„Elite-Bonds“, Normalitätsklassen und Demokratie auf Ramschniveau

Wichtiger als das Wissens, welches von der Macht instrumentalisiert wird, ist in der gegenwärtigen Krise der Eurozone (des Kapitalismus) wohl normalisierendes Wissen. An Foucault anknüpfend, beschreibt Jürgen Link das historisch jeweils durchgesetzte Normale als einen „eng vernetzten Komplex aus diskursiven Konzepten und Modellen wie praktischen Verfahren“ (Link 2006: 20). Es umfasst verschiedene, wissenschaftliche wie praktisch gesellschaftliche Verfahren der Normalisierung, des Normal-Machens, der Produktion und Reproduktion des Normalen. Sie sind „von größter Bedeutung für moderne Gesellschaften westlichen Typs“ (ebd.). Link fasst sie im Begriff „Normalismus“ zusammen.

In einem aktuellen Kommentar hat Jürgen Link nun normalismustheoretische Überlegungen in Bezug auf die aktuelle Diskussion um die sog. „Elite-Bonds“ angestellt. Er schreibt:

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Die ganz alltägliche neoliberale Disziplinierung in Griechenland

Innerhalb der gegenwärtigen Krise des Kapitalismus werden in vielen europäischen Ländern – so auch in Griechenland – drastische Sparprogramme implementiert. Proteste von Gewerkschaften und sozialen Bewegungen bleiben bisher weitgehend ohne Folgen und kommen nur sehr schwer gegen die herrschende Sprachregelung an: „Es gibt zu all dem keine Alternativen!“ So schreibt Hans-Jürgen Urban mit Blick auf die europäischen „Stabilitätspolitiken“ und die entsprechenden Instumente ganz richtig:

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Es lebe die Videoüberwachung

Jeder kennt die Situation aus Fernsehkrimis a la CSI und Tatort: Nach einem Raubüberfall lässt sich die Kommissarin die Videobänder aus einer Überwachungskamera geben, zum Beispiel in einem Supermarkt. Die Bänder werden in mühevoller Kleinstarbeit ausgewertet, der Täter stundenlang auf den Aufnahmen gesucht — und schließlich auch gefunden. Unscharfe Szenen werden digital nachbearbeitet und alle Adleraugen bemüht: Was hält der Täter auf der Videoaufnahme in der Hand? Wer ist die Person daneben? Und: Lässt sich gar das Namensschild auf der Jacke entziffern?

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„Unser Schutzschild heute ist das Buch!“

Die Nummer 22 des DISS-Journals – das Journal des Duisburger Instituts für Sprach- und Sozialforschung – ist soeben erschie­nen. Der Schwer­punkt der Aus­gabe trägt den Titel „Ara­bi­scher Früh­ling, west­li­cher Herbst?“ und fragt nach Gemeinsamkeiten der jüngsten Demokratie- und Anti-Krisen-Bewegungen.

Das Interview „Unser Schutzschild ist das Buch!“ enthält Stimmen aus dem Studierendenkollektiv der Fakultät Politikwissenschaften an der Universität Sapienza vom Ende Oktober 2011. Die AktivistInnen äußern sich zu zentralen Begriffen, Aktionsformen und dem sog. book bloc.

Das gesamte Diss-Journal kann hier nachgelesen oder hier als PDF heruntergeladen werden.

Propaganda mit der Leiche

Marlies Mattern: Ein Feld der Ehre
Eigentlich wollte ich im Rahmen meiner kleinen Reihe zur Märzrevolution 1920 eine Rezension von Marlies Matterns Kriminalroman „Ein Feld der Ehre“ schreiben (und mache das bald auch noch), bin allerdings schon an seiner Oberfläche hängengeblieben und versuche mich nun erstmal im unterschätzten Genre der Buchcoverkritik.

Matterns Buch spielt – soviel sei zur Einordung doch gesagt – in den letzten Märztagen des Jahres 1920 in einem kleinen westmünsterländischen Dorf namens Raesfeld und verwebt einen fiktiven Mord mit tatsächlichen historischen Ereignissen. Traf doch am 26. März die Rote Ruhrarmee dort erstmals auf das putschistische Freikorps III. Marinebrigade von Loewenfeld (welches allerdings jetzt im Regierungsauftrag handelte). Raesfeld wurde zu einem Schauplatz des Weißen Terrors, an dem wenigstens 60 Ruhrarmisten starben, wobei mindestens 25 von ihnen als Gefangene oder Verwundete exekutiert wurden.

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There is only one solution….

http://klassenkampfblock.blogsport.de/

….Care-Revolution!

Die Streikenden der Charité Facility Management GmbH (CFM) befinden sich seit dem 12. September im Streik. Sie kämpfen gegen Billiglöhne und schlechte Arbeitsbedingungen und für einen Tarifvertrag. Die Einkommens- und Arbeitsbedingungen bei der CFM sind ein Skandal. Das gilt umso mehr, da es sich bei der CFM um ein Unternehmen handelt, das mehrheitlich im Landesbesitz ist. Die Arbeitgeber_in versucht den Streik mit allen Mitteln zu unterlaufen: Ein privater Sicherheitsdienst wurde beauftragt, um Kolleg_innen einzuschüchtern. Die juristische und politische Spaltung der Krankenhausbelegschaften in „Kernbelegschaft“ einerseits und „Servicegesellschaften“ steht im „Klassenkampf von oben“ bundesweit auf der Tagesordnung und zeitigt überall verheerende Wirkungen. Was die Charité-Kolleg_innen versuchen (die streikweise Durchsetzung der Gleichbehandlung/-bezahlung der ausgegliederten Kolleg_innen der „CFM“ mit der Charité-Kernbelegschaft), kann man daher als eine Art Schicksalsschlacht der Beschäftigten des deutschen Gesundheitswesens bezeichnen. Weitere Infos gibt es bei Labournet.

Atomausstieg als Narkose für die Öffentlichkeit

Die Anti-Atomkraft-Bewegung ist mit dem allseits gefeierten Atomausstieg nicht wirklich zufrieden. Verschiedene Initiativen mobilisieren gegen den baldigen Atommülltransport ins Wendland. Link: https://www.gorleben-castor.de/index.php
Ist der „gesellschaftliche Großkonflikt“ also doch nicht „befriedet“? Michael Wilk hat dazu für den Arbeitskreis Umwelt Wiesbaden einen lesenswerten Text geschrieben. U.a. heißt es dort:

Der „Ausstiegsbeschluss“ der  Bundesregierung, gestützt von SPD und versehen mit dem politischen Ökosiegel der Grünen, wurde der Öffentlichkeit als radikaler Eingriff in Sachen atomarer Stromerzeugung verkauft – als Operation am „offenen Herzen der deutschen Energiepolitik“, bei der selbst mächtige Energiekonzerne „massive Einschnitte“ erdulden müssten.                                                                                                                                                                                                                     Der Eingriff war vorerst erfolgreich im Sinne der Operateure: Einige der sklerotischsten und anfälligsten Anteile der atomaren Zirkulation wurden entfernt, Bypässe verlängerten dagegen Laufzeiten der verbliebenen Struktur, systemverjüngende Anteile wurden implantiert, der „Patient Energieversorgung“ würde nach dem Eingriff „biogaspalmölökobeschleunigt“ ins kapitalistische Leben entlassen. Ganz nebenbei erfolgte eine der wichtigsten Maßnahmen: Die Narkose der unruhigen Öffentlichkeit …

Der gesamte Text ist hier nachzulesen.

Wem gehört das eigentlich?

Wo ist der Euromayday Berlin?
Wo ist eigentlich der Mayday Berlin?

Prekarisierung geht uns alle an!

Der Arbeitskreis „Geschichte sozialer Bewegungen Ost-West“ lädt ein zu einer Diskussionsveranstaltung zum Thema: „Frauen und Prekarität: Schwierige Bedingungen für Emanzipation“ in das Haus der Demokratie und Menschenrechte in der Greiswalderstraße/Berlin ein.

Unbezahlte Praktika, befristete Verträge, Minijobs, Scheinselbständigkeit, Leiharbeit und Bezahlung auf Niedriglohnniveau, Arbeitsverhältnisse die nur mit Aufstockung durch Hartz IV möglich sind; die Prekarisierung der Beschäftigungsverhältnisse hat stark zugenommen und betrifft immer mehr Menschen. Ganz besonders und in zunehmendem Maß auch Frauen. Wenn die eigene Existenz als permanent bedroht erscheint, weil eine Grundsicherung auf Dauer nicht gewährleistet ist, werden emanzipatorische Ansprüche zu einem Luxus der Wenigen. Am 24.11. gibt es dazu eine Diskussionsveranstaltung…

Kampagne gegen: „Restricted Boot“ by Windoof

Die Free Software Foundation (FSF) startet eine Kampagne gegen die Funktion des Secure Boot. Eine Zertifizierung für Windows 8 setzt Secure Boot zwingend voraus. Die FSF befürchtet, dass es dadurch nur noch möglich sein wird, Windows zu starten, jedoch kein freies Betriebssystem. In bekannter Wortspielmanier nennt die FSF die Funktion entsprechend „Restricted Boot“ – beschränktes Starten, statt sicheres Starten.

NOKIA: Subventionsverbrennungsanlage

Vor einigen Tagen meldeten etliche Zeitungen, dass der finnische Handy-Konzern Nokia demnächst sein Werk in Rumänien schließen und die Produktion nach Asien verlagern wird. Dabei war Nokia gerade erst vor drei Jahren von Bochum nach Rumänien umgezogen – vor allem wegen der niedrigeren Lohnkosten. Außerdem hat der Konzern dabei auch noch Subventionen im zweistelligen Millionenbereich abgezogen. Die aber sind nun in den Sand gesetzt – alles was davon bleiben wird, ist eine riesige Industrieruine in der rumänischen Pampa. Immerhin heißt es in der Presse: „Die rumänischen Behörden wollen jetzt zumindest einen Teil der damaligen Zuschüsse von 20 Millionen Euro zurück.“ (Westdeutsche Zeitung). Aber halt: Warum wollen die Behörden eigentlich nur EINEN TEIL ihres Geldes zurück? Und überhaupt: Warum WOLLEN sie das Geld zurück? Steht ihnen eine Rückzahlung der Subventionen, die Nokia verbrannt hat, denn nicht zu? Gibt es darüber keine verbindlichen Regelungen? Liegen solchen Mega-Subventionen keine klaren Verträge zu Grunde? Es schüttelt den Kopf und bittet um aufklärende Kommentare: Ein irritierter Steuerzahler.

Hochschulmanagement: The winner takes it all

Ich bin mir manchmal nicht sicher, ob diese ganzen Initiativen im Rahmen der neoliberalen Hochschulreform wirklich alle ernst gemeint sind. Die Suche nach dem „Hochschulmanager des Jahres 2011“ ist mal wieder so ein Punkt. Auf den Thron bugsiert wird am 7.12. in Berlin durch die FTD und – wie könnte es anders sein – das Centrum für Hochschulentwicklung CHE. Gesucht wreden, so schreibt die FTD, „die besten Alphatiere an den Unis“.

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Die Legende vom „Roten Terror“ am Essener Wasserturm

Wasserturm Steeler Berg

Der Essener Wasserturm in den 20er Jahren; Quelle: Wikipedia

Die vielleicht hartnäckigste Legende vom „Roten Terror“ während der Märzrevolution 1920 rankt sich um den Kampf um den Essener Wasserturm am 19. März 1920. Erhard Lucas schreibt dazu:

Die Arbeiter hatten die Stadt in der Hand – bis auf einen Punkt, den Wasserturm im Ostpark am Steeler Berg (Südosten der Altstadt). Die Besatzung – 24 Mann Einwohnerwehr und 22 Mann Sipo [Sicherheitspolizei] – ergab sich nicht. Das, was sich nun hier in den folgenden Stunden abspielte, wurde für die bürgerliche und später die nationalsozialistische Geschichtsschreibung das Paradebeispiel für die sadistischen Greueltaten der „Roten Armee“. Immer wieder wurde es erzählt: Nach stundenlanger Belagerung zeigt die tapfere kleine Besatzung schließlich die weiße Fahne und tritt dann mit erhobenen Händen aus dem Gebäude – da stürmt eine wilde schreiende Horde die Freitreppe hinauf und schießt, schlägt und sticht in entfesselter Mordlust auf die Wehrlosen ein. Wer dem Gemetzel zu entfliehen versucht, wird ebenfalls niedergeschossen. Nur 6 Mann kommen mit dem Leben davon. Ein unwiderleglicher Beweis – so hat es sich seitdem allgemein im Bewußtsein festgesetzt –, daß der ganze Ruhraufstand nichts anderes war als der Aufstand der „rohen und vertierten Masse“.

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Nicht 23 sondern 147

Forscher der ETH haben die Weltwirtschaft unter die Lupe genommen. Ihr Fazit, zugespitzt: 147 Konzerne besitzen die Macht über den globalen Kapitalismus, bei denen es sich fast ausschliesslich um amerikanische und britische Banken und Firmen der Finanzbranche handelt. Die Studie «The Network of Global Corporate Control» fußt auf der Auswertung der sich teilweise gegenseitig durchdringenden Besitzverhältnisse unter 43.000 transnationalen Konzernen. Es gibt keine vergleichbar breit angelegte Studie zum Thema. Aus den Rohdaten über die Besitzverhältnisse werden die maßgeblichen Variablen gewonnen (direct ohnership, indirect ownership), aus denen mithilfe mathematischer Modelle auf der Grundlage der Graphentheorie/Topologie die Schlussfolgerungen für die Verteilung von Einfluss und die Kontrolle im Netzwerk gezogen werden können. Weiterlesen und mehr in englischer Sprache, Studie downloaden, Rezeption, Stellungnahmen der Autoren zur Debatte um ihren Artikel: Battiston und Glattfelder