil Ihres Kapitals ab und kündigen weitere Übernahmen an…

Keitel: Das mag für Außenstehende so wirken, hängt aber mit der Geschichte zusammen. Als wir vor mehr als zehn Jahren begannen, gab es dieses Geschäftsfeld praktisch noch gar nicht – und auch keine Banken, die dafür Geld in großem Umfang geben wollten. Also mußten wir mit eigenen Mitteln die Investitionen stemmen. So sind wir bei Athen, Düsseldorf und Hamburg eingestiegen. In Sydney kamen wir schon mit geringeren Eigenmitteln aus und konnten einen Teil nach kurzer Zeit zu einem sehr lukrativen Preis weiterverkaufen. Inzwischen haben Finanzinvestoren die Chancen des Marktes erkannt. Jetzt ist es deutlich leichter, an günstiges Fremdkapital heranzukommen. Also haben wir in diesem Frühjahr Anteile in eine Partnerschaft mit Investoren eingebracht. Dabei managen wir die Flughäfen gegen Gebühr weiterhin, können aber das zurückgewonnene Eigenkapital auch in anderen Konzernsparten nutzen, etwa PPP und Facility Management. An unserem Geschäftsmodell ändert das gar nichts, nur an der Finanzierung.

DIE WELT: Terroranschläge oder Krankheiten sorgen immer wieder für Rückschläge in der Reisebranche. Holen Sie sich nicht zusätzliches Risiko ins Haus?

Keitel: Die Erfahrung der vergangenen 20 Jahre zeigt, daß sich die Passagierzahlen nach jedem Einbruch durch solche Ereignisse immer schnell wieder erholen und letztlich über dem Ausgangspunkt liegen. Davon profitieren wir als Flughafenbetreiber. Zudem haben unsere Airports einen hohen Anteil an Business-Passagieren, die gegen diese Schwankungen unempfindlicher sind als das reine Touristen-Geschäft.

DIE WELT: Ihr letzter Deal war der „Mutter Teresa“-Airport in Tirana. Was ist daran spannend?

Keitel: Zum einen das hohe Wachstumspotential. Zum anderen: In Tirana verdienen wir seit dem ersten Tag Geld. Das ist uns wichtiger als eine kleine Beteiligung an einem bekannten Flughafen, die nichts bringt.

DIE WELT: Sie wollen pro Jahr eine oder zwei Beteiligungen zukaufen. Ist Budapest die nächste?

Keitel: Da sind wir einer von fünf Bietern. Budapest ist der erste große Airport in Mitteleuropa, der zur Privatisierung ansteht. Derzeit fliegen dort sechs Millionen Passagiere pro Jahr ab, Tendenz stark steigend. Das ist sehr interessant. Jedenfalls dann, wenn die Ausschreibungs-Bedingungen so bleiben, wie sie sind.

DIE WELT: Anders als im indischen Mumbai, wo Sie kurz vor Schluß ausgestiegen sind?

Keitel: Da hat der Verkäufer plötzlich die Bedingungen geändert. Die Risiken sollen größtenteils auf die Erwerber abgewälzt, die Erträge aber vorher abgeschöpft werden. Das ist unseriös und von daher für uns uninteressant.

DIE WELT: Welche Airports haben Sie noch auf Ihrer Liste?

Keitel: Asien insgesamt, Indien, die Philippinen oder Thailand sind sehr interessante Regionen. Der Nahe Osten ebenfalls – dort fehlt es nicht an Geld zur Finanzierung, sondern an Know-how. Rußland beobachten wir ebenfalls.

DIE WELT: Und in Deutschland – etwa in München, wo mittelfristig ja eine Privatisierung denkbar ist?

Keitel: Schwierig. Ein Investor müßte wohl einen üppigen Schuldendienst übernehmen.DIE WELT: Haben Sie das Thema Berlin endgültig abgehakt?

Keitel: Jeder weiß, daß der aktuelle Zustand in Berlin auf Dauer nicht zu halten ist. Ich sage ganz deutlich: Wir sind nach dem geplatzten Privatisierungsverfahren nicht im Bösen auseinandergegangen, das Tischtuch ist nicht zerschnitten.

DIE WELT: Wenn es eine neue Privatisierung geben sollte, werden Sie sich wieder bewerben?

Keitel: Die Frage ist hypothetisch – ausschließen würde ich es nicht. Übrigens nicht nur bei einer Privatisierung: Wenn Schönefeld als öffentliches Bauprojekt ausgeschrieben wird, würde Hochtief ein Angebot abgeben. Wir sind ja schließlich auch noch ein Bau- unternehmen.

DIE WELT: Und zwar eines, bei dem es vor einigen Wochen Gerüchte über eine geplante Übernahme gab. Ist Ihre neue Aktionärsstruktur mit mehr als 70 Prozent Streubesitz, auf die Sie so stolz sind, nicht gefährlich?

Keitel: Wir haben nach dem Rückzug von RWE als Mehrheitsaktionär einen sehr gesunden Eigentümer-Mix. Ohne Zweifel sind auch eher kurzfristig orientierte Anleger dabei wie Hedge-Fonds. Aber bestimmend sind die Aktionäre mit langfristigen Interessen – und die kaufen eher zu, als daß sie Hochtief-Aktien abgeben. Sie wissen, daß ein Baukonzern keine Maschine ist, die jeder an- und abstellen kann. Hochtief besteht nicht aus Produktionsstätten, sondern aus Menschen, Baustellen und auch Garantien, die wir unseren Kunden gegeben haben. Ein solches Gebilde eignet sich nicht für eine feindliche Übernahme.

DIE WELT: Aber Ihr Airport-Portfolio ist interessant…

Keitel: Unsere Flughafenbeteiligungen sind Partnerschaften mit der öffentlichen Hand und Regelungen im öffentlichen Interesse, kein Handelsobjekt. Nicht umsonst hat die Strukturierung unserer Airport-Partnerschaft für nur ein Drittel der Beteiligungen über ein Jahr gedauert.

DIE WELT: Noch einmal ins Ausland: Die Zahl der Naturkatastrophen nimmt zu – schafft das neue Risken für Ihre Baustellen in den USA oder in Asien?

Keitel: Selbstverständlich könnten Wirbelstürme oder Flutwellen zum Problem werden. Bisher allerdings wurden wir weitgehend verschont. Wir gehen das Thema seit neuestem sehr offensiv an, indem wir eine Arbeitsgemeinschaft Katastrophen-Prävention gebildet haben. Dort fassen wir in einer Art Fallschirmtruppe unsere Experten zusammen, die sich etwa mit Wind- oder Wasserthemen besonders gut auskennen. Diese Erfahrung und Kompetenz wollen wir im Bedarfsfall rasch einbringen können.

DIE WELT: Wird das ein neues Geschäftsfeld?

Keitel: Unser Ziel ist es, sehr schnell Konzepte zu entwickeln und den öffentlichen Stellen anzubieten. Damit ließe sich beispielsweise New Orleans besser vor Flutwellen schützen.
Das Gespräch führte Hagen Seidel
Die Welt 1. November 2005

Attac unterstuetzt Volksbegehren gegen Privatisierung der Landeskliniken

18.10.05 – Alsfeld – Die Attacgruppe Alsfeld unterst�tzt das von Marburg ausgehende Volksbegehren gegen die Privatisierung der Landeskliniken. Die von der hessischen Landesregierung unter Führung von Roland Koch (CDU) gewollte Privatisierung (zunächst Marburg/Gießen) bedeute einerseits Kapazitäts- und Personalabbau ,andererseits führe sie zu Mehrarbeit bei verschlechterten Arbeitsbedingungen und zu sinkendem Einkommen der Beschäftigten.
Besonders gravierend sei, dass unter einer Privatisierung der Kliniken die medizinische Betreuung großer Teile der Bevölkerung leide. Am härtesten beträfe es die Patienten mit langwierigen Krankheiten, ließe sich doch mit ihnen für einen privaten Betreiber keinen Gewinn machen. Widerstand sei notwendig, denn es könne nicht angehen, dass sich das Land aus der Verantwortung für die Gesundheit seiner Bevölkerung zurückziehe und dieses Feld profitorientierten Großunternehmen überlasse. Eine Dominanz der Ökonomie gegenüber der Medizin dürfe es nicht geben.
Wie Hans-Georg Bodien von Attac Alsfeld weiter mitteilt, habe man auch das seit Anfang September 05 in Kraft getretene ÖPP-Beschleunigungsgesetz einer kritischen Betrachtung unterzogen. So heiße nämlich seit einiger Zeit die Zauberformel für die Lösung öffentlicher Finanznot PPP oder ÖPP. Darunter sei die Zusammenarbeit �ffentlicher und privater Akteure bei der Erstellung,Finanzierung und auch Management bisher öffentlich erbrachter Leistungen (Sanierung und Neubau von Schulen und Hochschulen, Krankenhäusern etc) zu verstehen.
Solche Deals seien besonders dreist, leisteten sie doch der klar profitorientierten Kalkulation bei der öffentlichen Daseinsvorsorge ungeniert Vorschub, zögen sich Amts- und Mandatsträger aus der Verantwortung zurück und trügen zur massiven Entziehung demokratischer Kontrolle eigentlich �ffentlicher Angelegenheiten bei. Mit dem ÖPP (Öffentlich Private Partnerschaft)-Beschleunigungsgesetz habe der Gesetzgeber unter anderem das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen, die Vergabeordnung, das Fernstraßenprivatfinanzierungsgesetz und die Bundeshaushaltsordnung geändert, und mit der Änderung des Grunderwerbssteuergesetzes und des Grundsteuergesetzes habe er neuerlich zugunsten privater Investoren steuerliche Ausnahmetatbestände geschaffen.
Quelle: >>> http://www.osthessen-news.de/beitrag_A.php?id=1119481