Design macht sich nicht die Hände schmutzig?


Creative Commons License photo by: Nuno Luciano

Wir machen das Design und ihr die Herstellung. Wir sitzen in Stockholm und ihr in Bangladesh. Wir arbeiten in hellen luftigen Arbeitsräumen und ihr schuftet in lebensgefährlichen Textilherstellungsanlagen. Wir verkaufen unsere T-Shirts für 5€ und verdienen trotzdem ganz viel Geld. Ihr riskiert euer Leben und verdient einen Hungerlohn. So produziert H&M und verkauft sich als nachhaltig und gut.

Die Nachhaltigkeitsverantwortliche von H&M, Helena Helmerson, erklärt im Interview wie. Produziert werden Blusen aus recycelten Plastikflaschen und T-Shirts aus Öko-Baumwolle. Sie empfiehlt schonende Waschgänge für eine längere Haltbarkeit. Und sie meint, um möglichst viele Menschen vom Kauf nachhaltiger H&M Klamotten zu überzeugen, müssen diese billig sein.

Der erste Haken in der Präsentation: Wenn alles mehrere Jahre hält, wird weniger gekauft, wird der Gewinn geschmälert.

Die weitaus größere Verlogenheit steckt allerdings in der Unterschlagung der Produktionsbedingungen. Wolfgang Uchatius beschreibt in der Reportage Das Welthemd wie es möglich ist, dass H&M so billig produzieren kann.

Die Baumwolle kommt aus den USA.

400 Gramm Baumwolle benötige man für das T-Shirt von H&M, hatte der Textilexperte Horst Sahm gesagt, in seinem Büro westlich von Berlin. Nur 40 Cent musste man in den vergangenen Jahren dafür bezahlen. Das T-Shirt ist billig, weil der Rohstoff dafür so günstig war.[…] In Amerika leben 19.000 Baumwollbauern. In den vergangenen zehn Jahren erhielten sie 25 Milliarden Dollar vom Staat. Angelockt von diesem Geld, bauten sie jedes Jahr genug Baumwolle für zehn Milliarden T-Shirts an. Die Baumwolle wurde billiger. Das T-Shirt auch. Die amerikanischen Steuerzahler haben nicht nur ihre Farmer subventioniert, sondern auch das T-Shirt von H&M.
In Indien und Afrika leben zehn Millionen Baumwollbauern. Sie bekommen ihr Geld nicht vom Staat, sondern vom Weltmarkt. Von den niedrigen Baumwollpreisen der vergangenen Jahre konnten sie kaum leben.

Die Baumwolle wird auf einem Schiff nach Bangladesch verfrachtet.

H&M besitzt hier keine eigenen Fabriken. Das ist das nächste Geheimnis des billigen T-Shirts. H&M bestellt die Ware dort, wo sie am günstigsten ist, in China, Kambodscha oder in Bangladesch.

250 T-Shirts pro Stunde ist die Vorgabe. Das ist nur zu schaffen, wenn die Arbeiterinnen nichts trinken und nicht auf die Toilette müssen. Das 10 bis 12 Stunden am Tag 6 bis 7 Tage die Woche. Dafür bekommen sie ca. 1€ am Tag oder 36€ im Monat. Die Überstunden sind einberechnet. Regina Bruckner, Autorin des Standard, sieht einen Ausweg in der individuellen Kaufentscheidung für das nicht nur ökologisch nachhaltig, sondern auch auf der Basis fairer Entlohnung produzierte T-Shirt. Nötig ist jedoch vor allem auch der politische Druck in der Produktion. Letztlich kann nur organisierte Arbeit dem Markt das abtrotzen, was die Subjekte der Arbeit zum Leben brauchen. Auf diesen Zusammenhang zielt die Frage von Jutta Maier in ihrem Interview in der Berliner Zeitung vom 21./22.4.2012, warum denn H&M den Arbeiterinnen nicht den gewerkschaftlich geforderten Lohn von 50€ monatlich zahlt. Die Antwort:

Wir sind der Auffassung, dass unser Geschäft das Designen von Mode ist, nicht die Herstellung. (BLZ 21./22.4.2012)

Die ehrliche Antwort aus der H&M-Zentrale hätte gelautet: Warum sollten wir? Solange die Gewerkschaften national zersplittert sind, sind sie zu machtlos, um uns so etwas abzuzwingen.

Dazu passend auch noch der Beitrag How many Sweatshops does it take to make this T-Shirt?

Hinterlasse eine Antwort