hier wie anderswo

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Arbeitskräfte werden ausgebeutet – überall auf der Welt. Arbeiter*innen schaffen im Kapitalismus Geld für die Bosse ran. Diese Nachricht hat keinen Neuigkeitswert. Unbekannt wird vielen Leser*innen die Tatsache sein, dass Arbeitskräfte aus Osteuropa in der BRD mieser behandelt werden als beispielsweise in Griechenland.

Osteuropäische Beschäftigte werden nach Aussage des Soziologen Mihai Balan in Deutschland in vielen Wirtschaftszweigen systematisch ausgebeutet. Von Wanderarbeitern höre er ständig, dass die Zustände in der Bundesrepublik sogar noch schlimmer seien als in Griechenland und anderen südeuropäischen Krisenstaaten, sagte Balan in einem Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst in Mainz. Die angeworbenen Arbeitnehmer fühlten sich oft wie »moderne Sklaven oder Arbeitstiere« in den Händen skrupelloser Firmen (Neues Deutschland).

Eine ausführliche Darstellung der migrantischen Arbeitsverhältnisse ist in einem etwas älteren Text von Balan auf labournet nachzulesen:

Die Unternehmerseite erwirtschaftet auf dem Rücken der Wanderarbeiter ihre Profite und kann sich so die lästige Konkurrenz aus dem Ausland vom Leibe halten. Leidtragende sind letzten Endes inländische wie ausländische Arbeiter. Es ist zu befürchten, dass solche Praktiken auf eine zynische Weise von konservativen Politikern als Munition gegen (einen angeblich zu hohen) Mindestlohn und Tarifverträge sowie für xenophobe Kampagnen instrumentalisiert werden (18.12.2012 labournet).

Snowden zu den „Gefahren der Privatisierung“….

ARD: Wie bekommt ein junger Mann aus Elizabeth City in North Carolina im Alter von 30 Jahren eine solche Position in einem so sensiblen Bereich?

Snowden: Das ist eine sehr schwierige Frage. Grundsätzlich würde ich sagen, dass dadurch die Gefahren der Privatisierung hoheitlicher Aufgaben erkennbar werden. Ich arbeitete früher als Regierungsmitarbeiter für die Central Intelligence Agency, habe aber viel häufiger als Kontraktor in einem privaten Rahmen gearbeitet. Das bedeutet, dass privatwirtschaftliche, gewinnorientierte Unternehmen hoheitliche Aufgaben übernehmen wie beispielsweise Spionage, Aufklärung, Unterwanderung ausländischer Systeme. Und jeder, der das privatwirtschaftliche Unternehmen davon überzeugen kann, dass er über die erforderlichen Qualifikationen verfügt, wird eingestellt. Die Aufsicht ist minimal und es wird kaum geprüft. (…)

ARD: Sie arbeiteten bei einem privaten Unternehmen mit dem Namen Booze Alan Hamilton für die NSA. Die Firma gehört zu den Großen im Geschäft. Worin besteht für den Staat der Vorteil, private Unternehmen mit der Durchführung einer zentralen hoheitlichen Aufgabe zu beauftragen?

Snowden: Die Vergabepraxis der Sicherheitsbehörden der USA ist eine komplizierte Angelegenheit. Sie wird von verschiedenen Interessen bestimmt. Zum einen soll die Anzahl der unmittelbaren Mitarbeiter des Staats begrenzt werden, zum anderen verlangen auch die Lobbyisten von finanzreichen Unternehmen wie Booze Alan Hamilton ihren Tribut. Dadurch entsteht eine Situation, in der private Unternehmen die Politik der Regierung beeinflussen. Und deren Interessen unterscheiden sich sehr stark von den Interessen der Allgemeinheit. Die Folgen konnte man bei Booze Alan Hamilton beobachten, wo Privatpersonen auf Millionen von amtlichen Akten zugreifen können. Sie können jederzeit das Unternehmen verlassen. Keine Zuverlässigkeit, keine Kontrolle. Die Regierung wusste nicht einmal, dass die weg waren.

Auszug aus dem ARD – Interview mit E. Snowden am 26.01.2014 um 23.05

Mehrheit der Briten für die Nationalisierung von Energie und Bahn

Ungeachtet der neuen Privatisierungspolitik der konservativen Regierung – siehe die Royal Mail – votiert in einer Umfrage vom November 2013 eine weit überwiegende Mehrheit der Bevölkerung für einen öffentlichen Gesundheitsdienst (84 %; für private Gesundheitsversorgung 7%), staatliche Energieversorgung und -unternehmen (68 % vs.21 %)), staatliche Post (67 % vs. 22 %)) und staatliche Eisenbahn (66% vs.23 %). Für staatlich organisierte Energieversorgung und Eisenbahnen plädierten sogar die Mehrheit der Wähler der Konservativen und über 70 % der Wähler der rechten UKIP. Ebenso sprachen sich starke Mehrheiten für staatliche Preisfestlegungen bei Gas, Elektrizität (74 %) und öffentlichem Verkehr (72 %) aus, eine knappe Mehrheit bei den Mieten (45 % vs. 43 %).

Braindrain und Antiziganismus in Europa

bdEin lesenswerter Artikel in der heutigen Berliner Zeitung darüber, wie das Problem der Armut nicht nur in Rumänien und Bulgarien umgedeutet wird zu einem Roma-Problem. Vor allem der Hinweis auf den Braindrain (z.B. gut ausgebildeter MedizinerInnen) aus den armen in die reichen europäischen Länder verdient Hervorhebung:

Beide [Deutschland und Großbritannien; ME] haben für Rumänen und Bulgaren ihren Arbeitsmarkt erst am 1. Januar ganz geöffnet. Vor Jahren aber schon sind für gefragte Berufsgruppen – vor allem Ärzte und Krankenpflegepersonal – alle Barrieren gefallen. Personalagenturen werben die Medizin-Absolventen an, organisieren ihnen den Papierkram und den Deutschkurs, suchen eine Stelle und eine Wohnung. Ganze Jahrgänge gehen beinahe geschlossen nach Westen. Die Gebliebenen müssen für 200 Euro im Monat doppelt schuften. Rumänien hat die niedrigste Ärztedichte Europas und bildet für das reiche Deutschland die Mediziner aus. Das Motto ist: Die Ärzte sollen kommen, aber deren mögliche Patienten sollen bleiben, wo sie sind.

So wird aus dem Recht auf Freizügigkeit das Recht der reicheren EU-Länder, sich aus dem Potenzial der Zuwanderer die Rosinen herauszupicken – der angeblichen Einwanderung in die Sozialsysteme steht ein tatsächlicher Export des Ärzte- und Pflegermangels gegenüber. Quelle

Dieser real existierende massenhafte „Diebstahl“ gut ausgebildeter Fachkräfte durch die BevölkerungspolitikerInnen und HumanressourcenmanagerInnen der reichen europäischen Länder steht im Kontrast zu einem der antiziganistischen Standardvorurteile (vgl. hierzu z.B. einen einschlägigen Artikel in der aktuellen MALMOE), das den Roma Kindesentführungen andichtet. In diesem Kontrast strahlt die neo-koloniale Scheinheiligkeit auf, die die innereuropäischen Verhältnisse zunehmend prägt.

Eine Fanfare: der nächste Ausverkauf.

Kühn voran„Der 9 Billionen Dollar Ausverkauf“ knallt es von der roten Titelseite des „Economist“ vom 11. Januar 2014. Das weltweit einflußreiche Leitorgan des marktradikalen Neoliberalismus  hält die Zeit für gekommen, wieder an eine große Erfolgsgeschichte anzuknüpfen: die Privatisierung. Nicht um die Gewerkschaften zu zerschlagen (Modell Thatcher) oder die staatssozialistische Kommandowirtschaft abzuwracken, sondern historisch einmalige Staatsschulden zu verringern.

Tafelsilber gibt es noch genug.

In den OECD-Staaten sind die Staatsunternehmen zwei Billionen $ wert. Hinzu kommen Staatsbeteiligungen und die kommunalen Versorgungsunternehmen. Die „wahren Schätze“ aber sind das produzierte oder nicht-produzierte Sachvermögen – Immobilien, Straßen, Maschinerie, Infrastruktur, Software, Patente, Kulturgüter o.ä.und das Land mitsamt den darunter liegenden Rohstoffen. Nach einer neuen Schätzung des IMF von 2013 belaufe sich dieser Vermögenswert in der OECD auf rund 3/4 des des Bruttsozialprodukts, also 35 Billionen Dollar. Sicherlich gehörten hierzu auch Assets wie der Louvre, der Parthenon oder der Yellowstone Nationalpark. Die miserable Erfassung durch die staatliche Statistik (so der „Economist“) mache es schwierig, den Anteil solcher Schätze zu ermitteln. Allein die US-Bundesregierung besitze eine Million Gebäude (von denen 45 000 nach einer Erhebung von 2011 nutzlos oder kaum genutzt seien) und rund ein Fünftel des Bodens, damit auch große Reserven an Öl, Gas und anderen Rohstoffen. Bislang war die Fracking-Industrie weitgehend auf Privatland (oder privatisiertem Land) tätig, nun wächst der Druck auf öffentliches Land. Griechenland’s Staat verfüge laut Economist über mehr als 80 000 Gebäude und Ländereien, deren Wert nicht realisiert würde – obwohl es sich um keine historischen Gebäude handele. Allein in Schweden mache das marktfähige  Staatseigentum rund 100-120 Milliarden $ aus – wenn dies typisch sei, dann säßen die OECD-Staaten auf Land und Gebäuden im Werte von 9 Billionen $, das sie verkaufen könnten – fast ein Fünftel ihrer Bruttoschulden. (Economist, S. 9). In den 34 Mitgliedsstaaten der OECD operierten Ende 2012 2 111 Unternehmen im Staatseigentum oder mit einer staatlichen Mehrheitsbeteiligung mit insgesamt 5,9 Millionen Beschäftigten, deren Wert auf 2,2 Billionen geschätzt wurde – das entspricht ungefähr der Größenordnung der globalen Hedgefondsindustrie. Firmen mit staatlichen Minderheitsbeteiligungen zwischen 10 % und 50 % haben einen kombinierten Marktwert von 890 Milliarden $ und beschäftigen 2,9 Millionen Personen. Christiansen schätzt den Gesamtwert der Staatsunternehmen im OECD-Bereich unter Einbeziehung der kommunalen Ebene auf mehr als 4 Billionen $. 

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Neuauflage der Broschüre „Die Zeit ist reif für Ernährungssouveränität!“

Die erweiterte Version (Herbst 2013) thematisiert in 19 kurzen Artikeln und Grafiken Probleme und Widersprüche im globalen Lebensmittel- und Agrarsystem, sowie zahlreiche Ideen, Ansatzpunkte und Alternativen. Dabei geht es um die aktuelle multiple Krise, das bedenkliche ‚Greening‘ der Wirtschaft, die Macht der Supermärkte, die Frau in der Landwirtschaft, Migration und Landwirtschaft, Wegwerfgesellschaft, Recht auf Stadt, ‚Commons‘, und solidarische Formen der Landwirtschaft wie CSA, FoodCoops, und vieles mehr.

Die von viacampesina und attac Österreich herausgebene Broschüre (52 S.) steht im Kontext der österreichischen (und globalen) Bewegung für Ernährungssouveränität und des Nyéléni Austria – Prozesses. Sie kann für freie Spende (Richtwert etwa 2 €) bestellt werden (office(ädd)viacampesina.at). Hier kostenloser Download als PDF.

Paradiesisch schöne Inseln

Lake Toba on Sumatra
Marc-André Jung t

… werden gerne als Urlaubsziele angesteuert. Irgendwann entdeckt dann mal jemand oder einige Menschen gleichzeitig oder eine Gruppe von Leuten, die gerne mehr Geld machen möchten, als sie schon haben oder verdienen, dass diese Inseln zu schön sind, um sie den Menschen zu überlassen, die dort wohnen, arbeiten – ein ganzes Leben leben. Aus dem Lebensort wird ein Urlaubsparadies ein Ferienparadies ein Touristenparadies ein Resort. So aktuell geschehen in Lambok, Indonesien. 109 Familien wurden von der Insel vertrieben. Es soll ein sechs-Sterne Resort entstehen. Im Moment ist es ein verlassenes zerstörtes Stückchen Land. weiterlesen

Ärmliche Tricks

A Bottle
Creative Commons License York Berlin
Beruf: Flaschensammler, aus jeder Lohn- und Armutsberechnung raus. (Ersteres zu seinem Glück?)

… werden in der statistischen Berechnung von Armut und Reichtum gerne angewandt. Ganz beliebt ist die Konstruktion eines deutschen Wirtschaftsbooms bei sinkenden Arbeitslosenzahlen. Unbeliebt ist die Frage, warum die Wirtschaft boomt, aber immer mehr Menschen arm sind und/oder von Armut betroffen sein werden. Ungern wird der Zusammenhang von Wirtschaftsboom mit der Ausbeutung von Arbeitskraft bei Hungerlöhnen hergestellt. Helga Spindler beschreibt in einem Gespräch mit Reinhard Jellen auf Telepolis welche Funktionen die Armutslöhne und Armutsberechnungen für den deutschen Wirschaftsboom und die aktuellen Mindestlohndebatten haben.

Wenn Armut zum Beispiel hauptsächlich mit Arbeitslosigkeit verbunden wird, dann scheint die beste Gegenstrategie darin zu liegen, Menschen in Arbeit zu bringen.
In welche Arbeit zu welchen Löhnen ist dann kein Thema und schon scheint Armut erfolgreich bekämpft.

Das ganze Gespräch lesen.