kurz erklaert VI: Was sind eigentlich oeffentliche Gueter?

Öffentliche Güter sind Güter, Dienstleistungen und Zustände, für deren Herstellung, Verteilung und Sicherung die Gesellschaft verantwortlich ist. Der Zugang zu öffentlichen Gütern soll grundsätzlich allen Mitgliedern einer Gesellschaft, unabhängig von ihrem Einkommen, offen stehen.
Zu den öffentlichen Gütern können Güter des materiellen Grundbedarfs wie Energie und Wasser sowie soziale, kulturelle und Bildungsdienste gehören – aber auch persönliche Sicherheit, Frieden, saubere Umwelt, Gerechtigkeit und gesellschaftlicher Zusammenhalt.
Was ein öffentliches Gut ist, wird nicht durch stoffliche Eigenschaften, sondern durch politische Entscheidungen bestimmt, denen gesellschaftliche Wertungen, Interessen und Kräfteverhältnisse zugrunde liegen. Im Umfang, der Qualität und der Differenzierung der öffentlichen Güter und in der Bereitschaft, diese aus den öffentlichen Haushalten zu finanzieren, kommt das herrschende Selbstverständnis einer Gesellschaft und der Grad der innergesellschaftlichen Solidarität als Gegenpol zur einzelwirtschaftlichen Konkurrenz zum Ausdruck.
Die „Öffentlichkeit“ der öffentlichen Güter erfordert es, dass der politische Prozess, in dem über sie entschieden wird, transparent und demokratisch verläuft.
Die jüngste weltweite Privatisierungs- und Liberalisierungswelle hat die öffentlichen Güter unter starken Druck gesetzt. Dies wurde zum einen durch bürokratische Strukturen und Ineffizienz bei ihrer traditionellen Bereitstellung durch staatliche Apparate und zum anderen durch das Austrocknen der öffentlichen Haushalte gefördert.
Öffentliche Unternehmen sind mittlerweile vielfach durch private Bereitstellung unter öffentlicher Aufsicht ersetzt worden. Die Regulierung privat erbrachter öffentlicher Dienstleistungen ist jedoch schwierig, kostspielig und vielfach ineffizient.
Öffentliche Güter sind im Rahmen von Nationalstaaten entwickelt worden und bilden in deren Rahmen die Grundlage des sozialen Zusammenhalts und ein wichtiges Gegengewicht zur Marktkonkurrenz.
Die neoliberale Globalisierung hat zu scharfen internationalen Polarisierungen, Konflikten und Gefährdungen großer Teile der Menschheit geführt. In der Kritik hieran und in den gesellschaftlichen Gegenbewegungen hierzu ist der Begriff der globalen öffentlichen Güter entstanden.
Aus der taz vom 19.7.2004, S. 9, Autor: JÖRG HUFFSCHMID
Das Lexikon entsteht in Kooperation mit dem wissenschaftlichen Beirat von Attac und erscheint jeden Montag.

Die Woba als Paradebeispiel. Dresdner Wohnungsverkauf erregt bundesweit Aufsehen – Kritik wird lauter

Der Verkauf des Dresdner Wohnungsunternehmens Woba kommt in die letzten Phase. Während in der Stadt bereits über den Einsatz des Kauferlöses gestritten wird, mehren sich bundesweit die warnenden Stimmen.
Gong zur letzten Runde: Bis Montag müssen die Interessenten für den Kauf der Dresdner städtischen Wohnungsgesellschaft Woba – dem Vernehmen nach sind das die Immobilienfonds Appellas, Corpus und Fortress sowie der italienische Mischkonzern Pirelli – ihre Angebote vorgelegt haben. Danach bleibt noch etwas mehr als ein Monat, um mit den Höchstbietenden über Details zu verhandeln. Im März entscheidet der Stadtrat, wer die Gesellschaft mit ihren rund 48 000 Wohnungen übernimmt. Es werde, sagt Finanzbürgermeister Hartmut Vorjohann, »Wettbewerb bis zur letzten Minute« geben.
Gerungen wird schon jetzt um die Verwendung des Verkaufserlöses, der Schätzungen zufolge 650 Millionen Euro betragen könnte. Der Stadtrat hatte ursprünglich beschlossen, das Geld ausschließlich in die Schuldentilgung zu stecken. Im Etat für 2007 hat Vorjohann aber 60 Millionen für Investitionen in Verkehrsbauten und die Sanierung von Schulen, Kitas und Kulturpalast eingestellt.
Die Linksfraktion, die den Verkauf gegen heftige Widerstände aus der Partei mehrheitlich unterstützt, zugleich aber auf einem Junktim zwischen Verkauf und Schuldentilgung besteht, sah sich einer Zerreißprobe ausgesetzt, hat aber nach Aussagen von Stadträtin Christine Ostrowski einen Kompromiss erzielt. Dieser sieht im Kern vor, die 60 Millionen in einen Extratopf zu zahlen, daraus die auch von der Linken lange geforderten Investitionen zu finanzieren und den Topf bis 2010 wieder aufzufüllen. Mehrerlöse sollten »radikal« in die Entschuldung fließen.
Skeptiker dürften sich jedoch in ihren Befürchtungen, mit dem Geld würden Haushaltslöcher gestopft, bestätigt sehen. Die Kritiker finden sich nicht mehr nur in der Dresdner Kommunalpolitik oder beim Deutschen Mieterbund, der vor einem »nicht wieder gut zu machenden Fehler« warnt. Auch Sachsens CDU-Innenminister Albrecht Buttolo bezeichnet den Verkauf kürzlich als »schlechthin unsinnig«, weil die Stadt eine »wichtige Manövriermasse für die kommunale Daseinsvorsorge« preisgebe.
Dass Buttolos Äußerungen in der »Welt« erschienen, belegt zudem, dass der Woba-Verkauf zunehmend bundesweit als Musterfall für den Umgang mit Wohnungen in öffentlichem Besitz angesehen wird. Von knapp vier Millionen solcher Wohnungen sind bereits 600 000 verkauft, in der Regel an angelsächsische Immobilienfonds; eine weitere Million steht zur Veräußerung. Die »Zeit« widmete diesem Thema kürzlich ein umfangreiches Dossier und ging dabei ebenfalls auf den Fall Dresden ein.
Politisch wird das Thema sehr kontrovers diskutiert – quer zu den vorhersehbaren Fronten. Kritiker des Woba-Verkaufs verweisen mit Genugtuung auf ein Interview des Hamburger CDU-Bürgermeisters Ole von Beust in der »Zeit«, in dem die Wahlniederlage im Bund analysiert wird. Von Beust bekennt sich dort zu einer »gewissen Schutzfunktion«, die der Staat ausüben oder für die er Standards setzen müsse. Vor einem Verkauf kommunaler Wohnungen aus ordnungspolitischen oder finanziellen Gründen könne er nur warnen.
Während Dresdner Linke wie Ostrowski in diesem Zusammenhang auf die sehr weitreichende »Sozialcharta« für den Verkauf verweisen, gehen führende Genossen der Linkspartei zum Woba-Verkauf deutlich auf Distanz. Als Oskar Lafontaine letzten Samstag auf der Berliner Rosa-Luxemburg-Konferenz Bausteine für ein Gründungsmanifest vorstellte und Widerstand gegen jegliche Privatisierung kommunaler Dienstleistungen als eine der »Grundlinien« bezeichnete, die in Regierungsbeteiligung nicht überschritten werden dürften, kritisierte der Fraktionschef nicht nur den auch von der Linkspartei mitgetragenen Beschluss zum Verkauf der Berliner Wohnungsgesellschaft GSW, sondern ausdrücklich auch die Vorgänge in Dresden: »Das war ein Fehler.« Linke Politik sei stärker als die der anderen Parteien auf Glaubwürdigkeit angewiesen, so Lafontaine. Wer sich gegen Privatisierungen ausspreche, müsse dies auch in politischer Verantwortung durchhalten.
Von Hendrik Lasch
Quelle: Neues Deutschland vom 18.01.2006 >>> http://www.nd-online.de/funkprint.asp?AID=84273&IDC=2&DB=

"European Rivers Network" & Wasser-Aneigung von Oben per Mega-Staudaemmen geht weiter

Das European Rivers Network (ERN) ist ein europäisches Informations- und Arbeitsnetzwerk von Organisationen und Einzelpersonen für den Schutz der Flüsse. Ziel von ERN ist es, Vereine und Organisationen zu vernetzen und die Kommunikation zwischen diesen Organisationen zu verbessern (Umwelt- , Kultur-, Menschenrechts- und Bildungsorganisationen) und Sensibilisierungskampagnen zugunsten lebendiger Flüsse durchzuführen. ERN unterstützt das nachhaltige, vernünftige Management von lebendigen Flüssen im Gegensatz zur Ausbeutung, Verschmutzung und Degradation, die oft Folge des bisherigen Wasserbaues war. ERN hat einen Newsticker in drei Sprachen, der auch die Wasserprivatisierungsthematik beinhaltet.

Dokumentation eines taz-Artikels:

„Megawasserprojekte, die soziale und ökologische Probleme verschärfen, sollen nicht mehr gebaut werden. Das schlug eine internationale Kommission schon vor fünf Jahren vor. Heute zeigt sich: Daran halten sich nur wenige, auch Deutschland nicht.

Alle Mega-Staudämme haben enorme ökologische und soziale Folgen: der Drei-Schluchten-Staudamm in China, die Narmada-Staudämme in Indien und das Atatürk-Staudammprojekt im Südosten der Türkei. Vor genau fünf Jahren wurden daher von der Weltstaudammkommission (WCD) Richtlinien für den Staudammbau vorgelegt. Diese sollen die negativen Folgen abschwächen.

Danach wurde der Industrie, den Regierungen und den Finanziers empfohlen, die Betroffenen stärker zu berücksichtigen und Alternativen zu Staudämmen zu entwickeln. Doch diese Richtlinien spielen etwa bei der Kreditvergabe für neue Dämme kaum eine Rolle, mahnt jetzt das International Rivers Network (IRN). Es hat für heute Vertreter aus Banken, Regierungen, Wirtschaft und Nichtregierungsorganisationen zu einer internationalen Tagung nach Berlin geladen.

Weltweite Proteste führten 1997 dazu, dass die Weltstaudammkommission (Worldcommission on Dams, WCD) ins Leben gerufen wurde. Sie setzte sich aus Betroffenen und aus VertreterInnen aus Regierungen, Industrie, Verbänden und Wissenschaft zusammen. Zwei Jahre lang untersuchte die Kommission die Kosten und Nutzen von Großdämmen. Sie traf Personen, die über brutale Vertreibungen sowie mangelnde Entschädigung der Betroffenen berichteten. Die Richtlinien, die die Experten daraufhin erarbeiteten, sollten dafür sorgen, dass die Menschenrechte künftig stärker berücksichtigt werden.

Dennoch, so moniert der World Wildlife Fund, würden momentan 400 größere Staudämme gebaut – weitere sind geplant. Dabei sei bei vielen der Nutzen fraglich. „Die Staudammindustrie, die Weltbank und viele Regierungen wehren sich gegen den Einfluss, der den betroffenen Bevölkerungsgruppen eingeräumt werden soll“, bestätigt Ann Kathrin Schneider vom IRN. Besonders erstaunlich sei das Verhalten der Weltbank. Obwohl sie die Richtlinien offiziell mittrage, nehme sie die Standards bei ihrer Kreditvergabe nicht auf.

Auch die deutsche Position sei widersprüchlich. Offiziell habe die Regierung die Staudamm-Richtlinien anerkannt. Doch ist – zumal mit dem Regierungswechsel – unklar, inwieweit sie sich an sie hält. Beispiel 1: Der Bau des Ilisu-Staudamms am Tigris. Die deutsche Züblin ist am Baukonsortium beteiligt. Nun erwägt sie, die Außenwirtschaftsförderung bei der deutschen Regierung zu beantragen. Die Erfolgsaussichten gelten als gut.

Beispiel 2: Deutschland unterstützt den Nam-Theun-2-Staudamm in Laos. INR-Frau Schneider sagt: „Es wurde nicht ernsthaft geprüft, welche Alternativen zur Armutsbekämpfung es neben der Wasserkraft in Laos gab.“ Manfred Konukiewitz vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit (BMZ) will den Vorwurf allerdings nicht gelten lassen. „Es wird kontinuierlich geprüft, ob die Einnahmen aus dem Staudamm von Laos zur Armutsbekämpfung genutzt werden.“

http://www.irn.org/wcd/5/main.html

taz Nr. 7820 vom 15.11.2005, Seite 9, 101 von Ariane Brenssell“

Privatisierung des Bethanien gestoppt

Erster Erfolg für das Bürgerbegehren gegen den Verkauf des Bethanien: Das Kreuzberger Kunsthaus geht vorerst nicht an den Liegenschaftsfonds. Gemeinsam mit Anwohnern und Nutzern will der Bezirk ein neues Konzept für das Haus erarbeiten
Einen ersten großen Erfolg konnte das Bürgerbegehren gegen die Privatisierung des Bethanien am Mittwochabend feiern: Mit der Dreiviertelmehrheit von Linkspartei.PDS, SPD und Grünen beschloss die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) Friedrichshain-Kreuzberg, die „geplante Abgabe des Hauptgebäudes Bethanien an den Liegenschaftsfonds mindestens bis zum Abschluss des Bürgerbegehrens auszusetzen“. Zudem soll in einem moderierten Prozess gemeinsam mit den Anwohnern, der Initiative Zukunft Bethanien (IZB) und „weiteren lokalen Akteuren“ ein neues Nutzungskonzept für das Bethanien als „Haus für Kunst, Kultur, soziokulturelle Angebote und kulturnahe Dienstleistungen“ erarbeitet werden. Ein Antrag der CDU auf sofortige Räumung der als „New Yorck 59“ besetzten Etagen des Südflügels lehnten die Abgeordneten als „unrealistisch“ ab.
„Wir freuen uns, dass die BVV nun auch da angekommen ist, wo wir vor sechs Monaten unser Bürgerbegehren begonnen haben“, kommentierte Simone Kypke von der IZB die Entscheidung. De facto ist damit der von allen Parteien der BVV getragene Beschluss, das Bethanien zu einem „Internationalen kulturellen Gründerzentrum“ zu entwickeln und an einen privaten Investor zu verkaufen, vom Tisch. Dieser, die M & R Arend GmbH aus Bad Homburg, die Kulturevents veranstaltet wie zum Beispiel das Musical „Cats“ in Bremen, droht gegenüber Wirtschaftsstadtrat Lorenz Postler (SPD) bereits mit Schadensersatzforderungen.
Auch wenn stellenweise die Formulierungen des BVV-Antrags fast wörtlich der Begründung des Bürgerbegehrens entnommen sind, ist dieses noch nicht überflüssig. Denn in ihrer Unfähigkeit zuzugeben, vor drei Jahren eventuell eine falsche Entscheidung getroffen zu haben, ließen die Abgeordneten vieles im Vagen. So verkaufte man den neuen Beschluss als „Änderungsantrag“ zur alten Entscheidung.
Für Aufregung sorgte während der fast vierstündigen Sitzung zum Thema Bethanien zudem ein Auftritt von Christoph Tannert, des Geschäftsführers der im Haus ansässigen Künstlerhaus Bethanien GmbH. Neben seinen Vorstellungen von „professioneller Kultur“ sprach er vom „parasitären Selbstverwirklichungsprogramm der Hausbesetzer“. Für seine Rede erhielt er nicht nur von der CDU, sondern auch von etwa zwei Dritteln der Abgeordneten der Linkspartei.PDS Beifall. Im Juni hatten ehemalige Bewohner des linken Hausprojekts in der Yorckstraße 59 Teile des Bethanien besetzt.
Dagegen rangen sowohl SPD als auch Grüne spitzfindig um Formulierungen, in denen die „New Yorck 59“ noch eingebunden ist. Sind mit „gegenwärtigen legalen Nutzern“ oder „weiteren lokalen Akteuren“ auch die Besetzer gemeint? Hintergrund für die Formulierungskünste: Am kommenden Montag beginnen die Verhandlungen um einen Nutzungsvertrag für den besetzten Südflügel zwischen IZB und Bezirksamt.
Bedeckt hielten sich alle Parteien auch mit neuen Vorschlägen zur Bewirtschaftung des Bethanien. Vielleicht hat Bezirksbürgermeisterin Cornelia Reinauer (Linkspartei.PDS) bis zum 29. November „einen Ausweg“ gefunden. An diesem Abend trifft sich um 19 Uhr ein erster öffentlicher runder Tisch zur Zukunft des Bethanien mit den verschiedenen Nutzern des Hauses, Vertretern der IZB sowie des Bezirksamts in der St.-Thomas-Kirche auf dem Mariannenplatz.

Von Christoph Villinger

Quelle: taz Berlin lokal vom 25.11.2005, Seite 24

Neues vom Bethanien – PE und Offener Brief des Buergerbegehrens gegen Raeumungsbeschluss und Privatisierung

„Initiative Zukunft Bethanien“ schrieb am 02.11.05 02:28:35:
FreundInnen und UnterstützerInnen!!
Anläßlich der Räumungsandrohung gegen die NewYorck59 rufen wir Euch zur solidarischen Unterstützung auf. Die Räumung geht uns alle an – sie ist ein Schlag gegen alle Menschen, die sich gegen die Privatisierung im Kiez und den Verlust öffentlicher Räume engagieren und von der neoliberalen „SPDS“-Politik die Schnauze voll haben. Wenn wir die Räumung verhindern, wird dies Signalwirkung haben: neoliberale Politik wird nicht ewig dauern und Dummheit kann nicht ewig siegen!!!
Keine Räumung der NewYorck59!
Hände weg vom Bethanien!
Schreibt an die Verantwortlichen oder ruft sie an! Nervt sie und stellt sie zur Rede:
Cornelia Reinauer – PDS – Bürgermiesterin: cornelia.reinauer@ba-fk.verwalt-berlin.de
Tel: 90298-2301, Fax. -4178
Franz Schulz – Bündnis90/Die Grünen – Stadtrat für Bauen und Stadtentwicklung: ursula-meyer@ba-fk.verwalt-berlin.de
Tel: 90298-3260, Fax: -2512
Kerstin Bauer – PDS – Stadträting für gesundheit und Soziales: regina.ruhland@ba-fk.verwalt-berlin.de
Tel: 90298-2601, Fax: -2505
Lorenz Postler – SPD – Stadtrat für Wirtschaft, Finanzen und Bürgerdienste: lorenz.postler@ba-fk.verwalt-berlin.de
Tel: 90298-4825, Fax: -4182
Sigrid Klebba – SPD – Stadträtin für Jugend, Familie und Sport: sigrid.klebba@ba-fk.verwalt-berlin.de
Tel:90298-2330, Fax: -4194
Harald Wolf – PDS – Wirtschaftssenator und Bürgermeister von Berlin: harald.wolf@senwaf.verwalt-berlin.de
Tel: 9026-3300/1 Fax: 9026-3302
Klaus Wowereit – SPD – Regierender Bürgermeister von Berlin: der-regierende-buergermeister@skzl.verwalt-berlin.de
Tel: 9026-3015 Fax: 9026-3019
Steffen Zillich – Kreuzberger PDS -Abgeordneter im Abgeordnetenhaus: steffen.zillich@pds.parlament-berlin.de
Tel: 2325-2571 Fax: 2325-2515
Kommt ins Bethanien am Mittwoch (heute, 02.11.) um 9 Uhr zum Frühstück und/ oder um 11 Uhr zum Offenen Plenum!
Kommt zum Kottbusser Tor am Mittwoch (heute) um 18 Uhr zur großen Antiräumungsdemo!
Kommt am Donnerstag zu unserer Antiräumungsveranstaltung mit Christian Ströbele und weiteren Gästen, 19 Uhr im Bethanien Hauptgebäude, Südflügel (auf die Schilder achten)!

PRESSEERKLÄRUNG vom 02.11.05
INITIATIVE ZUKUNFT BETHANIEN (IZB) VERURTEILT RÄUMUNGSBESCHLUSS GEGEN HAUSPROJEKT NEWYORCK59
Das Bezirksamt hat die Räumung des Hausprojektes NewYorck59 beschlossen.
Der Südflügel des Bethanien-Hauptgebäudes ist seit dem Sommer diesen Jahres nach langem Leerstand durch das Hausprojekt NewYorck59 wieder zu einem offenen Ort lebendiger Vielfalt, Kreativität, Aktivität und Lebensfreude geworden; auch die IZB nutzt seit Monaten diesen Freiraum zur Vorbereitung und Durchführung des BürgerInnenbegehrens.
Dieser hoffnungsvolle Zustand soll jetzt brutal beendet werden. Kreuzberger BürgerInnen dürfen in Zukunft wieder die leeren Räume von außen bewundern: ein großartiger Beitrag der lokalen Fraktionen von PDS und SPD zum Programm „Soziale Stadt“!
Anbei geben wir Ihnen Kenntnis von einem Brief, den wir als BürgerInneninitiative vor fünf Tagen an die Bezirksbürgermeisterin Frau Reinauer und das Bezirksamt geschrieben haben. Leider gibt es bis heute seitens der Adressaten des Briefes keine Anzeichen, die auf ein Einlenken hindeuten – im Gegenteil.
Wie aus dem beiliegenden Brief näher hervorgeht, wird die Räumung erneuten Leerstand zur Folge haben. Das Hausprojekt NewYorck59 hat sich immer um Verhandlungen bemüht.
Es ist absolut unverständlich, wie gerade Parteien wie PDS und SPD, die in Wahlkampfzeiten nie zögern, mit sozialer Rhetorik auf Stimmenfang zu gehen, nur kurz nach der letzten Wahl auf neoliberalen und gleichzeitig repressiven Kurs setzen. Mit den Stimmen von PDS und SPD hat das Bezirksamt von Kreuzberg-Friedrichshain völlig unnötige und nicht zu akzeptierende Polizeimaßnahmen gegen ein Projekt beschlossen, das sie, würden sie sich auch nur minimal an die eigenen Aussagen halten, massiv unterstützen müssten.
Die IZB kann über die Gründe für den Entschluß zur Räumung nur spekulieren. Während durch das BürgerInnenbegehren der Verkauf an einen Privatinvestor vorerst gestoppt ist, versucht das Bezirksamt anscheinend, Tatsachen zu schaffen, um einen Verkauf gegen den Willen der Bevölkerung doch noch durchzusetzen. Ein Gebäude mit großen leer geräumten Flächen ist leichter zu verscherbeln oder an den Liegenschaftsfond des Senats zu übergeben.
Die Initiative Zukunft Bethanien wird gemeinsam mit den AnwohnerInnen und lokalen Initiativen versuchen, die Räumung des Hausprojektes NewYorck zu verhindern. Wir möchten Sie hierzu noch auf folgende Veranstaltung hinweisen:
Donnerstag, 03.11.05: Diskussions- und Protestveranstaltung mit Christian Ströbele, MdB, und weiteren ReferentInnen, 19.00 Uhr, Bethanien-Hauptgebäude (bitte Hinweisschilder beachten).

INITIATIVE ZUKUNFT BETHANIEN
Offener Brief an die Bezirksbürgermeisterin Frau Reinauer und das Bezirksamt Kreuzberg-Friedrichshain
Initiative Zukunft Bethanien – IZB –
Haus Bethanien – Südflügel – Mariannenplatz 2
initiative@bethanien.info – www.Bethanien.Info
Fon: 0179 851 77 00
Zur Eskalationsoption des Bezirkes in Bezug auf das Hausprojekt NewYorck59
Berlin, 26.10.05

Sehr geehrte Frau Reinauer,
mit Verwunderung entnahmen wir Presseberichten der vergangenen Wochen, dass seitens des Bezirkes eine Eskalationsstrategie gegenüber dem Hausprojekt NewYorck59 weiterhin als mögliche Option betrachtet wird. Dass die veränderte politische Situation um das Bethanien eine Neubewertung erfordert, wird nicht berücksichtigt.
Als Begründung, warum das Hausprojekt NewYorck59 die bis zur Besetzung im Juni diesen Jahres leerstehenden Räume Ende Oktober verlassen müsse, wurden bislang von Ihnen drei Gründe angeführt: die notwendige Leerung des Südflügels wegen der kurz vor dem Abschluss stehenden Verkaufsverhandlungen mit einem privaten Investor (so Frau Reinauer auf der Mariannenplatzrunde am 29.09.05), die geplante zweiwöchige Zwischennutzung im nächsten Sommer durch das Street-Football-Projekt, sowie der Abbruch der Verhandlungen durch das Hausprojekt NewYorck.
Wie Ihnen bekannt sein dürfte, hat die Initiative Zukunft Bethanien am Mittwoch, den 19.10.05, beim Bezirksamt das BürgerInnenbegehren zur Zukunft des Bethanien-Hauptgebäudes eingereicht. Sobald die Kostenschätzung des Bezirks erfolgt ist (binnen kürzester Frist laut Rechtsamtsleiter Herrn Baasen), wird das BürgerInnenbegehren formal angezeigt. Die Unterschriftensammlung beginnt dann umgehend.
Selbstverständlich ist mit der Einreichung des BürgerInnenbegehrens nicht per se eine Legalisierung des Status des NewYorck59 im Bethanien verbunden, und dies ist auch nicht Aufgabe oder Intention des BürgerInnenbegehrens der IZB. Jedoch hat Herr Postler gegenüber der Initiative und auch in der Berliner Zeitung vom 07.09.2005 ausgeschlossen, dass das Bezirksamt einem Verkauf des Bethanien-Hauptgebäudes zustimmen wird, solange das BürgerInnenbegehren bzw. der –entscheid läuft.
Die veränderte Situation erfordert eine Neubewertung und gegebenenfalls Revision politischer Entscheidungen. Die IZB hält es für politisch nicht vertretbar, nun Maßnahmen zu treffen, welche einen erneuten langfristigen Leerstand großer Teile des Südflügels zur Folge hätten. Es gibt derzeit keinerlei Anlass, durch eine überstürzte, kurzfristige Eskalation den politischen und sozialen Frieden in diesem Bezirk, welcher uns ebenso wie Ihnen am Herzen liegt, zu gefährden.
Die Initiative Zukunft Bethanien befürwortet ausdrücklich das im Sommer nächsten Jahres geplante Street-Football-Projekt. Die Initiative sieht jedoch keinerlei Notwendigkeit, die ca. 200 SportlerInnen während dieser zwei Wochen ausgerechnet im Südflügel des Bethanien-Hauptgebäudes unterzubringen. Es gibt ausreichend zu diesem Zweck nutzbare freie Flächen in unmittelbarer Umgebung des Mariannenplatzes. Gespräche hierzu zwischen dem Hausprojekt NewYorck59 und den KoordinatorInnen des Projektes haben bereits stattgefunden. Wir halten es weder der Öffentlichkeit noch den internationalen SportlerInnen gegenüber für vertretbar, ein funktionierendes Hausprojekt wegen des geplanten Football-Projektes zu vertreiben.
Seitens des Bezirkes wird gelegentlich argumentiert, dass das Hausprojekt NewYorck die Verhandlungen über eine Nutzung abgebrochen habe. Das Hausprojekt hat in den letzten Wochen und Monaten mehrfach, auch öffentlich, die Bereitschaft und den Wunsch geäußert, die diesbezüglichen Verhandlungen wieder aufzunehmen. Die Initiative Zukunft Bethanien hält es für absolut unverständlich und auch politisch unvertretbar, mit dem Verweis auf zurückliegende Missverständnisse eine Eskalationsstrategie als Option zu begründen. Wir als IZB wünschen uns, dass in einem Moment, in dem nichts der Aufnahme von konstruktiven Verhandlungen entgegensteht, diese Chance auch ergriffen wird.
Das Hausprojekt NewYorck59 befindet sich nun seit vier Monaten im Bethanien. Die seither durchgeführten Veranstaltungen (u.a. ein großes Sommerfest, Kunstprojekte und Ausstellungen, Informationsveranstaltungen und Filmvorführungen) stoßen auf großes Interesse seitens der AnwohnerInnen, bestehender Kiezinitiativen und bei Projekten über die Grenzen Friedrichshain-Kreuzbergs hinaus. Neben den eher überregional und international orientierten Projekten der sonstigen Nutzer des Bethanien ist dabei der v.a. lokale Bezug des Hausprojektes NewYorck59 ein Gewinn für Haus und Bezirk. Mit Unterstützung des Hausprojektes NewYorck59 wurde ein regelmäßiges öffentliches AnwohnerInnenforum wiederbelebt, welches nächste Woche zum fünften Mal stattfinden wird, ebenfalls auf große Resonanz stößt und die Vernetzung verschiedenster kultureller und künstlerischer, sozialer und politischer Initiativen nachhaltig vorantreibt.
Die Initiative Zukunft Bethanien betrachtet mit absolutem Unverständnis, wie gerade von den Parteien PDS und SPD derzeit die Vertreibung eines vorbildlichen Hausprojektes als mögliche Option dargestellt wird. Wir denken, dass es an dieser Stelle nicht notwendig ist, auf die zahlreichen Grundsatzprogramme, Wahlerklärungen und öffentliche Aussagen Ihrer Parteien auf lokaler, regionaler und bundesweiter Ebene genauer einzugehen. In all diesen Papieren taucht die Forderung nach Vielfalt und Integration auf, nach bürgerschaftlichem Engagement und aktiver Nachbarschaft, nach kulturellen Beteiligungsmöglichkeiten und sozialer Kommunikation.
Wird die Vertreibung eines genau den hier formulierten Zielen entsprechenden Hausprojektes, welche sich auf keinerlei sachliche Notwendigkeit berufen kann und unnötigen, kostenintensiven Leerstand nach sich zöge, als reale Option betrachtet, stellt sich – und das in Zeiten des zunehmenden Misstrauens der Bevölkerung nicht unbedingt in Politik, aber auf jeden Fall in Parteien – die Frage: Handelt es sich bei diesen Aussagen und Forderungen vielleicht um bloße Rhetorik, welche schon wenige Wochen nach der letzten Wahl wieder vergessen ist?
An dieser Stelle erlauben wir uns darauf hinzuweisen, dass in den nächsten Monaten seitens der Initiative Zukunft Bethanien verschiedene Veranstaltungen zu den Themen Stadtumstrukturierung, kulturelle Teilhabe, Zukunft des Bethanien und weiterem geplant sind. Wir gehen davon aus, dass die aktiven PolitikerInnen des Bezirks die Möglichkeit nutzen werden, ihre Vorstellungen auf diesen Veranstaltungen einer breiteren Öffentlichkeit darzulegen.
Die Initiative Zukunft Bethanien (wie auch viele andere lokale Initiativen) unterstützt den Verbleib des Hausprojektes NewYorck59 im Südflügel des Bethanien-Hauptgebäudes. Eine Vertreibung des Hausprojektes ist weder sachlich notwendig noch politisch begründbar. Der Bezirk wird deshalb aufgefordert, die veränderten politischen Bedingungen zu akzeptieren, die derzeit unklare Situation zu klären und unverzüglich neue Verhandlungen mit dem Hausprojekt NewYorck59 über eine auch weiterhin legale Nutzung von Teilen des Südflügels des Bethanien-Hauptgebäudes aufzunehmen.
Wir gehen davon aus, dass der Bezirk sich der Argumentation dieses Briefes nicht verschließen wird, und von einer Eskalationsstrategie, welche niemandem nutzen kann, absieht. Die Initiative Zukunft Bethanien ist gerne bereit, über dieses Thema mit Ihnen weiter zu diskutieren.
Mit Ihrer Kooperation rechnend verbleiben wir
mit freundlichen Grüßen,
INITIATIVE ZUKUNFT BETHANIEN

Privatisierung unverzichtbar?

Berlin. Der Deutsche Kulturrat erwartet angesichts der angespannten Haushaltslage eine steigende Zahl von Privatisierungen bei Kultureinrichtungen. Dies ergebe sich aus einer Befragung, an der sich über 50 Prozent der Oberbürgermeister deutscher Großstädte beteiligten, teilte der Kulturrat am Dienstag mit.
Damit bahne sich ein fundamentaler Wandel bei der Finanzierung von Kultureinrichtungen in den Kommunen an, sagte der Geschäftsführer des Kulturrates, Olaf Zimmermann.
Es sei zu befürchten, dass in Zukunft des Öfteren Kultureinrichtungen in Insolvenzgefahr gerieten. Zur Sicherung der kulturellen Infrastruktur sei deshalb privates Engagement unerlässlich, erklärten die Oberbürgermeister unisono. Wie aus der Befragung weiter hervorgeht, soll zum einen die Wirtschaft in die Pflicht genommen werden, als Sponsor von kulturellen Veranstaltungen, Events, Festivals, aber teilweise auch des normalen Betriebes einzutreten. Zum anderen werde teilweise auf Public-Private-Partnership gesetzt, auf eine längerfristige und dauerhafte Finanzierung auch von Kultureinrichtungen gemeinsam durch Unternehmen und die öffentliche Hand.
Unter den 44 von 87 vom Deutschen Kulturrat angefragten Oberbürgermeistern in Städten über 100000 Einwohnern ist der von Osnabrück nicht dabei. Warum, ließ sich gestern nicht feststellen. Tatsache sei aber, so Sven Jürgensen, Pressesprecher der Stadt, auf Anfrage, dass in Osnabrück Veranstaltungen wie der Hansetag im kommenden Jahr und Einrichtungen wie der Zoo oder das von einer Bürgerstiftung finanzierte Kinder- und Jugendtheater längst großzügig von privaten Unternehmen oder Personen unterstützt würden.
Viele Oberbürgermeister hätten beklagt, so der Kulturrat in seiner Mitteilung weiter, dass sinkende Landeszuschüsse das Kulturangebot in der Stadt verschlechterten. Vor allem die Unsicherheiten hinsichtlich der künftigen Landeshaushaltspolitik machten es den Kommunen schwer, ihren Kulturhaushalt zu planen.
Eine besondere Herausforderung bilde der demografische Wandel sowie die Abwanderung besonders in den ostdeutschen Kommunen. Aber auch die westdeutschen Kommunen mit einer schwachen wirtschaftlichen Ausgangssituation seien massiv von Abwanderung betroffen.

Quelle: Neue Osnabrücker Zeitung, 2.11.2005, http://www.neue-oz.de/information/noz_print/feuilleton/12176565.html?SID=84198ead407af25477a42d123b413fe3

Buergerbegehren fuer das Bethanien

Erstmals in Berlin: 5000 Unterschriften sollen Privatisierung verhindern und Hausbesetzern aus der Yorckstraße Wohnraum bieten

Das Künstlerhaus Bethanien soll in öffentlicher Hand bleiben – und möglichst den nur noch bis Ende Oktober offiziell geduldeten Besetzern eine dauerhafte Bleibe bieten. Das ist das Ziel von Berlins erstem Bürgerbegehren, das die Initiative Zukunft Bethanien gestern mit der Übergabe ihrer Fragestellungen an das Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg gestartet hat. Das Rechtsamt muß nun innerhalb eines Monats über die Zulässigkeit des Begehrens entscheiden. Zudem muß der Bezirk die durch die geplante Nutzung des Künstlerhauses anfallenden Kosten schätzen. Erst dann kann die Initiative mit der Sammlung der erforderlichen Unterschriften von Unterstützern ihres Anliegens beginnen. Mindestens 5000 wahlberechtigte Bürgerinnen und Bürger müssen innerhalb eines halben Jahres der Grundidee eines „offenen, kulturellen, künstlerischen, politischen und sozialem Zentrum“ zustimmen, die Vertreter der Initiative gestern in groben Zügen im Künstlerhaus vorstellten.
„Wir sind davon überzeugt, daß die Lösung für das lange Zeit konzeptionslose Künstlerhaus Bethanien nicht darin liegen kann, es an den Nächstbesten zu verscherbeln“, sagte Simone Kypke von der Initiative im Hinblick auf die Planungen des Bezirks, das Künstlerhaus durch Verkauf an den Investor Michael Arend zu privatisieren. Statt dessen strebt die Initiative an, das Objekt als gemeinnützige Körperschaft in freier Trägerschaft unter Einbeziehung derzeitiger und künftiger Nutzer sowie Anwohner zu führen. Wie das konkret aussehen soll, könne man derzeit noch nicht sagen. „Wir wollen ja gerade nicht den Nutzern ein Konzept von oben herab überstülpen, sondern mit allen gemeinsam entwickeln“, so Frau Kypke. Wie ihr Mitstreiter Wolfgang Lenk erläuterte, denke man neben einem vom Bezirksamt eingerichteten „Bürgerforum“ als Ort lokaler Demokratie auch an Räume für politische Initiativen, Kultur- und Bildungsarbeit sowie soziale Treffpunkte.
Die Frage, ob die Ablehnung der Privatisierung des Hauses durch die private Nutzung der derzeitigen Besetzer nicht ad absurdum geführt werde, verneinten die Podiumsteilnehmer vehement. Sie betonten vielmehr, daß es jetzt durch die Initiative des Bürgerbegehrens keinen Grund mehr gebe, an der angekündigten Räumung festzuhalten.
Wie berichtet läuft die Duldungsfrist der Besetzer am 31. Oktober aus. Bürgermeisterin Cornelia Reinauer (Linkspartei.PDS) bekräftigte unterdessen gestern ihre Forderung: „Die Besetzer müssen das Haus zum Ablauf der Frist verlassen, sonst räumen wir.“
Von Sabine Gundlach
Quelle: http://morgenpost.berlin1.de/content/2005/10/20/bezirke/786771.html

Berlin: Bethanien-Privatisierung

Das zuständige Bezirksamt (SPD/PDS) hat beschlossen, das Bethanien-Hauptgebäude zu verkaufen. Der Investor Michael Arend will ein „Internationales Kulturelles Gründerzentrum“ aufmachen. Für einige sozio-kulturelle Projekte, die noch im Haus sind, bedeutet der Einzug der Hochkultur hingegen das Aus. Teile des Hauses sind noch besetzt (siehe http://www.yorck59.net) und ein Bürgerbegehren organisiert den Widerstand von unten gegen die Privatisierungspläne. Mehr >>> http://www.bethanien.info

Strukturen und Traeger des Reichtums

Joachim Bischoff analysierte zum 1. Eigentumsworkshop der RLS im Dezember 01 die Kapitaldominanz in der BRD. Produktivvermögen im Shareholder – Kapitalismus [pdf].

Die Zeitschrift Initial 11 (2000) befasst sich mit „Eliten im Zeitalter des Populismus„, das Editorial und der Beitrag von Florian Havemann Versuch über die elitäre Versuchung oder Essay über die essayistische Elite sind online.
Weitere Beiträge:

  • Hartwig Schmidt: Der Pöbel der Elite. Fiktives Gespräch mit Peter
  • Sloterdijk; 
  • Claus Leggewie „You Just Do It“. Der unglaubliche Donald Trump oder: Unternehmer als Politiker als Fernsehhelden;
  • Georg Franck,Prominenz und Populismus. Zu Pierre Bourdieus kapitaltheoretischem Begriff des Elitären;
  • Hermann Schwengel: Transnationale Eliten und posthistorischer Populismus;
  • Sven Papcke:Gewaltsamkeit und die Naivität intellektueller Eliten;
  • Peter Wawerzinek: Auf Tadel aus sein. Wieso ich stets Böses über die Szene geredet und
  • Harald Bluhm :Eliten – ideengeschichtliche Betrachtungen zu einem rhetorisch-politischen Begriff.
    Das Stichwort Eigentum freilich macht sich in diesen Texten rar.


    Ähnliches gilt auch für Die neuen Eliten, die das Thema des Kursbuch 139 (März 2000) sind. 

    Neben Beiträgen von Beate Krais zu Wissenschaftseliten,  Leggiewie zum US-Politikpersonal, anderen (wenig informiert) zur Kultur der US-Netzeliten oder von Mitherausgeber Tilman Spengler, der in einer Alltagserzählung einige belanglos nette Wörter (Teilzeitelite, Elite des Herzens, Elite der Empörten) erfindet, flanieren Heinz Bude (Auf der Suche nach Elite) und Herfried Münkler (Werte, Status Leistung) durch die soziologische Elitentheorie, handeln die Wert-, Funktions- und Machteliten und deren Wechselbeziehungen ab, notieren die gestiegene Anerkennungsbreite der Funktionseliten und insbesondere  der Wirtschaftseliten und die Wiederkehr der alten bildungsbürgerlichen Wertelite in den neuen Bürgerschaftseliten der Zivilgesellschaft.
    Hinsichtlich der Frage des Eigentums und seiner Akteure sind im Kursbuch fünf Beiträge von Interesse. Erfrischend lakonisch und mit unverfrorenen Beispielen gerüstet dagegen Bernd-A. Rusinek`s Beitrag über „Deutsche Eliten im 20. Jahrhundert„: z.B.
    Wenn wir als Historiker auf die herrschenden und staatstratgenden Eliten Eliten blicken…dann stellen sich schnell Begriffe ein, die an Chemie und Physik klebriger Stoffe erinnern: Pech und Schwefel, Adhäsion / Kohäsion und Viskosität. Herrschende Eliten weisen einen hochgradig adhäsiven Charakter auf…Im 20. Jahrhundert waren auf deutschem Boden vier Regime- und damit beanspruchte Elitenwechsel zu verzeichnen…Die Denunzierung der Vorgängerelite bildete die Rechtfertigung für die jeweils neue. Aber die Neuanfangsrhetorik der Regime und Regierungssysteme wurde dadurch dementiert, dass jedesmal auf Eliten des Regimevorgängers zurückgegriffen wurde: teils hatte man keine anderen, teils hatte und wollte man keine anderen, teils hatte und wollte man keine anderen und erlebte das Fortbestehen der überkommenen Eliten nicht als Problem. (S. 32/33)
     Joachim Radkau begibt sich in seinem menatlitätsgeschichtlichen Beitrag Aloha – Vom Abheben deutscher Eliten. Die verborgenen Inseln der Insider und die Demokratisierung der Nervosität in die  Geschichte der deutschen Elitenkultur und fragt nach der Rolle des Exotismus in der stressmindernden Lebenskunst der deutsch-imperialistischer Eliten. 
    Drei Beiträge tangieren direkt die unmittelbare Welt des Eigentums. Manfred Schneider erörtert das Gesicht der Eliten – Götter, Politiker, Wissenschaftler, Künstler oder, dann, auch, der Bankiers: 
    Alles am Habitus des Bankiers lechzt nach Vertrauen…Das Gesicht des Bankiers hat kein Fleisch. Denn der Bankier ist der andere. Man sieht in nur aus der Ferne, und Distanz bildet sein Betriebsgeheimnis. Alles was er sagt und tut, dient der Erweiterung des Abstands zum Rest der Welt…Das Geld hat kein Gesicht, und das Gesicht des Bankiers zeigt uns das mimische Display der Verdrängung.
    Stefan Hornbostel`s Analyse Von Überlebenden, Kolonisten und Newcomern. Neue und alte Eliten in Ostdeutschland vermerkt, dass 
    die Eigentumsstruktur (in Ostdeutschland) weitgehend in westdeutsche Händer überging… (128) denn rund zwei Drittel der privatisierten Unternehmenseinheiten wandderten in die Hände von westdeutschen oder ausländischen Eigentümern, womit die Kontrolle über das Produktivvermögen den alten DDR-Eliten eindeutig entzogen wurde…Aus einem kleinen Teil der sozialistischen Manager wurden kapitalistische Eigentümer und damit Angehörige der lokalen oder regionalen Eliten(130)…Insgesamt dürfte wohl ein Führungskräfteabbau von über 70 Prozent stattgefunden haben (131)…Die Frage der Kontrolle wurde eindeutig durch neue Eigentumsverhältnisse oder politische Säuberung gelöst (132). 
    Michael Hartmann (Aus gutem Stall. Das Elitebewußtsein der deutschen Spitzenmanager) kritisiert das „Nur-die-Leistung-zählt““ -Selbstverständnis der Topmanager deutscher Großkonzerne und zeigt, wie eng Habitus und Eigenschaften mit der sozialen Herkunft verknüpft sind: 
    Von den Vorstandsvorsitzenden der 100 größten deutschen Unternehmen des Jahres 1995 stammten über 80 Prozent aus dem gehobenen Bürgertum…Nahezu jeder Zweite dieser Topmanager kommt sogar aus dem Großbürgertum…In den letzten 30 Jahren hat sich an dieser exklusiven sozialen Rekrutierung der deutschen Soitzenmanager nichts geändert…(100) Von einer sozialen Öffnung der Wirtschaftselite ist nichts zu sehen. (101) 

    Neue ökonomische Eliten im Sachsen der Postwendezeit studierten E. Schreiber und T. Steger (2000, nicht online). Sebastian Herkommer erörtert die neueren soziologischen Zugänge in seinem Text Von der Power Elite zur neuen Klasse der Bourgeois Bohemians („Bobos in Paradise„). Daniel Gross dokumentiert „America`s growing love affair with its own aristocracy“ (Los Angeles Times 18.2.2001). Catherine Welch u.a. zeigen in Interviewing Elites…, wie heikel es ist, auf diesem gesellschaftlichen Level empirische Sozialforschung zu machen. Eine gute Studie legte hier Edmont Goblot vor: Klasse und Differenz. Soziologische Studie zur modernen französischen Bourgeoisie Konstanz 1994.

  • Daten und Informationen zur Reichstumsverteilung in anderen Weltregionen

    Antworten auf die Frage nach dem Reichtum in anderen Weltregionen sind auf den ersten Blick weniger leicht zu finden. Populäre Quellen sind hierbei eine Reihe von offenbar beliebten Listen aus dem journalistischen Bereich. Die Daten des „Asia-Pacific Private Banking/Wealth Management Survey“ bilden eine Ausnahme [pdf]. Das „Business Review Weekly“ publizierte ebenfalls mehrere Zusammenstellungen mit einigem soziokulturellem Hintergrund zu den Reichen Australiens. Der Zugang zu den Details der reichen Familien Australiens freilich kostet. „Canadian Business“ stellt für Kanada eine Liste der Rich 100 (Wealthiest Individuals) (2004) zusammen. Der „Datamonitor“ liefert Studien zu den High Net Worth People in Europa. Die BBC steuerte eine Liste zu den Richest Europeans bei. Das EPS-Projekt Reichtum in Europa ist in den Anfängen steckengeblieben (1998), eine Fortsetzung wäre angebracht. Weiterhin gibt es Britain’s Top 100 E-Millionaires und einen kritischen Artikel dazu und vom „Observer“ die  UK Young Rich Lists.
    Auf Listen mit den reichsten Norwegern, Dänen, Schweden, Finnen, Niederländern (auch hier zur Elitenforschung), Deutschen, Österreichern, Schweizern, Briten und Iren, Franzosen, Spaniern, Russen, Osteuropäern, Polen, Balten, Esten, Ungarn, Rumänen verweist Bornpower.

    Der Reichtum global – etwa als Vermögen der High Net Worth Individuals / HNWI – ist 2003 bereits zum siebten Mal Thema der Studie von Merrill Lynch und und Cap Gemini Ernst & Young [pdf] (noch online: World Wealth Report 2002 [pdf]). Ergänzend: J.V. Beaverstock, P.J. Hubbard and J.R. Short: Getting Away with it? The Changing Geographies of the Global Super-Rich, GaWC Research Bulletin 93 (2002). Personalen Reichtum weltweit listet Bornpower.

    Daten und Informationen zur Reichstumsverteilung in den USA

    Zum kritischen Einstieg die datenvolle Übersicht über Wealth Patterns in den USA für inequality.org von Chris Hartmann. Am bekanntesten sind natürlich die jährlichen Daten von Forbes zu den 400 reichsten Personen in den USA, zu den „Top-Managern“ und den 100 reichsten Stars, alles kulminiert im Forbes – Index der Milliardäre. Der Blick auf einzelne Personen (etwa Morgan, Rothschilds und Rockefellers, Soros oder Bill Gates) ergänzt diese Sichtweise. Jeff Madrick schreibt die Rezension The Power of the Super-Rich des Buches Wealth and Democracy: A Political History of the American Rich von Kevin Phillips. Eine erste Übersicht zu geografischen Aspekten bietet ein Blick auf  die reichsten Städte der USA. Einige lokale Beschreibungen gibt es: etwa zu Chicago’s Richest (mit einigen zusätzlichen Daten zu sozialen und kulturellen Profil), den Virginia 100 oder auf die Washington 200. Die exhibitionistische Sicht auf Welt des US-Reichtums pflegt Worth.com. Der strukturelle Hintergrund eröffent sich über die ebenfalls bekannte Jahresliste der Zeitschrift Fortune zu den 500 größten Unternehmen der USA (nur eine Liste von zahllosen „the best of…“- Zusammenstellungen). Der Versuch einer auf die Reichen US-Familien zentrierten Gesamtübersicht ist die Classification of American Wealth. Einen Überblick über Reichtum und Wohltätigkeit in den USA gibt das Center on Wealth and Philantropy. Eine spezielle historische Entwicklung behandeln Gary D. Libecap und James L.Smith: The Economic Evolution of Petroleum Property Rights in the United States [pdf] (2001).
    Analytisch ertragreicher und beeindruckend die neue Studie des Institute for Policy Studies über die Top 200: The Rise of Corporate Global Power [pdf]: 

    Of the 100 largest economies in the world, 51 are corporations; only 49 are countries (based on a comparison of corporate sales and country GDPs).

    The Top 200 corporations‘ sales are growing at a faster rate than overall global economic activity. Between 1983 and 1999, their combined sales grew from the equivalent of 25.0 percent to 27.5 percent of World GDP.

    The Top 200 corporations‘ combined sales are bigger than the combined economies of all countries minus the biggest 10.

    The Top 200s‘ combined sales are 18 times the size of the combined annual income of the 1.2 billion people (24 percent of the total world population) living in „severe“ poverty.

    While the sales of the Top 200 are the equivalent of 27.5 percent of world economic activity, they employ only 0.78 percent of the world’s workforce.

    Between 1983 and 1999, the profits of the Top 200 firms grew 362.4 percent, while the number of people they employ grew by only 14.4 percent.

    A full 5 percent of the Top 200s‘ combined workforce is employed by Wal-Mart, a company notorious for union-busting and widespread use of part-time workers to avoid paying benefits. The discount retail giant is the top private employer in the world, with 1,140,000 workers, more than twice as many as No. 2, DaimlerChrysler, which employs 466,938.

    U.S. corporations dominate the Top 200, with 82 slots (41 percent of the total). Japanese firms are second, with only 41 slots.

    Of the U.S. corporations on the list, 44 did not pay the full standard 35 percent federal corporate tax rate during the period 1996-1998. Seven of the firms actually paid less than zero in federal income taxes in 1998 (because of rebates). These include: Texaco, Chevron, PepsiCo, Enron, Worldcom, McKesson and the world’s biggest corporation – General Motors.

    Between 1983 and 1999, the share of total sales of the Top 200 made up by service sector corporations increased from 33.8 percent to 46.7 percent. Gains were particularly evident in financial services and telecommunications sectors, in which most countries have pursued deregulation.(nach: GI)

    H.J. Krysmanski versucht einen Überblick in seiner Polemik:  ‚Eat the Rich‘. Die Rolle der Reichen in Amerika und die Rolle der reichen Amerikaner in der Welt‘. Unter den zahlreichen Studien, die nicht online zugänglich sind, ragt hervor Lisa A. Keister: Wealth in America, Cambridge University Press 2000.

    Quellen für die Erschliessung amerikanischer Daten sind Banking Data and Research der ALA-Internet-Resources (1999); Center for Economic Policy Research, Company Research, Top 100 Foundations (by asset size) und die Top 50 Corporate Foundations.

    Studien zu speziellen Bereichen legten vor Simeon Djankov, Caralee McLiesh, Tatiana Nenova, and Andrei Shleifer: Who Owns the Media? (2001) sowie Rafael La Porta, Florencio Lopez-deSilanes and Andrei Shleifer: Government Ownership of Banks (2000). Robert W. McCHESNEY hat seit Jahren kritisch die Entwicklung der Eigentumsverhältnisse im Mediensektor verfolgt, u.a. mit Global Media, Neoliberalism and Imperialism (Monthly Review 3/01) ein Beitrag von ihm in „The Progressive“ ist Oligopoly (1999). Auf der Media Channel Website findet sich eine Karte der globalen Medienkonzentration.

    INKA: Internationales Netzwerk fuer Kultur- und Artenvielfalt

    INKA:Biodiversitaet und geistige Eigentumsrechte: Unsere Positionen:Generell soll es verboten sein, Pflanzen und Tiere ebenso wie Mikroorganismen und alle anderen lebenden Organismen und deren Teile zu patentieren.Bauern sollen weiterhin das traditionelle Privileg (Landwirteprivileg) haben, einen Teil der Ernte abgabenfrei zur Wiederaussaat zu verwenden, ohne Nachbaugebühren zu bezahlen. Außerdem sollen sie eigene Sorten entwickeln und weitergeben dürfen. Die betroffene Bevölkerung muss an der Entscheidung beteiligt werden, ob in Ihrem Gebiet geforscht und inwieweit traditionelles Wissen genutzt werden darf. Bei Forschungsvorhaben, die darauf abzielen nutzbare Ressoucen zu erschließen, sollen nationale Wissenschaftler mit einbezogen werden. Die Nutzung von natürlichen Ressourcen muss den Erhalt des gesamten Lebensraumes  berücksichtigen. Die Landrechte indigener Völker sind von den jeweiligen nationalen Regierungen anzuerkennen, um ihr traditionelles Wissen zu schützen und eine selbstbestimmte Entwicklung zu gewährleisten.