Umverteilung nach unten

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Billige Salamipizza: Nichts gegen einzuwenden, aber auch nicht viel drin CC BY-SA rob_rob2001

Am Dienstag, den 14. Mai d. J., wurde der neue Haushalt von Israels neugewähltem Finanzminister Yair Lapid (Yesh Atid/Es gibt eine Zukunft) im Kabinett verabschiedet. Der Entwurf setzt die neoliberale Kürzungslogik der vergangenen Jahre unverändert fort. Lapids Änderungsversprechen hinsichtlich der wirtschaftlichen Krise sind als Wahlkampftaktik entlarvt. Die Einkommensteuer wird generell um 1,5 Prozent, die Mehrwertsteuer um 1 Prozent angehoben. Der Haushaltsvorschlag, der in der vergangenen Woche von Regierungschef Benjamin Netanyahu vorgelegt worden war, hatte zunächst Einsparungen im Umfang von 4 Milliarden Schekel vorgesehen, übrig blieben davon am Dienstag noch 3 Milliarden – dies entspricht etwa 550 Millionen Euro, die in den nächsten zwei Jahren eingespart werden sollen. Der Verteidigungsetat soll 2013/2014 geringer ausfallen, aber zwischen 2015 und 2018 wieder erheblich ansteigen.

Ein Steuervorschlag Lapids, der sich an die Besserverdienenden richtet, ist die drastische Senkung der Lohngrenze für steuerbefreite Renten – damit sehen auch die 10 Prozent Bestverdiener einigen finanziellen Einbußen entgegen. Das ist aber auch schon so gut wie der einzige Punkt, an dem die Sparmaßnahmen die wohlhabenden Israelis treffen.

Meirav Arlosoroff von der Haaretz fasst den Haushaltsentwurf folgendermaßen zusammen: „Die Reichen bezahlen wenig, die Mittelklasse bezahlt mehr und die Armen bezahlen am meisten.“ Besonders deutlich, so Michael Omer-Man vom sozialkritischen Webmagazin 972mag, wird dies am Vorstoß Lapids, zukünftig Obst und Gemüse mit 18 Prozent Besteuerung zu belegen. Auch wenn deren Preise in den vergangenen Jahren ohnehin schon mitunter exorbitant gestiegen sind: Gemüse und Obst waren in Israel bislang von Steuern ausgenommen. Eine solche Lebensmittel-Besteuerung trifft ganz sicher nicht Mittel- oder Besserverdienende, sie trifft genau die, die schon jetzt den Großteil ihres geringen Einkommens für Nahrungsmittel ausgeben müssen. Zur Erinnerung: jedes dritte Kind und ein Viertel der Gesamtbevölkerung in Israel lebt unter der Armutsgrenze. Ein weiterer Anstieg der Preise von mittlerweile sehr teuren Grundnahrungsmitteln, so Israels Sozialminister Meir Cohen, wird erheblichen Einfluss haben: langfristig vor allem auf die Gesundheit vieler Menschen, aber auch auf die im Gegenzug notwendigerweise wachsende staatliche Unterstützung, die von der ärmeren Bevölkerung damit stärker in Anspruch genommen werden muss und wird. Auch die Kürzung des Kindergelds wird vor allem alleinerziehende, prekär lebende Eltern treffen.

Die Chance, ausgehend von großzügigen Versprechungen vor der Wahl, tatsächlich neue Wege aus der sozial-ökonomischen Krise zu finden, indem gerechtere Umverteilungen stattfinden, habe Lapid verpasst, kritisierte Shelly Yachimovich von der Labor-Partei. Wer dies wirklich erwartet hat, hat Lapid ernster genommen, als der Wahlkampf-Showmaster sehr wahrscheinlich sich selbst.

Mehr als Zehntausend Menschen hatten am Wochenende vor dem Beschluss des Haushalts allein in Tel Aviv gegen die angekündigten Kürzungen demonstriert. Wie auch im vergangenen Sommer nahmen sie in Reden und Slogans Bezug auf die großen Proteste von 2011. Ein erheblicher Teil der damals Protestierenden wird Lapid im Januar seine Stimme gegeben haben und nun enttäuscht sein, vermutet die konservative Jerusalem Post. Ob die Chancen deshalb gut stehen, dass, sollte der Haushalt von der Knesset beschlossen werden, der Protest gegen die weitergehende staatliche Austeritätspolitik wieder aufflammt, wird sich zeigen.

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