Deutsche Bank Research praesentiert "Privatisierungsoptionen fuer das deutsche Autobahnnetz"

DBResearch schreibt in der Presseankündigung für ihr Papier: „Die geographische Lage Deutschlands im Herzen Europas bietet zahlreiche Chancen für auch zukünftiges wirtschaftliches Wachstum. Die gestiegene Bedeutung von Logistik und Verkehr für das Bruttoinlandsprodukt sind hierfür klare Zeichen. Jedoch wird nicht im gleichen Maße, wie das Verkehrsaufkommen steigt, in den Ausbau der Infrastruktur investiert – im Gegenteil: die Straßeninfrastruktur wird seit Jahren auf Verschleiß gefahren. Eine stärkere zweckgebundene Nutzerfinanzierung und die Einbindung privatwirtschaftlichen Know-hows bei Finanzierung und Betrieb der Straßeninfrastruktur ist mehr als angezeigt.“

Privatisierung: Fluch oder Segen? Um den Rohstoff Wasser ist ein Meinungsstreit zwischen Entwicklungsorganisationen und Wirtschaft im Gang

Heute haben 1,4 Milliarden Menschen keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser. Ist es zulässig, dass private Firmen in die Lücke springen? Oder darf Wasser nur vom Staat angeboten werden, wie es die Kirchen und Entwicklungsorganisationen fordern?
«In den letzten Jahren haben Aktienfonds ein neues, attraktiv erscheinendes Objekt der Begierde entdeckt: Unternehmungen, die ihr Geld mit Wasser verdienen. Auch Fonds, die ökologische und soziale Ansprüche erfüllen wollen, gehen gern auf Aktien aus diesem Bereich aus», schreibt der deutsche Journalist und Buchautor Frank Kürschner-Pelkmann. «Wer in Aktien solcher Unternehmungen investiert, sollte sich vorab überlegen, auf welcher Seite er oder sie im Konfliktfall steht, wenn wieder Menschen gegen die Ergebnisse der Wasserprivatisierung in ihrer Stadt in Afrika oder Lateinamerika, Asien oder Europa protestieren oder diese Privatisierung verhindern wollen», hält er weiter fest.

Kirchen als Kritiker
«Wasser ist Menschenrecht – nicht Handelsware», stellte Samuel Lutz, Synodalratspräsident der Reformierten Kirchen Bern-Jura-Solothurn, an einer Veranstaltung von Multiwatch in Bern fest. «Wasser als eine Grundvoraussetzung für alles Leben ist grundsätzlich ein gemeinsames Gut, das nicht zu privatisieren ist», sagte er. Er stützte sich bei seinen Ausführungen auf die Ökumenische Erklärung zum Wasser als Menschenrecht und als öffentliches Gut, welche von den Kirchen im April 2005 in Freiburg abgegeben wurde. Auch die Arbeitsgemeinschaft der Schweizer Hilfswerke sowie die Erklärung von Bern lehnen die private Nutzung von Wasserquellen ab.
Eine differenzierte Haltung nimmt Donald Tillman ein, Analyst bei der SAM Sustainable Asset Management in Zürich. Die SAM-Gruppe wurde 1995 als unabhängige Vermögensverwaltungsgesellschaft für nachhaltige Anlagen gegründet. Sie bietet unter anderem den nachhaltigen SAM-Wasserfonds an. In «SAM Insight» aus dem Jahr 2003 stellte Tillman die These auf: «Die Weltwasserkrise wird durch Grosskonzerne weder gemacht noch verhindert.» Weniger als 7% der Menschen erhielten heute ihr Wasser von privaten Firmen. Das seien nur 400 Millionen von 6 Milliarden Menschen. Die Zahl der Menschen ohne Zugang zu sauberem Trinkwasser soll laut den Millenniumszielen der UNO bis 2015 halbiert werden. Die Industrieländer werden den Entwicklungsländern kaum genügend Mittel zur Verfügung stellen, damit sie dieses Ziel erreichen – das ist Tillmans zweite These.

«Druck durch die Privatisierung fördert die Wettbewerbsdenkweise», lautet seine dritte These.
Wasserversorgungsunternehmen seien traditionell träge Industriezweige. Der Privatisierungsdruck habe sich deshalb insgesamt positiv auf die Wettbewerbsfähigkeit der öffentlichen Versorger ausgewirkt.
Tillman ist allerdings kein Befürworter schrankenloser Privatisierungen. Er zeigt sich auch skeptisch gegenüber einer radikalen Liberalisierung im Rahmen des Gats-Abkommens der WTO. Wasserversorgungen seien heute natürliche Monopole. Deshalb wäre es falsch, staatliche Monopole durch private Monopole ohne öffentliche Kontrollmechanismen zu ersetzen. Auf der andern Seite sei die Gefahr, dass Wasser verschwendet werde, bei staatlichen Wasserfirmen tendenziell höher.
«Nur wenn Wasser ein beschränktes Handelsgut mit staatlichen Leitlinien ist, können die Anreizsysteme so gesetzt werden, dass in Zukunft mit Wasser nachhaltiger umgegangen wird», lautet Tillmans Fazit.

WWF-Direktor im Fondsbeirat
Während die meisten Nichtregierungsorganisationen (NGO) Privatisierungen von Wasserquellen und Wasserversorgungen generell ablehnen, sitzt Claude Martin, Direktor des WWF International in Gland, im Beirat des SAM-Wasserfonds.
Es gebe durchaus berechtigte Bedenken gegenüber der Privatisierung der Trinkwasserversorgung. Allerdings werde in diesem Zusammenhang auch viel Unsinn gepredigt, hielt Martin fest: Die schlimmsten Wasserverluste durch eine schlechte Infrastruktur gebe es in den öffentlichen Wasserversorgungen der Entwicklungsländer. «Und die allerhöchsten Wasserpreise bezahlen bereits heute die Ärmsten, die Wasser zu horrenden Preisen kaufen müssen.»
Er stehe voll hinter den Prinzipien von SAM, betonte Martin. Die Anlagegesellschaft habe sich mit ihrem Wasserfonds zum Ziel gesetzt, mit nachhaltiger und effizienter Wassernutzung die Wasserkrise etwas mildern zu können. Die Frage sei deshalb nicht, ob private Investitionen in Wasseranlagen überhaupt vertretbar seien. Entscheidend sei vielmehr, dass die Investitionen in die Wasserversorgung, Wasserverteilung und Wasserentsorgung ethisch vertretbar und in Bezug auf die Umwelt nachhaltig seien.
Hans Galli
Quelle: Tagblatt, 21.03.2006

Zu wenig Toiletten. Regierungen, Wasserwerke und Privatunternehmen verantwortlich fuer Abwassernotstand

1,1 Milliarden Menschen haben keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser und 2,6 Milliarden Menschen zu keiner sanitären Entsorgung. Verantwortlich hierfür sei vor allem das Versagen von staatlichen Institutionen und Unternehmen im Wasser- und Abwasserbereich. Dies ist das Fazit des Weltwasserentwicklungsberichts, der gestern in Mexiko City vorgestellt wurde. Der 600 Seiten umfassende Bericht entstand in Zusammenarbeit von 24 UN-Organisationen. Er vermittelt einen systematischen Einblick in globale Wasserprobleme und Ansätze zu deren Lösung.
Im Vergleich zum ersten Weltwasserbericht, der vor drei Jahren veröffentlicht wurde, fällt auf, dass die Ursachen der Probleme viel konkreter und ohne falsche Rücksicht auf die Regierungen betroffener Länder benannt werden. Dass Wasserprivatisierungen in den letzten Jahren gescheitert sind, wird am Beispiel der bolivianischen Provinzstadt Cochabamba dargestellt, wobei der Name des involvierten Unternehmens – des US-Konzerns Bechtel – allerdings unerwähnt bleibt. Im UN-Bericht wird auch ausgeführt, dass der Umfang der Investitionen des Privatsektors im Wasserbereich nicht den Erwartungen entspricht und in letzter Zeit sogar rückläufig ist. Trotzdem, heißt es im Bericht, „wäre es ein Fehler“, auf den Privatsektor verzichten zu wollen.
Laut Bericht sind „Missmanagement, Korruption, das Fehlen angemessener Institutionen, bürokratische Trägheit und ein Mangel an Investitionen zur Ausbildung von Fachleuten und zum Bau von Infrastruktur“ wesentlich für die Misere der Trinkwasserversorgung und Abwasserentsorgung in vielen Ländern verantwortlich. Diese Kritik trifft sowohl die Verantwortlichen von Wasserbetrieben als auch die für Wasserfragen zuständigen Behörden. In dem Bericht wird ausführlich dargestellt, wie ein verantwortungsbewusstes Handeln („good governance“) aussehen kann. Dazu gehöre maßgeblich eine stärkere Partizipation der Bevölkerung.
Auffällig ist, wie stark sich auch in UN-Institutionen mittlerweile die Überzeugung durchgesetzt hat, dass es ein Menschenrecht auf Wasser gibt. Vor einigen Jahren noch haben sich vor allem Aktionsgruppen und soziale Bewegungen für dieses Menschenrecht eingesetzt. Dabei stießen sie damals auf zum Teil massiven Widerstand der Befürworter einer Privatisierung der Wasserversorgung, wie Weltbank und Regionale Entwicklungsbanken. Im neuen UN-Bericht steht nun am Anfang der Zentralen Empfehlungen: „Wir müssen anerkennen, dass der Zugang zu sauberem Wasser ein fundamentales Recht ist.“ Es bestehe eine gemeinsame Verpflichtung, dafür zu sorgen, dass alle Menschen Zugang zu sauberem Trinkwasser und einer sanitären Entsorgung erhalten.
Regierungschefs aus aller Welt hatten im Jahre 2000 in New York eine Liste von Millenniumszielen verabschiedet, die bis 2015 erreicht werden sollen. Dazu zählt die Halbierung der Zahl der Armen, aber auch der Menschen, die keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser haben. Bei der Formulierung der Ziele blieb der sanitäre Bereich unberücksichtigt. Erst zwei Jahre später wurde bei einer Konferenz für nachhaltige Entwicklung in Johannesburg das Ziel hinzugefügt, die Zahl der Menschen mit Zugang zu einer sanitären Entsorgung zu verdoppeln.
Im Weltwasserentwicklungsbericht wird im Detail dargestellt, dass das Millenniumsziel im Trinkwasserbereich zwar global erreicht wird, nicht aber in ohnehin benachteiligten Regionen wie im südlichen Afrika. Das Ziel, die Zahl der Menschen ohne häusliche Abwasserentsorgung zu halbieren, wird hingegen weltweit und in vielen Ländern verfehlt. Aus dem Abschnitt über Äthiopien geht hervor, dass dort nur zehn Prozent der Bevölkerung über eine grundlegende sanitäre Entsorgung verfügen. Dieser Missstand trägt entscheidend dazu bei, dass Durchfallerkrankungen die häufigste Todesursache von Kindern sind.
Notwendig wäre ein verstärkter Einsatz von Entwicklungsgeldern für Wasser- und Abwasserprojekte. Doch das Volumen dieser Mittel stagniert bei drei Milliarden Dollar im Jahr.
Der UN-Bericht soll beim Weltwasserforum in Mexiko City, der kommende Woche beginnt, diskutiert werden – Gelegenheit auch für die deutsche Regierung, sich zu einem entschiedeneren Engagement zur Verwirklichung der Millenniumsziele in diesem Bereich durchzuringen.

www.unesco.org/water/wwap

Quelle: taz, 10.3.2006

Modell Rostock

Seit Anfang der Woche geht unter den rund 1000 Beschäftigten des Lübecker Hafens die Angst um: Bürgermeister Bernd Saxe (SPD) hat die Privatisierung innerhalb von knapp zwei Jahren angekündigt.
Soll mit dem Verkauf der Lübecker Hafengesellschaft (LHG) das Tafelsilber der Hansestadt verscherbelt werden? Bürgermeister Bernd Saxe weist diese Vermutung zurück und betont, es gehe nur darum, einen strategischen Partner zu finden. Von einem klassischen »Ausverkauf« könne nicht die Rede sein. Und doch: Saxe selbst wollte nicht ausschließen, dass bis zu 90 Prozent der LHG, an der die Stadt jetzt 99,98 Prozent hält, in andere Hände gehen. Dazu wolle man sich eines EU-weiten Bieterverfahrens bedienen, kündigte er an.
Gerade hier ist die Gewerkschaft ver.di skeptisch. Man hat das »Heuschrecken«-Beispiel des Rostocker Hafens vor Augen, der vor Jahren mit Geldern ausländischer Investoren herunter gewirtschaft wurde. »Es gab eine große Entlassungswelle, viele kleine Gesellschaften wurden gegründet und es gab viele Fälle von Tarifflucht«, weiß auch Alfred Skritulnieks, Betriebsratsvorsitzender der LHG.
Auch die Lübecker Regionalgruppe des globalisierungskritischen Netzwerks Attac ist skeptisch. Sprecher Andreas Beldowski warnt: »Aus den Erfahrungen der letzten Jahre ist zu erwarten, dass die Stadt ihre Politik den Bürgern mit völlig überzogenen Erwartungen schmackhaft machen will. Die Ernüchterung wird sich wie bei anderen Projekten – etwa die Privatisierung des öffentlichen Personennahverkehrs und der Stadtwerke – mit Garantie einstellen.«
Die Grünen der Hansestadt lehnen die Pläne des Bürgermeisters nicht grundsätzlich ab, wohl aber eine 90-prozentige Veräußerung. »Über eine Minderheitsbeteiligung würden wir mit uns reden lassen«, betont Susanne Hilbrecht, Grünen- Fraktionsvorsitzende der Bürgerschaft. SPD-Fraktionschef Peter Reinhardt verspricht indes: »Wir werden darauf achten, dass die Arbeitsplätze erhalten bleiben und die tariflichen Vereinbarungen langfristig bestehen bleiben.« Als Aufsichtsratsmitglied bei der LHG war er erbost, dass sein Parteigenossen Saxe Namen möglicher Interessenten öffentlich genannt hat, die nicht einmal im Aufsichtsrat erörtert wurden.
Während von der Bahn AG auf Nachfrage »kein Kommentar« zu hören ist, räumt die Hamburger Hafen und Logistik AG durchaus ein, dass eine Beteiligung in Lübeck eine Option sei – man hätte dann Zugang zur Ostsee. Ein möglicher Interessent soll auch die in Lübeck ansässige Possehl-Gruppe sein, ein Konsortium von 50 mittelständischen Firmen. Auch über skandinavische Finanziers wird spekuliert. Am 30. März wird im nichtöffentlichen Teil der Bürgerschaftssitzung hierüber debattiert.
Am Lübecker Hafen hängen infrastrukturell in der Region weitere 5000 Arbeitsplätze. Er ist europaweit die Nummer 2 für Papier- und Zellulose-Umschlag nach Antwerpen. Zuletzt hat die LHG Jahr für Jahr schwarze Zahlen geschrieben. Doch bei 71 Millionen Euro Verbindlichkeiten und einem errechneten Bedarf von 110 Millionen Euro bis 2015 für eine Flächenerweiterung und zusätzliche Terminals ist die Kapitaldecke weggebrochen, da die Stadt keine Bürgschaften mehr für Investitionen übernehmen darf. Die Europäische Union untersagt dies.
Unabhängig vom Verkauf übt die LHG-Spitze derzeit Druck auf die Belegschaft aus. Man will die wöchentliche Arbeitszeit von 35 auf 39 Stunden erweitern, »um in der Konkurrenz zu Rostock bestehen zu können«, so der Vorsitzende der LHG-Geschäftsführung Manfred Evers.
Von Dieter Hanisch
Quelle: Neues Deutschland, 20.03.06

Das Privatisierte wird politisch

In Berlin gründete sich ein Bündnis gegen Privatisierung. Die taz berichtete:

Eine neues Bündnis will die umstrittene Privatisierung öffentlicher Betriebe bekämpfen. Vor allem im anstehenden Wahlkampf will sich der parteiübergreifende Zusammenschluss bemerkbar machen – wenn er denn so lange hält.
Die Linke kann sich nicht nur spalten. Am Freitagabend trafen sich im Abgeordnetenhaus ein bunter Haufen, um das „Bürgerbündnis gegen Privatisierung“ zu gründen. Mitglieder von WASG, der Linkspartei, der Sozilistischen Alternative (SAV), der DKP waren genauso gekommen wie parteilose GewerkschafterInnen, Globalisierungskritiker von Attac und einige „interessierte Bürger ohne politischen Zusammenhang“. Den Raum für die mehr als 50 AktivistInnen hatte der Donnerstagskreis der SPD organisiert, in dem sich die letzten linken Berliner SozialdemokratInnen versammeln.
Den gemeinsamen Konsens formulierte Joachim Oellerich von der Berliner MieterInnengemeinschaft, die zu dem Treffen eingeladen hatte. „Wir wenden uns gegen jegliche Privatisierung, egal ob sie in knallhart neoliberaler Manier oder auf scheinbar sozialverträgliche Art und Weise vollzogen wird.“ Das Repertoire potenzieller Aktionen ist groß, wie sich beim Brainstorming der Anwesenden zeigte. Während einige mit Informationsveranstaltungen die von Privatisierung betroffenen Beschäftigten ansprechen wollen, überlegten andere schon, die Zentrale der Wohnungsbaugesellschaft Mitte (WBM) zu besetzen. Das landeseigene Unternehmen hat 1,2 Milliarden Euro Schulden und will daher die Hälfte seiner Wohnungen verkaufen.

Reden über Rückkauf
Eine weiterer geplanter Themenschwerpunkt soll die 1999 erfolgte Teilprivatisierung der Berliner Wasserbetriebe sein. Attac will bei einer Veranstaltung am 28. April über einen Rückkauf durch das Land diskutieren lassen. Andere Bündnismitglieder wollen gegen die Privatisierung im Nahverkehr, im Bildungsbereich und im Gesundheitswesen aktiv werden. Mit seinen Aktionen will sich das Antiprivatisierungsbündnis im anstehenden Berliner Wahlkampf bemerkbar machen.
Wird also demnächst die von manchen erträumte linke Einheitsfront zumindest außerparlamentarisch Wirklichkeit? Zweifel bleiben. Viele der Anwesenden haben schon lange Bündniserfahrung und organisierten Zusammenschlüsse gegen den Bankenskandal oder den Abriss des Palastes der Republik. Doch meist sprang der Funke nicht auf die breite Masse über. Jüngere Menschen fehlten bei dem Treffen am Freitag fast ganz.
Auch inhaltlich blieben viele Fragen offen. Ein ehemaliges Mitglied der Postgewerkschaft betonte, dass es nicht reiche, nur die Rücknahme der Privatisierung zu fordern. Man müsse dann etwa im Postsektor auch fragen, was mit den Arbeitsplätzen der privaten PIN-AG geschehe, die viele Aufgaben der Post übernommen hat. Eine Gewerkschafterin machte darauf aufmerksam, dass einige einst im öffentlichen Dienst Beschäftigte nach der Privatisierung bessere Arbeitsverträge als vorher hätten und daher an ihrem jetzigen Status gar nichts ändern wollten.
Eine anderen möglichen Kritikpunkt an dem neuen Bündnis nahm Oellerich vorweg. Beim Widerstand gegen die Privatisierung gehe es keineswegs um die Rückkehr zu den alten Zeiten des Berliner Filzes. Stattdessen forderte der Mietervertreter eine Rekommunalisierung mit demokratischer Mitbestimmung.
Auch die Präsenz der verschiedenen linken Parteien könnte für das neue Bündnis zum Problem werden. Zwar betonten deren VertreterInnen, dass man den Parteienstreit nicht ins Bündnis tragen wolle. Ob sich das in der Praxis durchhalten lässt, muss sich erst zeigen. Schon beim Gründungstreffen konnte sich die mit Michael Prütz prominent vertretene Delegation der WASG einige Sticheleien in Richtung der Senatsparteien nicht verkneifen.
PETER NOWAK
taz Berlin, 6.3.2006
Dazu der Kommentar von Felix Lee:

Ein Bündnis trifft den Nerv der Zeit.
Hurra, wieder einmal hat Berlin ein linkes Bündnis mehr. Gegen den Verkauf öffentlicher Infrastruktur wendet sich die nun gegründete Initiative und nennt sich „Bürgerbündnis gegen Privatisierung“. Allein der dröge Name wird schon dafür sorgen, dass sich diesem Zusammenschluss nicht die Massen anschließen werden. Doch wäre es ein Fehler, diese Initiative als Marginalie abzutun. Zu groß ist die Empörung über die Politik des rot-roten Senats. Dieses Bündnis trifft den Nerv der Zeit.
Bereits seit Jahren ist die Berliner Privatisierungslobby parteiübergreifend eifrig dabei, Betriebe der öffentlichen Daseinsfürsorge zu verscherbeln. Das häufig getreu dem Motto: Der Profit wird privatisiert, die Schulden sozialisiert.
Spätestens beim Verkauf der Wohnungsbaugesellschaft GSW ist deutlich geworden, dass die Leistungen keineswegs preiswerter geworden sind, wie immer behauptet wurde. Im Gegenteil: Sorgten die gemeinnützigen Wohnungsbaugesellschaften einst dafür, dass die Mieten stabil blieben, sind sie nun, in privater Hand, selbst zum aggressiven Preistreiber geworden.
Dass jetzt ein Bündnis entstanden ist, dass sich für die Rückführung ehemals öffentlicher Betriebe einsetzt, zeigt: In der Privatisierungspolitik hat ausgerechnet die linkeste aller linken Regierungskonstellationen versagt. Nur deswegen hat der fundamentaloppositionelle und PDS-feindliche Teil der WASG einen so starken Zulauf.
Es mutet vielleicht seltsam an, dass mit VertreterInnen der Sozialdemokraten und der Linkspartei.PDS auch solche Kräfte im Bündnis sitzen, deren Parteispitzen den Ausverkauf der öffentlichen Betriebe zu verantworten haben. Dass sie dabei sind zeigt: Der Unmut hat selbst die eigenen Reihen erreicht.
taz Berlin, 6.3.2006

Hessen fordert Privatisierung aller staatlicher Immobilien

Berlin (ddp) – Bund und Länder sollten nach Einschätzung von Hessens Finanzminister Karlheinz Weimar (CDU) alle Gebäude und Immobilien privatisieren. «Der Staat muss keine Immobilien besitzen, denn er ist kein guter Immobilienverwalter», sagte Weimar der «Berliner Zeitung» (Montagausgabe) laut Vorabbericht. Ihm fehle die Spezialisierung, und seine Mittel für Unterhalt und Modernisierung würden durch die Haushaltslage bestimmt.
„Ein kleiner Schaden kann dann nach drei, vier Jahren zum großen Schaden werden und nach acht oder zehn Jahren zum Sanierungsfall. Das alles kostet am Ende unendlich viel Geld», sagte Weimar. Hessen gilt unter den Bundesländern als Vorreiter bei der Privatisierung öffentlichen Eigentums.
Weimar sprach sich auch dafür aus, dem Bund mehr Freiraum für den Verkauf von Straßen und Autobahnen einzuräumen. Er plädiere dafür, dass die Kfz-Steuer in Zukunft nicht mehr von den Ländern, sondern vom Bund erhoben werde. «Der hätte dann nämlich alle Instrumente in der Hand, um frei über die Einführung einer Pkw-Maut auf den Autobahnen entscheiden zu können», erklärte der hessische Finanzminister. Wenn man über die Privatisierung von Straßen rede, müsse man entscheiden, ob die Bürger über die Kfz-Steuer oder über individuelle Nutzungsentgelte für die Infrastruktur bezahlen sollten.
Im Tausch für die Kfz-Steuer sollten die Länder dann die Versicherungssteuer bekommen, sagte Weimar. «Diesen Plan hatte es schon einmal gegeben, er wurde aber leider nicht umgesetzt. Wir sollten das erneut angehen.»
Quelle: http://linkszeitung.de/content/view/9436/42/

FDP-Fraktion will BVG zuegig privatisieren – Gutachten vorgelegt

Die FDP-Fraktion des Abgeordnetenhauses hat den Senat aufgefordert, bis Ende August ein Rahmenkonzept zur Privatisierung des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) vorzulegen. „Ziel ist es, einen Wettbewerb zu schaffen“, sagte der Fraktionsvorsitzende Martin Lindner. Die Liberalen präsentierten dazu gestern ein Gutachten des rheinland-pfälzischen Nahverkehrsplaners Martin Haubitz.
Der Mitarbeiter des dortigen Verkehrsministeriums schrieb eine 43seitige Studie zum Thema „Zukunft? Nur im Wettbewerb! – Reform statt Abschottung im ÖPNV Berlins“. Haubitz schlägt darin am Modell Kopenhagens vor, den Nahverkehr einem „kontrollierten Wettbewerb“ auszusetzen. Nach zweijähriger Vorbereitung, so der Vorschlag, könnte die BVG im Sommer 2008 schon erste Bereiche an private Betreiber übergeben. Bis 2016 könnte das gesamte Unternehmen aufgegliedert und verkauft sein. Vorteile: Einsparungen in Höhe von 10 bis 15 Prozent der heutigen Kosten, das Personal wandert über in private Dienstleister – die sich aber dabei verpflichten, die Arbeitsbedingungen wie bisher beizubehalten. „Die BVG muß wettbewerbsfähig werden, denn der Wettbewerb kommt irgendwann sowieso“, so Haubitz.
Bislang zahlt das Land Berlin jährlich Zuschusse für den öffentlichen Personennahverkehr von 615 Millionen Euro. Der Verkehrsvertrag mit der BVG läuft noch bis 2017. Der verkehrspolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Klaus-Peter von Lüdeke sagte, das durch die Privatisierung eingesparte Geld könne man dann in die marode Infrastruktur der Stadt stecken. sz
Artikel erschienen am 18. Januar 2006 in der Welt, http://www.welt.de/data/2006/01/18/833113.html

Marsch gegen die Privatisierung: Am Donnerstag wollen die Postler gegen den geplanten Boersengang des gelben Riesen aufmarschieren – Die Protestmassnahmen koennten theoretisch in einen Streik muenden

Der Wiener Standard (17.01.) berichtet von den Kämpfen gegen die Postprivatisierung: „Der Post-Börsengang spaltet nicht nur Regierung und Opposition, sondern geht wie ein Riss quer durch alle Lager. Während SPÖ und sozialdemokratische Gewerkschafter (FSG) den Zeitpunkt für falsch befinden, eine Wachstumsstrategie und eine Absicherung des staatlichen 51-Prozentanteils vermissen, findet Ex-Finanzminister und SPÖ-Parade-Industrieller Hannes Androsch, dass die Republik sogar 75 Prozent minus eine Aktie über die Börse privatisieren könnte.

„Noch kein Übernahmekandidat“
Denn bei einer Privatisierung von 49 Prozent werde die Post noch nicht zum Übernahmekandidaten, widerspricht Androsch seinem Parteichef Alfred Gusenbauer. Im Gegenteil: „Wenn man eine großzügige Mitarbeiterbeteilung macht und einige österreichische Kernaktionäre einbindet, dann kann man auch auf 25 Prozent plus eine Aktie privatisieren“, sagte Androsch zum STANDARD. Eine staatliche Sperrminorität (25 Prozent plus eine Aktie) sei unter den genannten Bedingungen ausreichend Schutz.
Er, Androsch, verstehe zwar die Bedenken der Gewerkschaft, die „möglichst viele Rechte abgesichert wissen will“, und ebenso die Unterstützung der Gewerkschaftsposition durch die SPÖ. Androsch: „Das ist verständlich, wenn man sich etwa das Verscherbeln der Austria Tabak ansieht.“ Aber schließlich hätten die Privatisierungen Anfang der 90er-Jahre unter Ex- Minister und Ex-ÖIAG-Chef Rudolf Streicher begonnen und die Unternehmen gehörten heute allesamt zu den erfolgreichsten Firmenbeispiele an der Wiener Börse.

Geschäftswelt wäre von Streik am meisten betroffen
Kommt es entgegen allen Erwartungen doch zu Arbeitsniederlegungen, würde dies vor allem die Geschäftswelt zu spüren bekommen. Sie verschickt mit Rechnungen, behördlichen Schriftstücken und Reklamematerial die meisten Poststücke. Einen Beschluss über Protest- und Kampfmaßnahmen gegen den Post-Börsengang haben die rund 100 Mitglieder des Zentralvorstands der Gewerkschaft der Post- und Fernmeldebediensteten bereits im Dezember 2005 gefasst – und zwar mit den Stimmen der Christgewerkschafter.
Einen Streikbeschluss im engeren Sinn umfasse dieser aber (noch) nicht. Dafür brauche es zusätzlich einen ÖGB-Beschluss, sonst bekommen die Streikenden kein Geld.
Unwahrscheinlich war ein Streikbeschloss aber bereits vor der Sitzung – auch deshalb, weil diesen die Telekombediensteten mittragen müssten. Und die haben weder einen Grund noch eine Legitimation dafür. Denn die Telekom schreibt Rekordgewinn und es steht kein nennenswerter Personalabbau bevor. „Wir können einen Streik nicht wirklich rechtfertigen“, sagt denn auch ein hoher Gewerkschaftsfunktionär zum STANDARD. Die Post bleibe vorerst ja mehrheitlich im Staatsbesitz.
Zank um den Post-Börsengang gibt es auch bei den Grünen. Der Anlass: Parteichef Alexander van der Bellen kann sich eine Vollprivatisierung der Post vorstellen, wenn die Versorgungssicherheit gewährleistet ist. Das kritisieren die Alternativen und Grünen GewerkschafterInnen (AUGE/UG) als „nicht nachvollziehbar“, weil die Privatisierung von Infrastrukturunternehmen „insbesondere unter dem Aspekt der Versorgungssicherheit der Bevölkerung mit Postdienstleistungen absolut kontraproduktiv“ wirke. Nachsatz der AUGE: „Wenn bereits jetzt hunderte Postämter geschlossen und tausende MitarbeiterInnen abgebaut worden sind, kann sich jeder ausmalen, was wohl passieren würde, wenn ein Unternehmen wie die Post voll privatisiert ist.“

Schutz der Kleinen
SP-Justizsprecher Hannes Jarolim hat beim Post-Börsengang den Schutz der Kleinaktionäre auch im Fall eines so genannten passiven Kontrollerwerbs verlangt. Bundeskanzler Schüssel sei gefordert, Stellung zu beziehen, dass das Übernahmerecht auch in diesem Fall zur Anwendung komme und damit ein Angebot an den Streubesitz gelegt werden müsse.
Von einem passiven Kontrollerwerb spricht man dann, wenn ein bestehender Großaktionär aussteigt oder bei einer Kapitalerhöhung nicht mitzieht, so dass die Kontrolle über das Unternehmen automatisch auf den nächstgrößten Aktionär übergeht – etwa von der ÖIAG auf einen anderen Großinvestor. Für Anlegerschützer Wilhelm Rasinger ist eine gelbe Volksaktie nur dann gut, wenn Kleinanleger im Übernahmegesetz besser gestellt werden.“
Quelle: http://derstandard.at/?url=/?id=2306820

Postprivatisierung in Oesterreich: Schelte gruener Gewerkschafter fuer Van der Bellen

Die Presse berichtet am 17.01.2006, dass die Idee einer Vollprivatisierung auf heftigen Widerstand stößt.
Die Alternativen und Grünen Gewerkschafter (Auge/
UG) kritisieren die Aussagen von Grünen-Parteichef Alexander van der Bellen zum Post-Börsegang heftig. Von der Bellen lehnt eine Vollprivatisierung der Post nicht ab, wenn die Versorgungssicherheit gewahrt bleibt. Genau „unter dem Aspekt der Versorgungssicherheit der Bevölkerung mit Postdienstleistungen wirkt eine Privatisierung derartiger Infrastrukturunternehmen absolut kontraproduktiv“, konterte die Grüne Gewerkschaft.
„Wenn bereits jetzt schon hunderte Postämter geschlossen und tausende Mitarbeiter abgebaut worden sind, kann sich jeder ausmalen, was wohl passieren würde, wenn ein Unternehmen wie die Post voll privatisiert ist“, sagte wiederum Markus Koza, Bundessekretär von Auge/UG. Die Gewerkschaft fürchtet auch um die soziale und arbeitsrechtliche Absicherung der Postler für den Fall, dass im Zuge der Liberalisierung immer mehr Teilzeit-Jobs geschaffen würden.
Ludwig Dvorak, der Vorsitzende der Sozialistischen Jugend Österreich, nannte die Aussagen Van der Bellens als „weiteren Kniefall vor der ÖVP“: „Es ist unglaubwürdig, sich globalisierungskritisch zu geben, nur um dann der Privatisierung öffentlicher Dienste zuzustimmen.“
Quhttp://www.diepresse.com/Artikel.aspx?channel=e&ressort=eo&id=532434elle:

Der Verkehrsclub Deutschland (VCD) warnt die Bundesregierung angesichts der Diskussion um den Boersengang der Deutschen Bahn AG vor einer Privatisierung der Schieneninfrastruktur

ngo-online berichtet:
(ngo) Der Verkehrsclub Deutschland (VCD) warnt die Bundesregierung angesichts der Diskussion um den Börsengang der Deutschen Bahn AG vor einer Privatisierung der Schieneninfrastruktur. Das Eigentum an Schienenwegen, Bahnhöfen und anderen Infrastruktureinrichtungen, die für den Bahnbetrieb unabdingbar sind, dürfe nicht dem Interesse privaten Kapitals unterstellt werden. Dann würden ausschließlich Renditeerwartungen über Investitionen und Betrieb bestimmen und dem Interesse des Gemeinwohls entgegen stehen. Sollte sich die Privatisierung des Gesamtkonzerns wie vom VCD erwartet als Fehler erweisen, sei der Schaden später nur schwer und mit viel Geld wieder gut zu machen.
„Der Eisenbahnverkehr ist elementarer Bestandteil des öffentlichen Mobilitätsangebotes“, sagte Michael Gehrmann, Vorsitzender des Verkehrsclubs. „Er hat bei der umwelt- und klimaschonenden Fortbewegung eine Spitzenstellung.“ Grundlage dafür sei eine gut ausgebaute und intakte Schieneninfrastruktur. Die könne nur gesichert werden, „wenn sie mit allem was dazu gehört in Eigentum und Verantwortung des Bundes bleibt“.
Bedenken gegen eine Privatisierung des Schienennetzes äußerte Medienberichten zufolge auch der Bundesrechnungshof. Zudem komme nach bisherigen Informationen das von der Bundesregierung in Auftrag gegebene Gutachten der Beratungsgesellschaft Booz Allen Hamilton zu der Empfehlung, Netz und Betrieb im Falle eines Börsenganges zu trennen. „Es gibt ganz offensichtlich nicht nur verkehrspolitische sondern auch gewichtige ökonomische Bedenken gegen eine Privatisierung des Schienennetzes“, so Gehrmann.
Offizielles Ziel der Bahnreform sei es, mehr Verkehr auf die Schiene zu bringen. Daher werde eine Infrastruktur vorgehalten, die der Bund mit jährlich rund vier Milliarden Euro bezuschusse und nur deshalb zahle der Bund jährlich etwa sieben Milliarden Euro Regionalisierungsmittel, die für die Bestellung des Schienenpersonennahverkehrs zur Verfügung stünden.
„Die Existenz der Deutschen Bahn AG wird gegenwärtig dadurch gesichert, dass ihr der staatliche Eigentümer jährlich zehn bis elf Milliarden Euro für Infrastruktur und Betrieb zuwendet“, Heidi Tischmann, Verkehrsreferentin des VCD. Diese enormen Steuermittel müssten einen entsprechenden verkehrspolitischen Nutzen haben: „mehr Verkehr auf der Schiene, weniger Umweltbelastung“.
Fazit des VCD: „Besser ein integrierter Bahnkonzern in öffentlichem Eigentum, als eine privatisierte Infrastruktur mit steuerfinanzierten Monopolrenditen, mit der im Zweifelsfall Konkurrenten ferngehalten werden können – zu Lasten eines flächendeckenden Angebotes.“
Quelle: http://www.ngo-online.de/ganze_nachricht.php?Nr=12690

Warnung vor Privatisierung des Hamburger Hafens

Zuwachsraten von jährlich 15 Prozent beim Containerumschlag erfordern nach Ansicht des Geschäftsführers der Hamburg Port Authority (HPA), Hans Peter Dücker, große Anstrengungen von Hamburg. Eine Aufgabe, die die HPA jetzt als unternehmerisch organisierte Anstalt öffentlichen Rechts besser als eine Behörde bewältigen könne, sagte Dücker gestern abend bei einer Diskussionsveranstaltung des Industrieverbandes Hamburg, zu der Rainer Lagoni (Institut für Seerecht), Wolfgang Weber (Verkehrsministerium Niedersachsen), Ulf C. Göttes (Hafenblick) und Karl Günther Barth (stellvertretender Chefredakteur Hamburger Abendblatt) gekommen waren.
Seit Oktober 2005 ist das frühere Amt für Strom- und Hafenbau keine Behörde mehr und firmiert jetzt als HPA. Anlaß für den Industrieverband, mit Medien und Wirtschaftsvertretern über die ersten 100 Tage zu diskutieren. „Uns ist der Sprung aus dem Behördenapparat gut gelungen“, sagte Dücker.
Während einige kritisierten, daß es keine Privatisierung gegeben habe, warnte Rainer Lagoni vor einer rein privaten Hafeninfrastruktur. Dann würden große internationale Gesellschaften sich einkaufen und den Hafen dominieren. Zudem mußten die Beamten des früheren Amtes für Strom- und Hafenbau untergebracht werden. Wichtig sei nun aber, daß die Politik „die Zügel aus der Hand“ gibt, damit die HPA in Zukunft wirtschaftlich arbeiten kann.

Hamburger Abendblatt vom 12. Januar 2006

Privatisierung: Wien vor Erfolg in der Slowakei

Die Verkehrsrundschau berichtet am 09.01.2006: Wien/Österreich. Die slowakische Regierung will in den nächsten Tagen ihre Entscheidung über den Verkauf der Flughäfen Bratislava und Kosice fällen. Auf Platz eins hat die slowakische Privatisierungskommission das Konsortium TwoOne mit dem Wiener Flughafen gereiht, gab der slowakische Verkehrsminister Pavol Prokopovic bekannt. Die Wiener bieten umgerechnet 368 Millionen Euro für 66 Prozent der Anteile an Bratislava. Für den ostslowakischen Regionalflughafen Kosice wollen sie rund 34 Millionen Euro zahlen.
Wesentlicher Aspekt des Angebotes ist eine Modernisierung der bestehenden Flughafen-Infrastruktur in den kommenden Jahren. Außerdem soll Bratislava in ein gemeinsames Airport-Konzept mit dem Flughafen Wien eingebunden werden. Das Konsortium Isap mit Köln-Bonn zählt zu den unterlegenen Bietern und kündigte eine Beschwerde an, falls TowOne tatsächlich den Zuschlag erhält. (rv)
Quelle:http://www.verkehrsrundschau.de/sixcms/detail.php/364444?template=de_nachrichten_vr&_topnavi=34608&_zielcb=34732

Industrie will weiter privatisieren

SEMMERING/Österreich. Die nächste Koalition solle mit der Privatisierung staatlicher Betriebe weiter machen, fordert die Industrie.
Ort und Zeitpunkt hätten nicht provokanter ausfallen können: Just bei einem Journalistenseminar, das der Verband der Öffentlichen Wirtschaft und Gemeinwirtschaft Österreichs (VÖWG) veranstaltete, gab der Generalsekretär der Industriellenvereinigung, Markus Beyrer, die Devise seiner Interessensvertretung für die Zeit nach der nächsten Nationalratswahl an: „Wir gehen damit in die nächste Regierungsverhandlung.“ Mit „damit“ hat er die Forderung nach weiteren Privatisierungen von Unternehmen mit staatlicher Beteiligung gemeint.
Um konkrete Unternehmen zu nennen, sei es – so Beyrer – „zu früh“. Aber die Zukunft der Staatsunternehmen sowie der Österreichischen Industrieholding sei Thema der nächsten Regierungsverhandlungen.
Dass die Grenzen der Privatisierung in Großbritannien beim Verkauf von Transportdienstleistungen an die Grenzen gestoßen sei, wollte Beyrer nur zum Teil anerkennen: „Die Briten haben gezeigt, wie man es schlecht macht.“ Der Staat solle an Infrastrukturbetrieben, die nicht Gewinn bringend geführt werden können, 25 Prozent und eine Aktie halten. „Zu privatisieren und in die Infrastruktur kein Geld mehr zu investieren, funktioniert nicht.“
In Großbritannien stehe auch ein privatisiertes Kernkraftwerk vor dem Konkurs. „Der Staat musste riesige Summen nachschießen und hat jetzt auch noch die Belastung der Entsorgung des Atommülls am Hals“, wies dagegen Gerhard Greiner, Geschäftsführer des VÖWG, auf Grenzen des Privatisierens hin.

400.000 Arbeitslose
Aufhorchen ließ am ersten Tag der Veranstaltung auch der Generalsekretär des ÖGB, Richard Leutner: Er erwartet für den kommenden Winter erstmals 400.000 Arbeitssuchende in Österreich. „Mit 360.000 Arbeitslosen und Schulungsteilnehmern waren wir im Vorjahr schon sehr hoch. Und die Arbeitslosigkeit sinkt nicht. Im Gegenteil.“
Im Jänner und Februar 2006 könnte daher erstmals an der 400.000er-Grenze gekratzt werden. Er fordert eine „nationale Kraftanstrengung“, die je eine Milliarde Euro Investition in Infrastrukturmaßnahmen und zur Entlastung von Klein- und Mittelbetrieben ausmachen soll. So könnten nach ÖGB-Berechnungen 60.000 Menschen zusätzlich in Beschäftigung gebracht werden. Finanzieren müsste das die Regierung aus dem Budget. Arbeitslosigkeit koste ja auch. „Jeder Prozentpunkt mehr Arbeitslose kostet den Staat eine Milliarde Euro an Mindereinnahmen. Dazu kommen gleichzeitig höhere Ausgaben.“
OÖnachrichten vom 22.11.2005
Quelle: http://www.nachrichten.at/wirtschaft/402353?PHPSESSID=bf415e272e61fd164591405f8b6ebad1

Privatisierung unverzichtbar?

Berlin. Der Deutsche Kulturrat erwartet angesichts der angespannten Haushaltslage eine steigende Zahl von Privatisierungen bei Kultureinrichtungen. Dies ergebe sich aus einer Befragung, an der sich über 50 Prozent der Oberbürgermeister deutscher Großstädte beteiligten, teilte der Kulturrat am Dienstag mit.
Damit bahne sich ein fundamentaler Wandel bei der Finanzierung von Kultureinrichtungen in den Kommunen an, sagte der Geschäftsführer des Kulturrates, Olaf Zimmermann.
Es sei zu befürchten, dass in Zukunft des Öfteren Kultureinrichtungen in Insolvenzgefahr gerieten. Zur Sicherung der kulturellen Infrastruktur sei deshalb privates Engagement unerlässlich, erklärten die Oberbürgermeister unisono. Wie aus der Befragung weiter hervorgeht, soll zum einen die Wirtschaft in die Pflicht genommen werden, als Sponsor von kulturellen Veranstaltungen, Events, Festivals, aber teilweise auch des normalen Betriebes einzutreten. Zum anderen werde teilweise auf Public-Private-Partnership gesetzt, auf eine längerfristige und dauerhafte Finanzierung auch von Kultureinrichtungen gemeinsam durch Unternehmen und die öffentliche Hand.
Unter den 44 von 87 vom Deutschen Kulturrat angefragten Oberbürgermeistern in Städten über 100000 Einwohnern ist der von Osnabrück nicht dabei. Warum, ließ sich gestern nicht feststellen. Tatsache sei aber, so Sven Jürgensen, Pressesprecher der Stadt, auf Anfrage, dass in Osnabrück Veranstaltungen wie der Hansetag im kommenden Jahr und Einrichtungen wie der Zoo oder das von einer Bürgerstiftung finanzierte Kinder- und Jugendtheater längst großzügig von privaten Unternehmen oder Personen unterstützt würden.
Viele Oberbürgermeister hätten beklagt, so der Kulturrat in seiner Mitteilung weiter, dass sinkende Landeszuschüsse das Kulturangebot in der Stadt verschlechterten. Vor allem die Unsicherheiten hinsichtlich der künftigen Landeshaushaltspolitik machten es den Kommunen schwer, ihren Kulturhaushalt zu planen.
Eine besondere Herausforderung bilde der demografische Wandel sowie die Abwanderung besonders in den ostdeutschen Kommunen. Aber auch die westdeutschen Kommunen mit einer schwachen wirtschaftlichen Ausgangssituation seien massiv von Abwanderung betroffen.

Quelle: Neue Osnabrücker Zeitung, 2.11.2005, http://www.neue-oz.de/information/noz_print/feuilleton/12176565.html?SID=84198ead407af25477a42d123b413fe3

Konzerne hoffen auf Auto-Maut

Ein Ausverkauf der Autobahnen ist nicht wahrscheinlich. Doch an der Finanzierung der Verkehrsinfrastruktur durch private Investoren führt kaum ein Weg vorbei
Ausgerechnet jetzt, dachte Friedrich Steiger, als er im Radio die Debatte über die Autobahnprivatisierung hörte, die der designierte Finanzminister Peer Steinbrück vorige Woche entfachte, nachdem sie bereits schon von Wirtschaftsminister Wolfgang Clement ins Spiel gebracht worden war. Die Nachricht erreichte den Vorstandsvorsitzenden des Verbands Unabhängig Beratender Ingenieure und Consultants (VUBIC) auf der A8 bei Stuttgart – auf dem Weg in den Italienurlaub. „Mein erster Gedanke war: umkehren“, sagt Steiger, dessen Verband seit Monaten die Vorteile eines privaten Autobahnnetzes predigt und sogar schon ein Modell dazu entwickelt hat.
Steiger entschied sich gegen das Umkehren und für Italien, so daß er die Diskussion nun im Heilbadeort Montegrotto Terme verfolgt und zuweilen am Hoteltelefon Interviews gibt. Was die Öffentlichkeit jetzt hitzig diskutiert, hat sein Verband längst kühl durchgerechnet. In seinem Modell geht er von 100 Milliarden Euro Verkaufserlös für die Autobahnen aus und schlägt eine Auto-Maut von vier Cent pro Kilometer vor, bei gleichzeitiger Absenkung der Mineralölsteuer um 30 Cent. Ob ein solches Modell Realität wird, ist allerdings fraglich. Eine Vollprivatisierung komme nicht in Frage, sagen Experten. Der Staat könne sich nicht aus seiner Verantwortung stehlen, da an den Autobahnen gesamtwirtschaftliches Interesse hänge. Trotzdem ist es an der Zeit für einen Paradigmenwechsel in der Verkehrsfinanzierung. Drängende Investitionen kann der klamme Bundeshaushalt schwer bewältigen. An einer Beteiligung privater Investoren wird ebenso wie an der Auto-Maut kaum ein Weg vorbeiführen.
Bis zu 127 Milliarden Euro könnte der Staat einnehmen, wenn die deutschen Autobahnen unter den Hammer kämen. Auf diese Höhe hat zumindest das Beratungsunternehmen Prognos den Wert des 12 000 Kilometer langen Autobahnnetzes geschätzt. Obwohl die Studie nie dazu gedacht war, den Ausverkauf der Autobahnen anzugehen, weckt das Ergebnis Begehrlichkeiten. Bei einem öffentlichen Haushaltsminus von 1400 Milliarden Euro könnte der Erlös den Schuldenabbau ein gutes Stück voranbringen und außerdem eine Maßnahme sein, möglichst schnell die Maastricht-Kriterien wieder zu erfüllen.
Auf diese Weise würde die Schuldenlast, die auf jeden Steuerzahler kommt, deutlich sinken. Das entkräftet auch das Argument, die Steuerzahler würden um die von ihnen finanzierte Autobahn betrogen und müßten am Ende doppelt zahlen. „In dem Moment, in dem der Bund die Autobahnen verkauft, fließt das Geld zurück in die Staatskasse und wird dem Steuerzahler wieder gutgeschrieben. Denn der Staat sind ja eigentlich wir“, sagt Steiger.
Dennoch scheint die Rechnung des VUBIC so einfach nicht aufzugehen. Nicht nur weil der Vorstoß gegen eine Mauer des Widerstands prallt. Selbst wenn sich die Gegner überzeugen ließen, wäre eine vollständige Privatisierung ohne weiteres gar nicht möglich. „Die Autobahn stellt ein Objekt der Daseinsvorsorge dar“, sagt Verkehrswissenschaftsprofessor Herbert Baum der Universität Köln. Daher kann sich der Staat wohl nicht komplett aus der Verantwortung zurückziehen. „Es gibt bestimmte verfassungsrechtliche Anforderungen, die den Staat verpflichten, Verkehrswege zur Verfügung zu stellen“, sagt Friedrich Ludwig Hausmann, Partner der Anwaltskanzlei Freshfields Bruckhaus Deringer und Experte für Infrastruktur-Privatisierungen.
In keinem Land der Welt wurde das gesamte Autobahnnetz an private Eigentümer verkauft. Das hat gute Gründe. Vor allem spielen „gesamtwirtschaftliche Erwägungen“ eine Rolle, wie Hans Mayrzedt erklärt. Der Professor für Bau- und Immobilienwirtschaft an der Fachhochschule Biberach sagt: „Eine Autobahn kann man nicht wie eine Fabrik oder ein Stück Brot verkaufen.“ Schließlich sei sie als Teil der Infrastruktur kein normales Gut. Autobahnen erfüllen volkswirtschaftliche Funktionen. Sie dienen sowohl dem Güter- als auch Privatverkehr, entscheiden über die Standortqualität und haben dadurch Auswirkungen auf die Beschäftigung.
Ein reines öffentliches Gut sind sie trotzdem nicht. In diese Kategorie fallen nur solche Güter, bei denen es nicht möglich ist, jemanden vom Konsum auszuschließen, und die ein privater Anbieter deswegen nicht bereitstellen kann. Wegen der Mauttechnik greift dieses Kriterium bei den Autobahnen jedoch nicht. „Mit der Technologie ist es heute möglich, jemanden von der Nutzung auszuschließen, der nicht bezahlt“, sagt Mayrzedt.
Gegen private Betreiber ist daher nichts einzuwenden. Anstatt aber das ganze Autobahnnetz aus Geldnot zu verscherbeln, könnte der Staat befristete Konzessionen an private Betreiber verkaufen, schlägt Mayrzedt vor. Denkbar sei ein Zeitraum von 30 Jahren.
Uwe Kunert, Verkehrsexperte des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), hält eine Versteigerung nach dem Vorbild der UMTS-Lizenzvergabe für ein mögliches Verfahren. Ein ähnliches Konzessionssystem hat Frankreich bereits in den 1970er Jahren eingeführt. Was im Nachbarland auf breite Akzeptanz stößt, stößt hierzulande bei der Autofahrerlobby auf Widerstand. Würde der Staat die Betreiberrechte an Private vergeben, käme damit wahrscheinlich die Auto-Maut durch die Hintertür.
Für einzelne Strecken zahlen müssen Autofahrer bislang nur bei einzelnen Sonderbauten, wie dem Warnow-Tunnel in Rostock. Viele Experten halten die Finanzierung über eine Auto-Maut für das bessere System. „Zweckgebundene Nutzerbeiträge ermöglichen nachfragegerechte Reinvestitionen“, sagt DIW-Experte Kunert. Die Kraftfahrzeug- oder Mineralölsteuer sei viel zu ungenau. Denn was im großen Steuertopf landet, fließt längst nicht allein in den Straßenbau.
„Im allgemeinen Bundeshaushalt gibt es enorme Verteilungskämpfe“, sagt Bremens Verkehrssenator Jens Eckhoff. Für den Ausbau der Infrastruktur sei die Stimmung schlecht. Das hat Folgen, meint Mayrzedt: „Wir verdrängen Investitionen, und das ist der Grund, warum wir unsere Autobahn abwirtschaften.“ Würde ein privater Betreiber eine Auto-Maut kassieren, wären Investitionen in die Straßen gesichert.
Nötig hätte die Infrastruktur das allemal. Deutschland ist das Transitland Nummer eins in Europa. Durch die Osterweiterung dürfte der Verkehr sogar noch weiter zunehmen. Es geht aber nicht nur darum, stark befahrene Autobahnen auszubauen oder Netzteile besser zu verknüpfen. Allein für die Erhaltung muß die öffentliche Hand jedes Jahr mehrere Milliarden Euro hinblättern. „In Zukunft werden Reinvestitionen den größten Teil der Verkehrsausgaben fressen“, sagt DIW-Experte Kunert. Das ahnen auch Verkehrspolitiker wie der Bremer Senator: „Wir brauchen mehr Geld“, sagt Eckhoff, „aber dieses Geld sehe ich nicht in den politischen Haushalten.“
Um voreilige Schritte später nicht zu bereuen, sollte der Bund bei der Vergabe von Betreiberkonzessionen allerdings Weitsicht walten lassen, mahnt DIW-Verkehrsexperte Kunert. „Er muß dafür sorgen, daß Netzteile mit geringer Auslastung genauso einen Markt finden, wie die Filetstücke, auf denen großer Betrieb herrscht“, sagt Kunert und schlägt vor, Verbundskonzessionen zu vergeben. Schwächer genutzte Autobahnstücke könnten dann durch besser ausgelastete Abschnitte quersubventioniert werden.
Nach Investoren für Partnerschaftsprojekte müßte der Bund nicht lange suchen. Investitionen in die Infrastruktur gelten als interessant, da sie einen „stabilen Cash Flow“ versprechen, wie Joachim Spill, Private-Equity-Experte bei Ernst&Young erklärt. „Es gibt einige Private-Equity-Häuser und Banken, die sich so etwas durchaus vorstellen könnten“, sagt er. Gesellschaften wie etwa Terra, Blackstone oder Fortress kämen in Betracht. Anwalt Hausmann von Freshfields Bruckhaus Deringer weiß, daß die Märkte gespannt sind: „Eine ganze Menge Finanzinvestoren und Bauunternehmen warten nur darauf, daß auf diesem Markt hier mehr geschieht.“ Claudia Wüstenhagen
Quelle: Welt am Sonntag, 23. Oktober 2005