Tagungsbericht Energienetze Schleswig-Holstein

Bürgermeister wollen es wissen. Eon Hanse beklagt in Schleswig-Holstein den Wettbewerb. In den Kommunen gibt es ein riesiges Interesse an kommunalen Energielösungen. Das zeigte auch die erste gemeinsam von der VKU-Landesgruppe Nord und dem Städteverband Schleswig-Holstein durchgeführte Fachtagung „Konzessionen, Netze, kommunale Betriebe – Energiepolitische Weichenstellungen in Schleswig-Holstein für das nächste Jahrzehnt“ (20. Okt., Rendsburg).

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Die Renaissance der Stadtwerke

Landauf, landab gärt es in der ganzen Republik. In Städten und Gemeinden wird eine unabhängigere Energieversorgung angestrebt. Doch das sehen die heutigen Energie-Besatzungsmächte Eon, RWE, Vattenfall und EnBW natürlich nicht gern. Mit Zähnen und Klauen verteidigen sie ihre jährlichen Milliarden-Gewinne – auch auf Kosten der Umwelt und künftiger Generationen.
Die 100prozentige Versorgung mit Erneuerbarer Energie setzt künftig eine dezentrale Energiestruktur voraus. Die heutige Energiewirtschaft wird aber noch von wenigen Großkonzernen dominiert. Das ist möglich, weil wir eine zentralistische und zentralisierte Energieversorgung haben. Doch jetzt nehmen viele Kommunen ihre Energieversorgung wieder selbst in die Hand. Es ist in ganz Deutschland eine Renaissance der Stadtwerke zu beobachten – auch aus ökonomischen Gründen.

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Das Revival der Stadtwerke – Spitzenverbände setzen auf die Rekommunalisierung der Energieversorgung

Susanne Götze schreibt im Neuen Deutschland vom 20.08.2009 über den Trend hin zur Rekommunalisierung bei der Energieversorgung:

In den nächsten Jahren werden sich viele Kommunen die Hoheit über ihre Energieversorgung zurückholen, hoffen die Spitzenverbände. Arbeiter im Heizkraftwerk III B der Stadtwerke Duisburg Der »große Ausverkauf« ist zu Ende. Das jedenfalls prophezeien die kommunalen Spitzenverbände. »Der Mainstream >privat vor Staat< im Energiebereich hat lange genug vorgeherrscht«, erklärte Monika Kuban, Hauptgeschäftsführerin des Deutschen Städtetags, am Mittwoch auf einer Pressekonferenz in Berlin. Die ehemalige Kämmerin der finanziell angeschlagenen Stadt Duisburg hat sich viele Jahre erfolgreich gegen die Privatisierung von Energieversorgung und Wohnungsbaugesellschaft gewehrt. Sie sieht sich bestätigt: Nach elf Jahren Liberalisierung im Energiebereich sei nun klar, dass dies »keinen Qualitätssprung« gebracht habe.

Hintergrund des vermeintlichen Sinneswandels sind die auslaufenden Konzessionsverträge vieler Kommunen. Allein in den nächsten zehn Jahren sind dies über 2000. Dann müssen sich die Städte und Gemeinden entscheiden, wie sie ihre Energieversorgung in Zukunft gestalten wollen.

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Neuerscheinung: Der Staat in der Privatisierung

Eine strategisch-relationale Analyse am Beispiel Mexikos
Miriam Heigl untersucht, weshalb in Lateinamerika trotz der massiven Privatisierungstendenz nach wie vor relevante Ausnahmen bestehen. Dazu analysiert sie detailliert die Privatisierungsprozesse im mexikanischen Elektrizitäts- und Erdölsektor. Die Verzögerung im Elektrizitätssektor ist auf den Widerstand der Privatisierungsgegner inner- und außerhalb Mexikos zurückzuführen. Im Erdölsektor ist hingegen das Finanzministerium ausschlaggebend, welches aufgrund seiner strategischen Selektivität und eigener Interessen die Privatisierung subtil behindert.

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Venezuela vs. ExxonMobil

Die venezolanische Regierung hat den Streit mit europäischen Ölkonzernen aufgrund der Verstaatlichung der Ölfelder durch die PDVSA beilegen können. Mit einer Zahlung von insgesamt 1,8 Milliarden US-Dollar zur Abfindungen gaben sich Total, Statoil und ENI zufrieden.
Mit dem weltweit größten Ölkonzern ExxonMobil liegt Venezuela aber weiter im Clinch. Der Konzern fordert 12 Milliarden US-Dollar Entschädigung, Venezuela weist die Forderung als völlig überzogen zurück und bietet 1,2 Milliarden an, was dem wirklichen Wert entspreche. Exxon hat eine einstweilige Verfügung erreichen können, wodurch 12 Milliarden US-Dollar in den USA und Europa eingefroren werden konnten, die PDVSA hat mit einem (teilweisen) Lieferstopp reagiert und hat vor einem britischen Gericht Einspruch erhoben. Quelle: Telepolis

Die Macht des Energieoligopols brechen

Das Vorhandensein eines marktbeherrschenden Duopols von E.ON und RWE ist unbestritten. Die politisch Verantwortlichen blockieren bis heute
wirksame Maßnahmen gegen die Oligopole. Leidtragende sind die Umwelt, die VerbraucherInnen und andere potentielle Energieanbieter. Aufgrund des hohen ökologischen, sozialen und volkswirtschaftlichen Schadens durch das Energieoligopol sind tiefgreifende Maßnahmen notwendig, um deren Macht zu brechen.

Das ist das Fazit der Studie „Konzentration im Energiesektor“, die Ursula Schönberger im Auftrag der zur Linksfraktion im Bundestag gehörenden Abgeordneten Ulla Lötzer erstellt und letzte Woche der Öffentlichkeit vorgestellt hat. Als Gegenmaßnahmen wird darin die Überführung der Netze in öffentliche Hand, die horizontale Entflechtung der großen Konzerne und die Rekommunalisierung der Energieversorgung gefordert. Auch für die generelle Vergesellschaftung der Konzerne gebe es gute Gründe. Die Stärkung des öffentlichen Einflusses müsse aber „an die Herstellung von größerer Transparenz, demokratischer Kontrolle und tatsächlicher Mitbestimmung von Bürgerinnen und Bürgern sowie Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern geknüpft sein.“

Wer selbst einen Blick in die Studie werfen möchte, die sich auch mit dem Geschäftsgebaren großer Energiekonzerne wie E.On, RWE, EnBW und Vattenfall beschäftigt, kann sie hier herunterladen.

Stromengpässe in Asien und Afrika

Immer wieder ist in Deutschland die Zukunft der Stromversorgung ein Thema. Vor allem energieintensive Branchen, die ihre Energie meist zu Vorzugspreisen geliefert bekommen, drohen damit, bei höheren Tarifen ins Ausland abzuwandern. Schaut man sich allerdings in vielen anderen Teilen der Welt um, muss man feststellen, dass es in vielen Regionen derzeit zu massiven Engpässen kommt. Am meisten leiden darunter die Menschen, die ohnehin am untersten Ende der sozialen Hierarchie stehen. Allein am letzten Wochenende gab es in der im ärmsten indischen Bundestaat Bihar gelegenen Stadt Kahalgaon und in der libanesischen Hauptstadt Beirut bei Protesten gegen eine unzureichende oder gar nicht mehr funktionierende Stromversorgung zwölf Tote.Ein kleiner, sicher unvollständiger virtueller Rundgang, was in einigen asiatischen und afrikanischen Staaten im Januar in Sachen Stromengpässen Stand der Dinge ist. Die einzig logische Schlussfolgerung aus all dem kann eigentlich nur sein, dass es höchste Zeit ist, die Anstrengungen zum Umstieg auf die Nutzung regenerativer Energiequellen noch erheblich zu steigern.

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Öl-Deal in Kasachstan

Diese Woche einigten sich der kasachische Energiekonzern Kazmunaigas und ein vom italienischen Ölgiganten Eni angeführtes multinationales Konsortium über die Modalitäten der Ausbeutung des im kaspischen Meer gelegenen Ölfelds Kaschagan. Neben den beiden genannten sind auch die Ölkonzerne Exxon-Mobil, Shell, Total, ConocoPhillips und Inpex an dem Deal beteiligt. In dem Ölfeld sollen bis zu 38 Milliarden Barrel Öl lagern. In ein paar Jahren soll die Förderung bis zu 1,5 Mio Barrel täglich betragen. Zum Vergleich: Der tägliche Ölbedarf Deutschlands lag 2005 bei 2,35 Mio Barrel.

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"Privatisierung in der EU": Konferenz WSI und Forschungsgruppe Europaeische Integration

Das WSI in der Hans-Böckler-Stiftung und der Forschungsgruppe Europäische Integration (FEI) an der Universität Marburg laden zu einer gemeinsamen Konferenz „Öffentliche Dienstleistungen unter Privatisierungsdruck? Die Reorganisation der öffentlichen Infrastruktursektoren in den Mitgliedsstaaten der Europäischen Union“ am 29./30. Juni 2007 in Marburg ein.

Anmeldung bei Kathrin Drews (FEI) unter: Drewsk@students.uni-marburg.de oder Mobil: 0151/15219823

Worum geht es?
Was sind die Triebkräfte und Auswirkungen von Privatisierung und Liberalisierung öffentlicher Dienstleistungen in Europa?
In der Europäischen Union werden seit den 1990er Jahren öffentliche Dienstleistungen zunehmend von Privatunternehmen angeboten. Dabei werden Privatisierungen einerseits durch Liberalisierungen des EU-Binnenmarktes beschleunigt, andererseits werden sie aber auch unabhängig davon auf Bundes- und lokaler Eben mit dem Hinweis auf Haushaltsengpässe vorangetrieben. Teils handelt es sich um den Verkauf öffentlichen Eigentums. Insbesondere auf lokaler Ebene geht es auch um „Private Public Partnerships“ (bzw. ÖPP), bei denen unter zur Hilfenahme von Privaten die hoheitliche Erfüllungsverantwortung für Bereiche der öffentlichen Daseinsvorsorge unangetastet bleiben soll. Das Privatisierungsargument lautet zumeist, dass Effizienzvorteile entstehen, von denen beide Seiten und Verbraucher profitieren könnten.
Was aber ist genau mit Effizienz gemeint? Etwa geringere Ausgaben und Schuldenabbau für die öffentliche Hand, niedrigere Preise und mehr Qualität für Verbraucher sowie Aktionärsgewinne? Gibt es tatsächlich Sektorbeispiele in Europa, in denen dies zutreffend ist? Was sind die Konsequenzen für die demokratische Steuerung privatisierter Dienstleistungen, Arbeitsbedingungen, Tarifpolitik und Umwelt insgesamt?

Auf der gemeinsamen Konferenz des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Institutes (WSI) in der Hans-Böckler-Stiftung und der Forschungsgruppe Europäische Integration (FEI) an der Philipps-Universität Marburg werden neben Vorträgen zu polit-ökonomischen Triebkräften und Instrumenten der Reorganisation öffentlicher Dienstleistungen auf EU-Ebene vier parallele Workshops zur Liberalisierung und Privatisierung im Post-, Bahn- und ÖPNV-, Krankenhaus- und Energiesektor im europäischen Vergleich durchgeführt. Auswirkungen auf Arbeitsbedingungen und Arbeitsbeziehungen werden beleuchtet und politische Strategien sowie Perspektiven des öffentlichen Sektors mit WissenschaftlerInnen, GewerkschafterInnen und VertreterInnen aus sozialen Bewegungen – aus nationaler und europäischer Perspektive – diskutiert.

Tagungsprogramm

* Freitag, 29. Juni 2007

11:00-11:15
Begrüßung und Einführung durch die Veranstalter (Thorsten Schulten, WSI; Hans-Jürgen Bieling, FEI)

11:15-13:00
Polit-ökonomische Faktoren und Triebkräfte europäischer Privatisierungsprozesse (Joachim Bischoff, Memorandum-Gruppe)
Die Genese öffentlicher Dienstleistungen in der Europäischen Union: Ein historischer Überblick (Gerold Ambrosius, Uni Siegen)

14:00-15:00
Europäische Initiativen und Instrumente zur Reorganisation öffentlicher Dienstleistungen (Klaus Dräger, EP)

15:15-17:00
Vier parallele Workshops zur Liberalisierung und Privatisierung verschiedener Sektoren im europäischen Vergleich (europäische Überblicks- und einzelne Länderinputs)

a) Post:
Liberalisierung des Postsektors – ein europäischer Überblick (Kathrin Drews, FEI/Torsten Brandt, WSI)
Private Post-Konzerne in Deutschland: Beispiel Pin AG (Benedikt Frank, Verdi Berlin)

b) Bahn und ÖPNV:
Privatisierung von Bahn und ÖPNV – ein europäischer Überblick (Christoph Herrmann, Forba)
Privatisierungsbestrebungen bei der Deutschen Bahn – ein Rück- und Ausblick (Stefan Diefenbach-Trommer, Pressesprecher „Bahn für Alle“)

c) Krankenhäuser:
Privatisierung von Krankenhäusern – ein europäischer Überblick (Thorsten Schulten, WSI)
Privatisierung des Uni-Klinikums Marburg Gießen (Fabian Rehm, Verdi Frankfurt)

d) Energie:
Liberalisierung des Energiesektors – ein europäischer Überblick (Reinhard Klopfleisch, Verdi Bundesvorstand)
Der Energiesektor Frankreichs (Jens Beckmann, FEI)

17:15-18:15
Trends im europäischen Privatisierungsprozess – Ergebnisse des Projektes „Die Reorganisation der öffentlichen Infrastruktur in der EU“ (Christina Deckwirth, FEI)

* Samstag, 30. Juni 2007

10:00-11:00
Folgen der Privatisierung für Arbeitsbedingungen und Arbeitsbeziehungen (Torsten Brandt/Thorsten Schulten, WSI)

11:15-13:00
Gewerkschaftliche Handlungsoptionen und Proteste sozialer Bewegungen
Erfahrungen und Diskussionen in den Gewerkschaften (Werner Sauerborn, Verdi LBZ Baden-Württemberg)
Strategien und Initiativen der globalisierungskritischen Bewegung (Alexandra Strickner, Attac Österreich)
Volksbegehren gegen Privatisierung (Volker Mittendorf, Forschungsstelle Bürgerbeteiligung und Direkte Demokratie Marburg)

14:00-15:00
Perspektiven der „mixed economy“ und des öffentlichen Sektors in Europa? Abschlussdiskussion mit Inputs von
* Frank Deppe, FEI
* Joachim Bischoff, Memorandum-Gruppe
* Alexandra Strickner, Attac Österreich
* Klaus Dräger, EP
* Richard Pond, EGÖD

Anmeldung und weitere Informationen bei Kathrin Drews (FEI) unter: Drewsk@students.uni-marburg.de oder Mobil: 0151/15219823

Studie: Leistungen der Daseinsvorsorge im Gemeinschaftsrecht der EU

Freier Wettbewerb oder öffentliche Aufgabe? fragt Markus Krajewski
Die Studie will die verschiedenen Facetten des Rechts der öffentlichen Dienstleistungen in Europa aufzeigen und problematisieren. Zunächst werden die spezifischen Begrifflichkeiten, die im Zusammenhang mit öffentlichen Dienstleistungen genutzt werden, diskutiert und kritisch hinterfragt. Danach werden die Schlüsselnormen des Primärrechts einschließlich der Charta der Grundrechte und des Verfassungsvertrages näher beleuchtet. Dem folgt die Darstellung von drei „Baustellen“ des Rechts öffentlicher Dienstleistungen, die durch Sekundärrecht und Rechtsprechung geschaffen wurden: Die Liberalisierungsprogramme für Schlüsselsektoren wie Telekommunikation, Energie und Post, die beihilfenrechtliche Bewertung von Ausgleichszahlungen für gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen und die vergaberechtliche Einordnung der Übertragung von öffentlichen Dienstleistungen auf gemischt-wirtschaftliche Unternehmen. Anschließend wird die aktuelle Diskussion um eine Rahmen-RL für öffentliche Dienstleistungen vorgestellt und einige zentrale Rechtsfragen einer solchen Richtlinie erörtert. Ein kurzes Fazit schließt den Beitrag.

Der Volltext als pdf:

De-Privatisierungen urbaner Dienstleistungen

Die Welle der Privatisierungen öffentlicher Dienstleistungen ist noch längst nicht abgeklungen. Dennoch nehmen jetzt einige Gemeinden frühere Entscheidungen zurück und geben beispielsweise die Müllabfuhr wieder in die Hände städtischer Eigenbetriebe.

Von Heike Langeberg in: Verdi Publik
http://publik.verdi.de/2007/ausgabe_04/gewerkschaft/brennpunkt/seite_3/A1

Wieder unter das kommunale Dach:
Immer mehr Städte und Gemeinden holen Dienstleistungen zurück

Berlin – Mal ist es die Reinigung, mal sind es die Bauhöfe, dann wieder die Abfallwirtschaft, teilweise auch die Stadtwerke. Während in einigen Kommunen munter weiter auf „Privatisierung“ gesetzt wird, holen sich andere Städte und Gemeinden längst zurück, was sie einst teilweise lautstark ausgegliedert haben. Und damit ist klar: Während der Privatisierungszug vor ein paar Jahren noch nur in eine Richtung fuhr und den Anschein erweckte, als würde er jeden Bereich erfassen, gibt es einen ersten Trend in die andere Richtung.

Rekommunalisierung ist kein Indiz dafür, dass die Städte und Gemeinden finanziell gesehen aufatmen können. Im Gegenteil: Vielen Kommunen steht das Wasser nach wie vor bis zum Hals. In den vergangenen Jahren wurde auf Geldnot mit Ausgliederung reagiert und mit echter Privatisierung. Die Folge: Personal wurde abgebaut – tatsächlich und vor allem auf dem Papier. Denn bei einer Ausgliederung verschwanden mit einem Federstrich oft hunderte Mitarbeiter aus der Personalliste der Kommune. Und mit diesem Federstrich hatten die Kommunen weniger Personalkosten auszuweisen.

Vor allem bei der Abfall-Verwertung, den Krankenhäusern und der Energieversorgung entschieden sich viele Kommunen für die Privatisierung. Hier liegt die Privatisierungsquote bundesweit gesehen bei über 90 Prozent. Demgegenüber liegt die Privatisierungsquote bei den Bauhöfen, den Kitas, den Grünflächenämtern, den Sportstätten oder den kulturellen Einrichtungen mit unter 20 Prozent relativ niedrig.

Mit der Privatisierung verloren die Städte auch politischen Einfluss, der Betrieb entzog sich der öffentlichen Kontrolle. Kritiker der Privatisierung hatten diese Auswirkungen immer wieder vorhergesagt, meist blieben sie ungehört. Doch sie sollten nicht nur bei den Folgen der Privatisierung Recht behalten, sondern auch bei den Kosten. Immer wieder wurde darauf hingewiesen, dass die Privaten letztendlich nicht billiger sind als die kommunalen Dienstleister. Kommunen, die nun rekommunalisieren, haben genau das festgestellt: Die Kommunalen können die jeweilige Dienstleistung ebenso günstig anbieten wie die Privaten – und oft erbringen die kommunalen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die Leistung besser als die Privaten.

Heißt Rekommunalisierung deshalb, dass alles wieder so wird wie vor der Privatisierung? Nein, das heißt es nicht. Mit dem Zurückholen der Dienstleistung geht in der Regel eine Binnenmodernisierung einher: Die Orientierung an ökonomischen Leitbildern bestimmen nun das betriebliche Handeln. Die Folge: Rationalisierungsreserven werden ausgeschöpft. Oder wie es eine Personalrätin ausdrückte: „Wir konnten die Dienstleistung nur zurückholen, indem wir alle Bereiche, alle Arbeitsschritte optimiert haben.“

Rekommunalisierung ist ein Weg, Arbeitsplätze bei den Städten und Gemeinden zu erhalten und neue zu schaffen. Damit ist auch gewährleistet, dass für die Kolleginnen und Kollegen weiter der Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes gilt, dass nicht nur eine gesetzliche, sondern mit der Zusatzversorgung auch eine „betriebliche“ Altersvorsorge gilt.

Rekommunalisierung bedeutet, dass die Daseinsvorsorge weiter in öffentlicher Hand bleibt. Davon profitiert die kommunale Politik durch direkten Einfluss auf die Dienstleistung, ihren Preis und die Qualität. Und das kommt all jenen zugute, die nicht zu den gut und sehr gut Verdienenden gehören.

Im Folgenden dokumentiert die Fachgruppe Beispiele, in denen Kommunen ausgegliederte Bereiche wieder zurück unters das kommunale Dach geholt haben.

http://kommunalverwaltung.verdi.de/themen/rekommunalisierung

kurz erklaert VII: Daseinsvorsorge

1. Zum Begriff „Daseinsvorsorge“

Der Begriff Daseinsvorsorge weckt verschiedene Assoziationen: „Sorge“ und „Vorsorge“ für das „Dasein“ der Menschen stehen für eine Haltung eines Gemeinwesens, das sich um Arme, Benachteiligte und Behinderte kümmert. Verbunden wird damit Solidarität und Sozialstaat. In einer staatskritischen Perspektive wird Daseinsvorsorge mit Sozialpaternalismus gleichgesetzt. Karl Jaspers sprach 1931 von der „Daseinsfürsorge“ und Ernst Forsthoff prägte den Begriff „Daseinsvorsorge“ 1938 in seiner Schrift „Die Verwaltung als Leistungsträger“. Historisch geht es um Formen staatlich organisierter Umverteilung: vom liberal – autoritären „Ordnungsstaat“ über die verschiedenen Varianten des „Leistungsstaats“ (faschistischer, liberaler und staatsozialistischer Sozialstaat) zum neoliberalen „Gewährleistungsstaat“, der in seiner radikalen Schrumpfvariante nur noch für den rechtlichen Rahmen und die Legitimation einer ansonsten privatkapitalistisch erbrachten Leistung zuständig ist.

2. Beschreibung der Ausgangssituation

Der Begriff „Daseinsvorsorge“ wird benutzt um bestimmte traditionellerweise durch den Staat erbrachte Leistungen zu charakterisieren und zu begründen. Diese Leistungen sind aus politökonomischer Perspektive die „allgemeinen Produktionsbedingungen“ des Kapitals und haben den Zweck, die Reproduktion des Gesamtkapitals zu sichern. Der bürgerliche Staat hat sie historisch dann bereit gestellt, wenn ein privates, einzelnes Kapital alleine dazu entweder nicht das nötige Vorschusskapital gehabt hatte oder wenn keine ausreichende Rendite erwartet werden konnte. Ihre konkrete Ausgestaltung ist aber immer auch zugleich das Ergebnis gesellschaftlicher Auseinandersetzungen.

Aus Sicht von spezifischen Interessens- oder Funktionsträgern der bürgerlichen Gesellschaft geht es bei der Daseinsvorsorge um „eine Leistung, deren der Bürger zur Sicherung einer menschenwürdigen Existenz unumgänglich bedarf.“ (BverfGE 66, 248 (258) am Beispiel der Energieversorgung). Diese Zielsetzung verbindet das Sozialstaatsprinzip des Art.20 Abs.1 GG und die Menschenwürde des Art.1 Abs.1 des GG mit dem allgemeinen Gleichheitssatz des Art.3 GG, ohne dass allerdings hieraus ein unmittelbar einklagbares subjektives Recht auf die Gewährleistung bzw. Inanspruchnahme einer solchen Leistung entspränge.

Weder ist Daseinsvorsorge ein streng juristisch, einklagbares Recht, noch sind die damit verbundenen Kriterien dessen, was Menschenwürde und Sozialstaat ausmacht, fest und ein für alle mal bestimmbar. Massnahmen der Daseinsvorsorge sind vielmehr darauf gerichtet, entsprechend einem gegebenen Kräfteverhältnis und eines bestimmten gesellschaftlich mehrheitsfähigen Wertekonsens jene Leistungen für alle Einwohnerinnen und Einwohner zu erstellen, die für die Erhaltung des gesellschaftlichen Zusammenhalts und für die Reproduktion eines je historisch verschiedenen Typs von Arbeitskraft notwendig sind.

Veränderungen in der Daseinsvorsorge bedeuten daher immer Veränderung von Machtverhältnissen oder vollziehen die Veränderung von Machtverhältnissen nach. Was zu den Leistungen der Daseinsvorsorge zählt und wer diese Leistungen in Anspruch nehmen kann, ist sowohl das Ergebnis gesellschaftlicher und politischer Auseinandersetzungen als auch des bestehenden Wertekanons. Daseinsvorsorge hat also immer ein historisches Moment und wird immer durch ein gegebenes Kräfteverhältnis bestimmt. Der Begriff der Daseinsvorsorge hat somit immer einen politischen Inhalt, er ist nie wertfrei. Mit der Bestimmung dessen, was öffentliche Daseinsvorsorge aus der jeweiligen Sicht sein soll, werden immer bestimmte soziale Interessen in der Gesellschaft begünstigt, bestehende gemeinsame Interessen verschiedener sozialer Gruppen ggf. gestärkt, die Spielräume bestimmter sozialer Gruppen erweitert bzw. eingeengt.

3. Eigenen Anspruch formulieren

Da „Daseinsvorsorge“ kein eindeutig und allgemeingültig zu bestimmender Begriff ist, sondern Resultat historisch wandelbarer gesellschaftlicher Kräfteverhältnisse, sollte man sich bewußt darauf festlegen, woraus Daseinsvorsorge besteht und wie sie beschaffen sein soll, statt vermeintlich objektive Definitionen zu suchen. Zunächst muss man sich aber darauf verständigen, ob man an diesem Begriff überhaupt festhalten will. Zum einen legt er mit der paternalistischen Konnotation eine staatliche Zuständigkeit für die Bereitstellung nahe, wo noch gar nicht ausgemacht ist, ob dies die geeignetste Form ist und nicht private bzw. zivilgesellschaftliche (z.B. genossenschaftliche, selbstorganisierte) Formen vorzuziehen wären. Zum anderen erfasst er bestimmte Anforderungen nicht. Der Begriff „öffentliche Dienstleistungen von allgemeinem Interesse“ ist wenn auch etwas umständlich, so doch sprachpolitisch geeigneter, da er andere Akzente setzt (und schließt damit auch an den Sprachgebrauch an, der sich in anderen europäischen Ländern entwickelt hat, wie „General Interest Services“, „universal service“, „public service“, „Service public“, „Service d`intérêt général“, Servicizop pubblico“, „Servicios de interes general“).

Zu „Öffentlich und allgemein“:

∑ „Öffentliche Dienstleistung“ beschreibt den Charakter des Zugangs, also ein Gut, dass allen offen steht, ist somit öffentlich. Von „allgemeinem Interesse“ meint, dass es im allgemeinen Interesse liegt, dass ein Gut als öffentliche Dienstleistung zur Verfügung gestellt wird
∑ Letzteres verweist darauf, dass über die Art und Weise der Bereitstellung Aushandlungen stattfinden sollen. Diese sollten immer stattfinden im Interessenviereck von (1) Allgemeinheit, (2) Nutzer/innen einer Leistung, (3) der diese erbringenden Arbeitnehmer/innen und der (4) Entscheidungskörperschaft (Bevölkerung, Parlament)
∑ Für die Aushandlung gibt es einen öffentlichen Raum bzw. wird dieser geschaffen. Hier können diese Interessen artikuliert, Interessenskonflikte problematisiert und konsensuale Lösungen gefunden werden. Dadurch soll eine andere (demokratische und öffentliche) Art des Austragens von Interessenkonflikten ermöglicht werden, als es mit einer privaten Leistungserbringung möglich ist

Bevor darüber diskutiert werden kann, ob eine Leistung von allgemeinem Interesse von einem privaten oder einem staatlichen Akteur zur Verfügung gestellt werden soll, müssen diese an drei grundsätzlichen Anforderungen gemessen werden:

∑ der menschenrechtliche Grundqualität nach betreffen sie grundlegende Leistungen und Dienste, „deren der Bürger zur Sicherung einer menschenwürdigen Existenz unumgänglich bedarf.“

∑ sozial müssen sie so ausgestaltet sein, dass sie dazu beitragen, die Teilhabe aller am gesellschaftlichen Leben zu befördern („Empowerment“); sie zielen daher auf Einschluss statt Ausschluss und sollen deshalb diskriminierungsfreien Zugang ermöglichen; es geht hier um kontinuierliche Versorgungssicherheit durch flächendeckende räumliche und soziale Erreichbarkeit von Leistungen bei hoher Servicequalität zu erschwinglichen Preisen und gleichmäßigen qualitativen Bedingungen (Abbau regionaler Ungleichgewichte mit dem Ziel, eine Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse zu erreichen – Gleichheitsprinzip), unabhängig von der Rentabilität des Versorgungsunternehmens („keine vordringliche Absicht der Gewinnerzielung“); eine besondere Rolle spielt die sozial und ökologisch verantwortungsvolle Gestaltung der Beschäftigungsverhältnisse und Arbeitsbedingungen, die Sicherung zukunftsbeständiger Entwicklung und eines hohen Niveaus bei Umwelt- und Verbraucherschutz

∑ die unmittelbare Zufriedenstellung durch die Inanspruchnahme von Gütern und Dienstleistungen ist nicht der alleinige Beurteilungsmaßstab für diese Leistungen, denn ihre Nutzer/innen sind nicht nur KonsumentInnen, sondern zugleich Mitglieder eines politischen Gemeinwesens; es geht also auch um demokratische Mitwirkung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie der Nutzerinnen und Nutzer der öffentlichen Dienstleistungen bei deren Gestaltung und Ergebnisbewertung (Qualitätskontrolle) sowie um Transparenz und Kontrolle bei den technischen und finanziellen Ergebnissen; vollständige Transparenz der Entgelte und Vertragsbedingungen; Kontrollmechanismen für die kommunalen Vertretungen; Schaffung von unabhängigen Regulierungsinstanzen sowie von Rechtsmitteln und Streitschlichtungsmechanismen.

Was heißt Zugang?

Im Kriterium des universellen, gleichen Zugangs für alle drückt sich die Allgemeinwohlbindung einer Leistung oder eines Dienstes aus. Gegenüber dem neoliberalen Zeitgeist heißt das für uns auch, dass es einen freien, für die NutzerInnen oder bestimmte Gruppen von NutzerInnen kostenlosen Zugang zu bestimmten öffentlichen Dienstleistungen von allgemeinem Interesse geben sollte. Soweit öffentliche Dienstleistungen gegen Entgelt angeboten werden, muss sich deren Höhe sowohl an ökonomischen wie auch an sozialen Maßstäben messen, die ihrerseits politisch ausgehandelt werden.

Der Kreis der hier betrachteten Leistungen hängt immer von den Möglichkeiten der Umverteilung, also vom Umfang der Steuereinnahmen bzw. anderer Einnahmen des Staates, ab; insofern können diese Dienstleistungen nicht unabhängig von der generellen ökonomischen Leistungsfähigkeit der Gesellschaft und den politisch bestimmten Umverteilungsspielräumen gestaltet werden. Der Kampf um den Zugang zu Gütern sollte daher immer einhergehen mit dem Kampf um eine Erweiterung des Haushaltsbudgets. Die Herausforderung besteht darin, in einer demokratischen Debatte Prioritäten zu setzen. Man braucht eine gesellschaftliche Debatte über politische Zielstellungen, bestimmte öffentliche Dienstleistungen im allgemeinen Interesse für alle frei (d.h. kostenfrei) zugänglich zu machen. Der Wert von Gütern muss (auch) politisch kommuniziert werden.

4. Fazit

Für die Linkspartei ist der Begriff „öffentliche Dienstleistungen von allgemeinem Interesse“ verbunden mit zwei spezifischen Unterscheidungsmerkmalen:
∑ einem konsequenten Demokratieansatz und Emanzipation – weg von der Gewährleistung („Fürsorge“) hin zu Ansprüchen und Rechten.
∑ einer sozialen Dimension (soziale Gerechtigkeit, Solidarität). Die Frage, ob eine Leistung über den Markt und wirtschaftlich erbracht wird, ist keineswegs der entscheidende Maßstab.
Ausgehend von den hier entwickelten eigenen Ansprüchen an die Gestaltung öffentlicher Daseinsvorsorge bzw. öffentlicher Dienstleistungen von allgemeinem Interesse ergeben sich entsprechende Anforderungen
– an die Unternehmen, die diese Leistungen erbringen,
– an den öffentlichen Dienst als einen anderen möglichen Erbringer der Leistungen
– an die Gestaltung der Beziehungen (ggf. Vertragsbeziehungen) zwischen öffentlicher Hand und den Leistungserbringern.
Bei der Entwicklung von Positionen zum öffentlichen Eigentum bildet das jeweilige Konzept öffentlicher Dienstleistungen von allgemeinem Interesse eine der Grundlagen.

(P. Brangsch, S. Nuss, R. Rilling – 30.04.2007)

pdf-Version dieser Begriffklärung:

Gemeindebund betrachtet Privatisierungspolitik als gescheitert

Der Deutsche Städte- und Gemeindebund (DStGB) hat vor weiteren Angriffen auf die Kommunalwirtschaft und einem Zwang zur Privatisierung gewarnt. Die Devise „Privat vor Staat“, habe sich inzwischen als falscher Weg erwiesen, sagte Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg der Chemnitzer „Freien Presse“. Es gebe genügend Beispiele, wo einst privat geführte Unternehmen wieder von den Kommunen übernommen würden und deutlich preisgünstiger seien. Das gelte besonders für die Müllbeseitigung. Bei kommunalen Dienstleistungen dürfe Profit nicht der einzige Maßstab sein, sondern das Gemeinwohlinteresse der Bürger. Landsberg warf der Europäischen Union (EU) und den Landesregierungen vor, den Privatisierungsdruck auf die Städte und Gemeinde in den vergangenen Jahren massiv erhöht zu haben.
Dies entspreche nicht den Interessen der Bürger. Außerdem würden die Stadtwerke gegenüber den großen Energieversorgern immer mehr benachteiligt und damit in ihrer wirtschaftlichen Entwicklung behindert. Die Versorgung mit kommunalen Dienstleistungen sei jedoch ein wichtiger Wirtschaftsfaktor mit erheblicher Bedeutung für die Entwicklung der Städte und Gemeinden.
Allein die im Verband kommunaler Unternehmen organisierten 1.400 Betriebe hätten über 247.000 Beschäftigte und einen Jahresumsatz von rund 64 Milliarden Euro. Die insgesamt rund 600 Stadtwerke seien einer der größten Auftraggeber für das örtliche Handwerk, so Landsberg. Er forderte von EU und Ländern die Verantwortung der Kommunen bei der Versorgung mit Dienstleistungen stärker zu respektieren.
Von Brüssel verlangte Landsberg endlich damit aufzuhören, die Kooperation selbst von kleinsten Kommunen einer europaweiten Ausschreibungspflicht zu unterwerfen. Das sei praktisch ein Privatisierungszwang, „den wir nicht hinnehmen“.
Denn gerade die Zusammenarbeit von Kommunen sei eine große Chance, die Leistungen für die Bürger effektiver und preisgünstiger anzubieten. Das dürfe durch das Europarecht nicht behindert werden.

Quelle: ngo-online (Internetzeitung für Deutschland)
http://www.ngo-online.de/ganze_nachricht.php?Nr=15767