Koizumis Sieg in der zweiten Runde: Das Parlament billigt die Post-Privatisierung doch noch

Mit Hängen und Würgen hat es Japans Ministerpräsident Koizumi doch noch geschafft: Im zweiten Anlauf meisterte das Gesetz zur Post-Privatisierung die parlamentarischen Hürden. Noch im August hatte die Reform Schiffbruch erlitten, worauf Koizumi das Unterhaus auflöste und Wahlen ausschrieb. Seine Rechnung ist aufgegangen.
Wohl noch nie ging in Japan mit der Verabschiedung eines Gesetzespakets ein derartiges Drama einher wie bei der von Ministerpräsident Koizumi angestrengten Postreform. Noch im August war das entsprechende Gesetz vom Oberhaus abgelehnt worden, zumal sich einige rebellierende Mitglieder von Koizumis Liberaldemokratischer Partei (LDP) dem Widerstand der Opposition angeschlossen und gegen die Vorlage votiert hatten. Koizumi reagierte auf die Schlappe mit der Neuausschreibung von Unterhauswahlen, und er erklärte die Wahl zu einem Referendum über Japans Wirtschaftsreformen im Allgemeinen und den Umbau der Staatspost im Speziellen. Der Schachzug glückte, und das Stimmvolk stärkte dem populären Premier an der Urne auf eindrückliche Weise den Rücken. Die Postreform wurde daher dem Parlament erneut zur Abstimmung vorgelegt, und am Freitag erfolgte endlich der Schlussakt des bühnenreifen Schauspiels: Im zweiten Anlauf erteilte das Oberhaus dem Gesetz doch noch sein Plazet, nachdem das Unterhaus dies bereits am Dienstag getan hatte.
Gezähmte Rebellen
Zwar war das Oberhaus von den Neuwahlen, bei denen Koizumis LDP einen Erdrutschsieg davontrug, nicht betroffen, und in der Kammer sassen somit am Freitag dieselben Volksvertreter wie bereits bei der ersten Abstimmung am 8. August. Den damals so selbstbewusst aufgetretenen parteiinternen Gegnern Koizumis ist in der Zwischenzeit aber die Lust an der Rebellion gründlich vergangen. Zum einen mussten sie bei der Unterhauswahl mit ansehen, wie der Minister- und LDP-Präsident sämtliche Gegner der Postreform unzimperlich aus der Partei warf und durch Politiker, die ihm loyal gesinnt sind, zu ersetzen versuchte. Zum anderen liess der klare Wahlausgang keinen Zweifel daran aufkommen, dass das Stimmvolk eine Privatisierung der Post durchaus für wünschenswert erachtet. – Der von Koizumi ins Zentrum seiner Reformpolitik gestellte – und unbescheiden als Jahrhundertwerk titulierte – Privatisierungsplan hat somit endlich alle parlamentarischen Hürden gemeistert. Der Ministerpräsident, im Zenit seines Triumphs stehend, sprach am Freitag von einem «politischen Wunder». Dass Wunder aber bekanntlich etwas länger dauern, bewahrheitet sich auch bei dessen Implementierung. So ist vorgesehen, dass die Post bis Oktober 2007 – ein halbes Jahr später als bisher geplant – unter einem gemeinsamen Holdingdach in die vier Geschäftsbereiche Briefzustellung, Sparkasse, Lebensversicherung und Schalterdienste aufgeteilt wird. Danach veräussert das Holdingunternehmen schrittweise seine Anteile an der Sparkasse und der Lebensversicherung, die zusammen ein gigantisches Vermögen von rund 4 Bio. Fr. verwalten, mit dem Ziel einer Privatisierung bis 2017. Ein sehr langer Zeithorizont, vor allem wenn man in Rechnung stellt, dass wohl kaum alle bis 2017 amtierenden Regierungschefs dem Thema die gleich hohe Priorität beimessen werden wie Koizumi, der nach eigenem Bekunden im September 2006 abtreten wird.

Und was nun?
Nun stellt sich natürlich die Frage, welche Reformen sich Koizumi, der das wichtigste Reformziel im Trockenen und den eigenen Rücktritt in Sichtweite hat, in den verbleibenden elf Monaten noch vornehmen wird. Leider stand das Ringen um die Post in den vergangenen Monaten derart im Zentrum seiner Politik, dass zu dieser Frage keine klare Antwort vorliegt. Aus dem Wahlkampf bekannt ist lediglich das Bekenntnis zu einem weiteren Rückzug des Staates aus dem wirtschaftlichen Prozess. Notwendig erschiene dies vor allem im Gesundheitsbereich, der trotz riesigen demographischen Herausforderungen von Klientelismus und Bürokratie paralysiert ist. Anzukämpfen gilt es auch hier – ähnlich wie bei der Postreform – gegen einflussreiche Interessengruppen, etwa Japans verwöhnte Ärzteschaft, die vom Staat seit je gut bei Kasse gehalten wird. Noch einige Nägel einschlagen müsste man aber auch bei der von Koizumi geforderten Dezentralisierung der Fiskalpolitik, die den Lokalregierungen mehr Entscheidungsmacht und Steuerautonomie bringen soll. Eine in Bälde zu erwartende Regierungsumbildung dürfte erste Aufschlüsse liefern zu den Vorhaben Koizumis in seiner nun beginnenden «Post-Post-Ära».

Quelle: Neue Zürcher Zeitung, 15. Oktober 2005
>>> http://www.nzz.ch/2005/10/15/wi/articleD8DDV.html

Winzer: Widerspruch zur Privatisierung – Erneute Kritik an Plaenen fuer Staatsweingut

RHEINGAU Für die Sprecher der Interessengemeinschaft der Winzer, Richard Nägler und Hans Josef Becker, besteht ein krasser Widerspruch zwischen den Vorstellungen des hessischen Finanzministers Weimar zur Privatisierungspolitik des Landes einerseits und den Plänen der landeseigenen Staatsweingüter für den Neubau einer Zentralkellerei am Steinberg andererseits. Weimar habe erst kürzlich erklärt, daß sich Hessen in den nächsten Jahren mit aller Konsequenz auf staatliche Hoheitsaufgaben beschränken werde. Auf dem Weg zu diesem Ziel sollen die ersten Universitätskliniken privatisiert werden. Das Land verfolge, nach Mitteilung Weimars, zudem die Absicht, staatliche Dienstgebäude zu verkaufen, um sie später zurück zu mieten.
Bauen und Immobilien zu besitzen seien, so habe der Minister ausgeführt, künftig nicht mehr als staatliche Aufgaben zu betrachten. Angesichts dieser Grundsätze der Landesregierung sei es, so Nägler und Becker, nicht zu begreifen, daß das Land nicht nur an den Staatsweingütern festhalte, sondern auch noch einen äußerst kostspieligen Neubau am Steinberg errichten wolle. Nehme man die Worte des Finanzministers erst, könne kein Zweifel daran bestehen, daß der Weinbau nun wirklich keine staatliche Aufgabe sei. Wenn das Land nun aber unbeding an den Staatsweingütern festhalten wolle, so müsse mit Blick auf die desolate Haushaltslage des Landes, der Grundsatz gelten, die Modernisierung der Zentralkellerei so kostengünstig wie nur möglich zu gestalten.
Die Vorschläge erfahrener Winzer, die günstigen Standortmöglichkeiten in Eltville zu nutzen, um den Betrieb schrittweise zu modernisieren, seien vom Ministerpräsidenten jedoch vom Tisch gefegt worden. Die Folge sei, daß beträchtliche Kapitalwerte am bisherigen Standort Eltville vergeudet würden.
Das Land, das sich, nach der jüngsten Bewertung des hessischen Steuerzahlerbundes, auf dem Weg in den Staatsbankrott befinde, betreibe damit eine Kapitalverschwendung, die jedem Bürger unbegreiflich bleiben müss
Quelle: http://www.main-rheiner.de/region/objekt.php3?artikel_id=2082126