Die Flächen interessieren Alle

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Franziska Frielinghaus
Juli 2012

Landgrabbing wird vom allgemeinen Verständnis her in Afrika und Südamerika verortet. Flächen werden zur Agrarnutzung in großen Mengen aufgekauft – von Unternehmen, von Staatsregierungen. Mit dem Anbau von Monokulturen wie Soja und Raps wird die Produktion für Tierfutter, Lebensmittel und Biosprit realisiert. Perspektivisch soll die Ernährung der eigenen Bevölkerung gesichert werden – auf Kosten derer, die bereits in den begehrten Landstrichen leben und arbeiten. Aber die Auswirkungen des neoliberalen Kapitalismus, lassen sich auch vor der eigenen Haustür und im aktuellen Fall vor den Toren Berlins beobachten.

Der Verein Ökologischer Landbau Bienenwerder e.V. bei Müncheberg, Märkisch Oderland meldet:

Seit drei Jahren sind wir, der Organische Landbau in Bienenwerder  dem konstanten Druck der Existenzgefährdung durch die Landvergabepolitik in unserer Region ausgesetzt. Und nun wurden wieder anliegende Flächen, die für diesen Hof wichtig sind, zum Verkauf ausgeschrieben (Quelle: Bündnis jungen Landwirtschaft).

Der Hof in Bienenwerder:

Über 100 verschiedene Gemüse-, Obst-, Kräuter- und Blumenkulturen werden hier angebaut; anstatt viel Geld in teure Technik und Diesel zu versenken, arbeiten wir mit vielen Menschen und Arbeitspferden nachhaltig, aber nicht rückwärtsgewandt. Wir vermarkten
unsere Produkte direkt und ohne Umwege nach Berlin. Arrondierende Flächen sind naheliegende Weidegründe für unsere Milchziegen und Arbeitspferde, während sie gleichzeitig der wildlebenden Artenvielfalt dienen.

Dem Betrieb oder anderen Höfen im Bündnis wurden in den vergangenen Jahren keine Flächen zum Kauf angeboten oder sie waren auf Grund einer Preispolitik unerschwinglich, die auf hohe Privatisierungserlöse statt auf vernünftige Landschafts- und Landwirtschaftsplanung zielt.

Der in der Ausschreibung festgelegte Mindestwert, der geboten werden muss, richtet sich nach den in den letzten Jahren geboten Preisen für Flächen im Umland. Diese Preisentwicklung ist aber maßgeblich durch die Verkaufsstrategien der BVVG selbst entstanden. Auf vielschichtige Weise werden die Preise gezielt nach oben getrieben: Die verdeckten Versteigerungen führen schon einmal grundsätzlich dazu, dass oftmals viel zu hoch geboten wird, da ich als Bieter ja nicht weiß, wer und ob sonst überhaupt jemand und wie viel auf die von mir benötigten Flächen bietet. Ein Betrieb wie unserer, der plötzlich mit dem Verkauf der existenznotwendigen Flächen des Gemüseanbaus konfrontiert war, war natürlich „gewillt“ unter dem Druck der BVVG immer höhere Preise zu bieten. Zynischerweise sind wir so selbst beteiligt an der Preisentwicklung nach oben, die vielerorts in den letzten Jahren zu zwei- bis vierfach höheren Preisen geführt hat.

Zerstört wird beim Land Grabbing die kleinbäuerliche Landwirtschaft durch eine unökologisch profitorientierte Argarindustrie (siehe hierzu auf diesem Blog: „Land Grabbing als Win-Win-Situation?“ oder Landhunger und satte Gewinnne).

ohne Zugang zu Land können wir keine regionalen Lebensmittel produzieren, ohne nachhaltige Landwirtschaft ist unsere Umgebung schon jetzt immer mehr geprägt von endlosen Maisfeldern und Agrarwüsten, ohne arbeitsbindende (regionale) Betriebe und Strukturen gibt es für uns (junge) Menschen keine Zukunftsperspektiven in Brandenburg.

Dieses aus dem globalen, profitorientierten Handel landwirtschaftlicher Produktionsflächen resultierende Problem teilen die Brandenburger Bauern und Landwirtinnen mit Bäuer_innen weltweit.

Neben diesem Bündnis junge Landwirtschaft arbeiten beispielsweise via campesina oder das Europäische BürgerInnen Forum an Zusammenschlüssen und kämpfen konkret für eine existenzsichernde kleinbäuerliche Landwirtschaft. Eine global agierende Agrarindustrie kann nur durch global vernetzte Bäuer_innen und eine breite Unterstützung durch die Esser und Esserinnen eingehegt werden.

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