Quantitativ empirisch Privatisierungs-Politologie

Reimut Zohlnhöfer / Herbert Obinger, Selling off the “Family Silver”: The Politics of Privatization Proceeds in the EU and the OECD 1990–2000, PVS 4/Dezember 2005, pp. 602–628.
Summary:
The 1990s have witnessed unprecedented attempts at privatising state-owned enterprises in virtually all OECD democracies. This contribution analyzes the differences in the privatisation proceeds raised by EU and OECD countries between 1990 and 2000. It turns out that privatisations are part of a policy of economic liberalisation in previously highly regulated economies as well as a reaction to the fiscal policy challenges imposed by European integration and the globalisation of financial markets. In addition, institutional pluralism exerts significant and negative effects on privatisation proceeds. Partisan differences only emerge if economic problems are moderate, while intense economic, particularly fiscal problems foreclose differing partisan strategies.
Der Aufsatz erscheint in der PVS in deutscher Sprache.

Das Raster der Krankheit. Portionierung und Bezifferung der Ware Gesundheit

Täglich ist in den Medien von der Praxisgebühr, der Situation Pflegebedürftiger und der elektronischen Gesundheitskarte die Rede. Ein integraler Bestandteil der „Reformen“ im Gesundheitswesen, nämlich die Einführung des DRG-Abrechungssystems wird allerdings selten außerhalb der unmittelbar betroffenen Berufsgruppen diskutiert. Das ist nicht überraschend, denn es handelt sich hier um eine abstrakte, schwer in Kurzberichte zu fassende Materie. Andererseits wird damit eine Entwicklung von enormer Tragweite der öffentlichen Aufmerksamkeit entzogen. >>> http://www.heise.de/tp/r4/artikel/21/21777/1.html

Privatisierung mit Folgen: Tausende landeseigene Wohnungen sind noch zu verkaufen – fuer Mieter ist das nicht immer gut

Helga Loesch hat Angst um ihr Zuhause. Seit 27 Jahren wohnt die 73-Jährige mit ihrem Mann an der Argentinischen Allee in Zehlendorf. Bald soll sie 79 Euro mehr Miete im Monat zahlen. „Wenn dann noch Mieterhöhungen dazukommen, wird das unbezahlbar“, fürchtet ihr Mann Jürgen. Schließlich seien es schon jetzt fast 1 000 Euro mehr, die sie im Jahr zahlen müssen. Grund für die Steigerung der Kaltmiete von 4,10 auf 5,58 Euro pro Quadratmeter sind Modernisierungen, die das US-Unternehmen Oaktree, der neue Eigentümer der ehemals landeseigenen Wohnungsbaugesellschaft Gehag, auch gegen den Willen der Mieter durchsetzen will.
„Daran zeigt sich deutlich, welche negativen Konsequenzen eine Privatisierung für Mieter hat“, erklärt Hartmann Vetter, Hauptgeschäftsführer des Berliner Mietervereins. Aber trotz dieser Erfahrungen bei der Gehag werden auch andere Gesellschaften weiter Wohnungen verkaufen. So will sich die finanziell angeschlagene Wohnungsbaugesellschaft Mitte (WBM) von 8 000 bis 10 000 Wohnungen trennen. Die Wohnungsbaugesellschaft Stadt und Land plant den Verkauf von 1 800 Wohnungen in der High-Deck-Siedlung in Neukölln, die Gesobau möchte 2 500 Wohnungen im Märkischen Viertel loswerden. Erst vor Jahresfrist hatte die zur Degewo-Gruppe gehörende Wohnungsbaugesellschaft Marzahn 3 858 Wohnungen an einen holländischen Investor verkauft.
Die SPD-Fraktion will diesen Ausverkauf nun stoppen – sie hat den Senat aufgefordert, dass die landeseigenen Unternehmen keine weiteren Wohnungen verkaufen sollen, es sei denn, es ist – wie bei der WBM – fürs finanzielle Überleben nötig. Außerdem forderte die Fraktion ein Gesamtkonzept für den weiteren Umgang mit den sechs großen landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften, die zurzeit etwa 275 000 Wohnungen besitzen. Ob die SPD die geplanten Verkäufe von Gesobau und Stadt und Land stoppen kann, ist zweifelhaft. Denn in der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung glaubt man nicht, dass diese Gesellschaften auf das Geschäft verzichten. Die Wohnungen sollen verkauft werden, weil die Sanierungskosten für die teils 30 bis 40 Jahre alten Häuser zu hoch wären. Viel mehr soll aber nicht verkauft werden. Ziel sei es, 250 000 bis 260 000 Wohnungen im Landesbesitz zu sichern, damit man sozial schwache Mieter versorgen kann.
Der SPD-Bauexperte Jürgen Radebold sagte der Berliner Zeitung, eine Arbeitsgruppe mit Vertretern der Finanzverwaltung und der Stadtentwicklungsverwaltung solle in den nächsten zwei Monaten ein Konzept für den Umgang mit den Wohnungsbaugesellschaften erarbeiten. Ob sich die Gruppe mit der Frage beschäftigt, ob das Land weitere Wohnungsbaugesellschaften verkauft, ist aber nicht sicher. Kurz vor den Wahlen im September dürften alle Beteiligten ein solches Thema vermeiden wollen, um Mieter nicht zu beunruhigen. Investoren hoffen bereits auf den Verkauf der Gesobau im Jahr 2007. Offiziell bestätigt das freilich niemand. Für diese Legislaturperiode gilt die Aussage der Koalition, es werde keine weitere Wohnungsbaugesellschaft verkauft.
Dass Verkäufe an Investoren nicht automatisch zu Problemen führen müssen, zeigt das Beispiel Lone-Star-Funds. Die US-Gesellschaft und ihr Tochterunternehmen, die Wohnpark Verwaltungs- und Betreuungsgesellschaft (WVB), haben seit Dezember 2000 5 500 Wohnungen in Hellersdorf gekauft und saniert. Dabei sei „durchaus auf die Interessen der Mieter Rücksicht genommen worden“, sagt Vetter. Nicht aus Nächstenliebe, sondern weil es in Hellersdorf ein Überangebot an Wohnungen gibt. Mehr als die ortsübliche Miete sei nicht drin, sagt WVB-Geschäftsführer Rainer Uhde. Eine sanierte 63 Quadratmeter große Wohnung kostet bei der WVB heute 456 Euro warm.
Die WVB umwirbt ihre Mieter: In ihren vier Wohnparks gibt es Beratungsstellen, einen Sicherheitsdienst, und bei Mietrückständen wird eine Finanzberatung angeboten. Zudem lockt sie mit Angeboten: Wer zum Beispiel nach dem 16. Februar einzieht, darf bis Ostern mietfrei wohnen.
Ganz anders als in Hellersdorf ist Wohnraum in Zehlendorf sehr begehrt. Hier braucht es keine Sonderaktionen, um zahlungskräftigere Mieter zu finden, wenn sich die alten eine Modernisierung nicht leisten können. Viele Mieter an der Argentinischen Allee sind alleinstehende Rentner. „Sie werden gehen müssen, weil ihnen die Wohnungen zu teuer werden, in denen sie seit Jahrzehnten leben“, fürchtet Barbara Boroviczény. Sie hat eine Initiative gegründet. Gemeinsam mit anderen Mietern will sie sich gegen die Modernisierung wehren. Denn die Mieter, die mit der Modernisierung nicht einverstanden waren, wurden im November 2005 auf Zustimmung verklagt – derzeit laufen die ersten Gerichtsverfahren.
Von Iris Brennberger, Ulrich Paul und Sarah Schelp
Quelle: Berliner Zeitung, 30. Januar 2006, http://www.berlinonline.de/berliner-zeitung/berlin/521944.html

Oeffentliches Gut Nahrungsmittel?

Die Basler Zeitung berichtete am 30.12.2006:
„Bern. SDA/baz. Jean Ziegler fordert die Schliessung der Nahrungsmittelbörse von Chicago. Nahrungsmittel dürften nach Ansicht des UNO-Berichterstatters für das Recht auf Nahrung nicht privaten Spekulationen unterworfen werden. Die Preise für Nahrungsmittel müssten vielmehr international vertraglich festgelegt werden, sagte Ziegler in einem am Montag veröffentlichten Interview mit der «Mittelland Zeitung». Nahrungsmittel seien öffentliche Güter und keine Ware wie jede andere. Beim heutigen Produktionsstand könnten problemlos zwölf Milliarden Menschen ernährt werden, also das Doppelte der jetzt existierenden Menschheit, sagte Ziegler weiter. «Der Krieg, den die westlichen Länder zu führen aufgerufen sind, ist der Krieg gegen den Hunger und die Verzweiflung.» Ein weiteres grosses Problem sei die Korruption in Afrika. Diese werde aber von vielen westlichen Grossbanken und Konzernen zur Durchsetzung bestimmter politischer oder wirtschaftlichen Zielen gefördert. Hoffnung setze er deshalb in die 300’000 weltweit agierenden Nichtregierungsorganisationen, sagte Ziegler. Sie seien eine «neue politische Macht, mit der die etablierten Parteien schon jetzt rechnen müssen».“